Hallo Herr Monheim! Sie haben «In falschen Händen» abgedreht. Wie sahen die aktuellen Drehempfehlungen bei Corona aus?
Die waren im September/Oktober 2021 noch ziemlich strikt. Der Zugang zum Set war nur mit vorheriger Anmeldung und nach Messung der Körpertemperatur gestattet, zwei Mal pro Woche wurde das gesamte Filmteam getestet, die Schauspieler noch öfter. Beim Mittagessen wurde sehr auf Mindestabstände geachtet, ansonsten gab es Trennscheiben und natürlich überall Desinfektionsmittel. Und am Set galt sowohl drinnen wie draußen strikte Maskenpflicht für alle Teammitglieder, was speziell die Arbeit mit Kindern im Vorschulalter nicht gerade erleichtert. Aber da wir alle wussten, dass Coronafälle im Team eine gesamte Produktion wochenlang lahmlegen können, haben sich alle an die Regeln gehalten, auch wenn Maskentragen ein zusätzlicher Stressfaktor in unserem ohnehin nicht gerade stressarmen Beruf ist.
Das Buch stammt von Holger Joos, der schon viele «Donna Leon»- und mehrere «Tatort»-Produktionen geschrieben hat. Freut es Sie, dass Sie mit solch erfahrenen Kollegen zusammenarbeiten dürfen?
In erster Linie hat es mich gefreut, ein sehr gutes Drehbuch angeboten zu bekommen! Mir gefiel Holgers Art zu schreiben auf Anhieb, sein genauer Blick und seine Zuneigung zu den Figuren. Er war – ebenso wie die ZDF-Redakteurin Esther Hechenberger und meine Produzentinnen bei Claussen+Putz – total offen für meine Ideen und Gedanken und so haben wir auf dem Weg zum ersten Drehtag eng zusammengearbeitet, nicht nur, was das Buch angeht, sondern auch mit Blick auf die Besetzung und die Auswahl der Drehorte. Holger war früher mal Kameraassistent, daher ist ihm die Arbeit am Set sehr vertraut. Leider hatte er keine Zeit während der Dreharbeiten dabei zu sein.
Sie haben zwischen 1999 und 2008 insgesamt fünf Kurzfilme gedreht, die beim Publikum sehr gut ankamen. Für «Mit sechszehn bin ich weg» wurden Sie mit dem First Steps Awards ausgezeichnet. Wo steht dieser Preis heute?
Auf dem Fensterbrett in meinem Arbeitszimmer.
Mit ihrem Kollegen Stephan Wagner haben Sie drei «Tatort»-Ausgaben verfasst, die Wiedemann & Berg produzierten. Wie kam denn der Kontakt zu Stande?
Stephan Wagner hatte das Drehbuch zu meinem Kinodebüt «About a Girl» gelesen, das 2013 mit dem Emder Drehbuchpreis ausgezeichnet wurde. Offenbar gefiel ihm das Buch, denn als er einen Co-Autoren für eine Berliner «Tatort»-Folge suchte, kam er auf mich zu. Daraus entwickelte sich dann eine längerfristige Zusammenarbeit. Bei unserem dritten «Tatort»-Drehbuch „Nemesis“ hat Stephan dann auch selbst Regie geführt.
Seit 2016 sind Sie wieder des Öfteren als Autor und Regisseur gelistet. Was haben Sie von 2009 bis 2015 gemacht?
Ich war mit der Filmhochschule fertig und habe versucht einen Debütfilm auf die Beine zu stellen, habe an «About a Girl» und «Alles Isy» geschrieben, gleichzeitig musste ich auch Geld verdienen, denn 2009 wurde mein Sohn geboren und 2011 meine Tochter. Das waren harte Zeiten, in denen es finanziell öfter mal ziemlich eng war. Da brauchte ich einen langen Atem und musste Rückschläge und Absagen verdauen, während ich als Produktionsfahrer, Standfotograf und Aufnahmeleiter für andere Regisseure und Regisseurinnen gearbeitet habe.
Für die Netflix-Serie «Wir sind die Welle» durften Sie drei von sechs Folgen umsetzen. War das Format als Miniserie geplant?
Das Format war ursprünglich in einer ganz anderen Form geplant, auch inhaltlich. Dann gab es einen relativ kurzfristigen inhaltlichen und personellen Neustart und ich kam noch später dazu, etwa zwei Monate vor Drehbeginn. Die Handlung ist zwar weitgehend abgeschlossen, aber man hätte die Serie sicherlich fortführen können - Themen und Ideen dafür gab es genug. Aber Netflix macht solche Entscheidungen ausschließlich von den Zuschauerzahlen abhängig - und die waren vor allem in Deutschland einfach nicht gut genug. Rückblickend würde ich sagen, dass das Label «Die Welle» eine Bürde für das Projekt war.
Die Serie wurde von Jan Berger geschrieben, sie durften auch das Finale umsetzen. Haben Sie die Serie geschaut?
Na klar habe ich alle Folgen geschaut! Nicht nur im Schneideraum, sondern auch die fertige Serie, zuhause auf dem Fernseher. Wir waren eine der ersten deutschen Netflix-Produktionen und insofern war das für mich schon was ganz Besonderes. Sowohl was die Arbeit am Set und im Schneideraum angeht, als auch am Ende auf einem Streaming-Portal zu laufen, jederzeit abrufbar, ohne einen Sendetermin wie beim klassischen Fernsehen.
Kommen wir zurück zu «In falschen Händen»: Der Spielfilm läuft im ZDF am Montagabend. Wie hoch sollen denn die Zuschauerzahlen werden? Was tippen Sie?
Da könnte ich mich schön in die Nesseln setzen, wenn ich eine Prognose abgebe (lacht). Natürlich wünsche ich mir, dass der Sender zufrieden ist und der Film überdurchschnittlich abschneidet, weil die Einschaltquote eben am Ende die Währung ist, in der Erfolg gemessen wird. Für mich persönlich sind aber die Rückmeldungen einzelner Zuschauer und Zuschauerinnen wichtiger, aus denen ich herauslesen kann, wie sie den Film wahrgenommen haben, was sie dabei empfunden haben. Deshalb verfolge ich die sozialen Medien und ich kriege auch immer wieder persönliche Zuschriften. Und natürlich lese ich auch Kritiken. Vermittelt sich das, was ich erzählen wollte, wie wird die Geschichte verstanden und interpretiert?
In «In falschen Händen» trifft die Figur von Pegah Ferydoni ein scheinbar perfektes Kindermädchen. Manu vertritt Nika dann sogar bei einem Familienwochenende. Da ist doch die Eskalation vorprogrammiert?
Der Film spielt natürlich mit solchen Klischees, aber damit ist man bei Manu auf dem ganz falschen Dampfer. Ihr geht es nicht darum Nika den Mann auszuspannen, im Zentrum ihres Interesses steht der kleine Leon, Nikas sechsjähriger Sohn. Genau das hat mir an Holger Joos' Buch so gut gefallen, dass die beiden Frauen auf eine sehr spezielle Art in Konkurrenz geraten, obwohl sie sich eigentlich mögen und sich gegenseitig wohlgesonnen sind. Sie konkurrieren nicht um einen Mann, sie konkurrieren nicht um Schönheit oder Sexyness, es gibt keinen Zickenkrieg, keine taktischen Spielchen. Und dennoch wird Manu für Nika sehr gefährlich, obwohl sich Manu völlig im Klaren darüber ist, dass Nika gerade der einzige Mensch auf der Welt ist, der ihr zuhört und es gut mit ihr meint. Diese Ambivalenz mag ich sehr und das ging auch den Schauspielerinnen so.
Mit Ihrem Thriller spielen Sie ja auch mit den Ängsten der Eltern. Muss man sich als normaler Familienvater wirklich Sorgen machen?
Ich glaube Eltern machen sich auf einer gewissen Ebene immer Sorgen und damit spielt der Film auch ein Stück weit. Das liegt einfach in der Natur von Elternschaft, dass man manchmal Befürchtungen hat, dass man Ängste hat, dem Kind könnte etwas zustoßen, denn man ist ja in dieser Hinsicht absolut verwundbar. Aber meistens passiert zum Glück nichts und so hoffe ich, dass nach «In falschen Händen» beim Publikum die Erleichterung überwiegt. Puh, zum Glück ist Manu nicht unsere Babysitterin, zum Glück ist unser Kind gesund und munter. Und wer ganz sicher gehen will, der kann ja um 21:45 Uhr nochmal schnell ins Kinderzimmer schleichen und dem Nachwuchs einen Kuss auf die Stirn hauchen.
Danke für das nette Gespräch!
«In falschen Händen» läuft am Montag, den 12. September, um 20.15 Uhr im ZDF.
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