"Ganz Gallien ist von den Römern besetzt ... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten." In einer TV-Landschaft, in der sich lineares Fernsehen immer mehr auf dem absteigenden Ast befindet und durch Streaming ersetzt zu werden scheint, schafft es «Yellowstone» Jahr für Jahr dieses kleine gallische Dorf zu personifizieren und ein absolutes Paradox darzustellen. Mit dem Auftakt der vierten Staffel wurden beim amerikanischen Paramount Network abermals die eigenen Quotenrekorde zerschmettert und mit einem Zuschauerzuwachs von mehr als 60% im Vergleich zur Vorgängerstaffel die 10 Millionen Zuschauerschallmauer durchbrochen. Umso trauriger macht daher die Tatsache, dass die Serie in Deutschland im Vergleich zu anderen ehemaligen internationalen Hits wie «Game of Thrones» oder «Breaking Bad» weiterhin beim Pay-TV-Channel Sony AXN ein Nischendasein fristet.
Inhaltlich verabschiedete sich die dritte Staffel mit dem wohl größten Cliffhanger der bisherigen Seriengeschichte und ließ Fans lange um zahlreiche Fan-Favoriten zittern. Mit dem Staffelauftakt wird dieser zwar zum Teil aufgelöst, doch macht es im Verlauf der Staffel immer mehr den Anschein als mangele es Autor und Produzent Taylor Sheridan abseits der Täterfrage an Inhalt, um die zehn Folgen der vierten Staffel kohärent zu füllen. Mit dem Erfolg von «Yellowstone» avancierte Sheridan in kürzester Zeit zu einem der mächtigsten und gefragtesten Produzenten in der amerikanischen TV-Industrie, was die Bestellung gleich mehrerer Yellowstone Spin-offs («1883», «1923», und «6666») sowie anderer Serienprojekte wie «Mayor of Kingstown» mit Jeremy Renner oder «Tulsa King» mit keinem geringeren als Sylvester Stallone in der Hauptrolle, deutlich macht. Mit der Beaufsichtigung all dieser Projekte, für die Sheridan selbst noch den Großteil der Skripts schreibt, mussten offensichtlich erzählerische Abstriche vorgenommen werden, die nun bei «Yellowstone» deutlich werden.
Staffel vier hat daher mehr Füllmaterial vorzuweisen als die drei vorherigen Staffeln kombiniert. Um etwa den Ableger «6666» zu promoten, wird eine Nebenhandlung um den Ranchgehilfen Jimmy konstruiert, der auf die texanische 6666 Ranch abgeschoben wird. Losgelöst von der Yellowstone Handlung wird eine uninspirierte Liebesgeschichte erzählt, deren Sinn und Zweck neben dem Bekanntmachen des Publikums mit einigen Figuren des Spin-Offs, im Strecken der Hauptserie, liegt. Auch mit Fan-Liebling Kayce wusste Sheridan kaum etwas anzufangen, weswegen dieser überwiegend mit Trübsal blasen und Selbstfindung beschäftigt ist.
Trotz zahlreicher inhaltlicher Probleme, machen sowohl die Schauspieler um Kevin Costner, Kelly Reilly oder Cole Hauser weiterhin einen überzeugenden Job, der kombiniert mit der hervorragenden Kameraarbeit, die vierte Staffel vor dem Mittelmaß rettet. Es bleibt zu hoffen, dass der erzählerische Aufschwung zum Ende der Staffel hin, mit der kommenden fünften Staffel fortgesetzt werden kann und Taylor Sheridan es schafft die schiere Arbeit an dessen vielfältigen Projekten noch irgendwie zu koordinieren.
Die vierte Staffel «Yellowstone» war ein Warnschuss, der an den einstigen Quotenhit «The Walking Dead» erinnert, der inhaltlich nach einigen Staffeln durch immer mehr Füllmaterial in die Länge gestreckt wurde und trotz daraufhin immer weiter fallender Zuschauerzahlen bis heute wie ein Pferd langsam zu Tode geritten wird. Ob «Yellowstone» ein ähnliches Schicksal ereilt oder das Ruder erzählerisch noch einmal herumgerissen werden kann und die Serie zu alter Stärke zurückfindet, wird die fünfte Staffel zeigen müssen, die in den USA im November auf Sendung geht.
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