Die Kritiker

«Tatort - Der Mörder in mir»

von

Am Sonntag erwartet die Zuschauer kein gewöhnlicher Tatort aus Stuttgart. Lohnt sich das Einschalten?

Stab

Darsteller: Richy Müller, Felix Klare, Nicholas Reinke, Tatiana Nekrasov, Christina Hecke, Jürgen Hartmann
Musik: Jacki Engelken
Kamera: Stefan Sommer
Drehbuch und Regie: Niki Stein
Auf einmal ist nichts mehr, wie es war. Alles hat sich auf einen Schlag verändert. So geht es dem Rechtsanwalt Ben Dellien (Nicholas Reinke), als er eines Nachts bei strömendem Regen und schlechter Sicht auf einer Landstraße einen Menschen umfährt. Er steigt kurz aus, sieht ihn im Straßengraben liegen, packt seine Mütze, die sich an seinem Scheibenwischer verfangen hat – und steigt wieder in sein Auto, fährt davon, als sei nichts gewesen.

Doch es ist etwas gewesen. Am nächsten Morgen hört Dellien, wie nach dem Täter gefahndet wird – und dass der Mann, den er umgefahren hat, noch viele Stunden gelebt hat, bis er schließlich seinen Verletzungen erlag. Er hätte ihn also wahrscheinlich retten können, wenn er an Ort und Stelle den Notarzt gerufen hätte, anstatt wieder in sein Auto einzusteigen und davonzufahren. In einer Sekunde die falsche Entscheidung getroffen, falsch abgebogen, und nichts soll mehr so sein, wie es war? Kann das gerecht sein?

Es dauert eine Weile, bis die Kommissare Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) ihm auf die Spur kommen. Zu dieser Zeit ist Dellien trotz all seiner Gewissensbisse, und angetrieben von seiner hochschwangeren Frau (Christina Hecke), schon dabei, alle Spuren von seiner Tat zu verwischen, die noch zu ihm führen könnten. Denn er ist überzeugt: Wenn sie ihn kriegen, dann ist er nicht nur wegen Fahrerflucht dran, sondern vielleicht sogar wegen Mordes.

Aber wie eindeutig ist die Schuldfrage wirklich? Schließlich geht es hier um eine Sekundenentscheidung. Erweist sich in diesem einen Moment wirklich der ganze Charakter eines Menschen? Hat er es deshalb verdient, alles zu verlieren? Eine Frage, mit der sich der «Tatort» am Sonntag sehr ausführlich und ernsthaft beschäftigt und es dabei auch vermeidet, eine zu klare Antwort zu geben. Ist dieser Film damit ein Täterversteher? Nein, auch das wäre zu kurz gedacht: Denn er nimmt den Täter ernst und zeigt ihn auch von seiner menschlichen Seite. Ben Dellien ist schließlich kein berechnender, kaltblütiger Mörder, sondern ein Mann, der in einer Schrecksekunde im Leben falsch abgebogen ist und Angst vor den Konsequenzen seiner Schuld hat.

Und was ist mit dem Opfer? Ein Obdachloser, bestimmt Alkoholiker, der sowieso bald gestorben wäre. Ein Satz, mit dem Delliens Frau die aufkeimenden Gewissensbisse ihres Mannes zerstreuen will. Aber natürlich bleibt auch das nicht die einzige Perspektive auf diesen Mann, der einen grausamen Tod gestorben ist, weil ein anderer Mensch im Leben gerade falsch abgebogen ist. Die interessierten Zuschauer erwartet damit am Sonntagabend ein spannendes Charakterdrama aus Stuttgart.

Der Film «Tatort – Der Mörder in mir» wird am Sonntag, den 18. September um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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