Hintergrund

Das Jüngste Quoten-Gericht: Was will Rosemann?

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Immer montags blickt Quotenmeter auf die Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops der zurückliegenden Woche. Diesmal steht der neue «Local Hero» von ProSieben im Fokus und die Frage, was gewichtiger ist: Der Erfolg von Sat.1 oder der Misserfolg von ProSieben?

Die Corona-Pandemie hat die Welt vor zwei Jahren vor zahlreiche Herausforderungen gestellt – einige davon werden erst mit Verzug zu spüren sein. Betroffen war auch die Film- und Fernsehindustrie, die sowohl Produktionen abbrechen beziehungsweise pausieren lassen musste also auch manch fertiggestelltes Projekt dem Kino-Publikum vorenthielt, da Kinos schlichtweg geschlossen waren und somit keine Erlöse zu generieren waren. Diese Auswirkung bekam auch das deutsche Fernsehen zu spüren, das regelmäßig auf Hollywood-Produktionen zurückgreift, um Free-TV-Premieren anbieten zu können, was in der Regel zwei bis drei Jahre nach Kinostart der Fall ist. Doch ohne Kinostart keine Free-TV-Premiere, so die Rechnung von ProSieben-Chef Daniel Rosemann im Mai in einem Interview mit dem Branchendienst ‚DWDL‘. „Es wird in der nächsten Zeit keine für uns befriedigende Versorgung mit neuen Blockbustern geben“, sagte er damals und kündigte an, künftig am Sonntagabend auf den lange kultivierten Blockbuster am Sonntagabend verzichten zu wollen beziehungsweise zu müssen.

Denn: Zur Wahrheit gehört auch, dass die ProSiebenSat.1-Gruppe zuletzt von der RTL-Deutschland-Gruppe auf dem Rechtemarkt ausgestochen wurde. RTL statt ProSiebenSat.1 schloss eine Partnerschaft mit dem damaligen WarnerMedia-Konzern ab. Trotz allem lässt sich festhalten, dass Spielfilme bei ProSieben weiterhin einen guten Stand beim Publikum genießen. Zuletzt sorgte beispielsweise «Wonder Woman» für zehn Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen. Der Streaming-Krieg ist aber auch längst in Deutschland angekommen und verändert das Sehverhalten der jüngeren Zuschauer beträchtlich. Warum Filme und Serien mit Werbeunterbrechung und in deutscher Synchronisation, bei der gerne die ein oder andere Nuance untergeht, schauen, wenn man doch ohnehin für wahlweise ein Netflix-, Disney+- oder Prime-Video-Abo zahlt? Dies dürfte ebenfalls ein Faktor dafür sein, dass RTL die Nachrichtenstrecken im Programm in den vergangenen zwölf Monate ausgebaut hat und in weiten Teilen der TV-Sender vor allem Reality-TV oder Doku-Soaps die Zuschauer unterhalten sollen. Da macht es doch keinen Unterschied, ob ProSieben einen Abend mehr oder weniger mit Factual Entertainment füllt, oder doch?

Die Premiere von «Local Hero», immerhin dem ersten von vier eigenproduzierten sogenannter „Dokutainment“-Fomate, die den Blockbuster ersetzen sollen, kam zum Start gehörig unter die Räder. Klar der Sonntagabend ist umkämpft und hat mit dem «Tatort» einen klaren Platzhirsch, aber es hätten schon mehr als eine halbe Million Zuschauer sein dürfen. Mit 3,3 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe hatte man gegen fast alle großen acht Hauptprogramme das Nachsehen und landete gar hinter ProSieben Maxx, das American Football aus der NFL zeigte – ein weiteres Problem, das auf die ProSiebenSat.1-Gruppe zukommen wird, nachdem man die NFL-Rechte ebenfalls an RTL Deutschland abgeben musste. Nur Kabel Eins performte mit «Yes, we camp!» und 2,4 Prozent noch schlechter. Beim Gesamtpublikum verzeichnete man dennoch mehr Zuschauer als ProSieben, das sich in dieser Hinsicht sogar hinter Nitro und sixx einzuordnen hatte.

Der Start für «Local Hero» hätte also kaum schlechter laufen können, doch wenn sich eines über ProSieben sagen lässt, dann, dass man bereit ist großes Stehvermögen zu beweisen – als Beispiel sei hier «Zervakis & Opdenhövel. Live.» genannt, das auch nach Monaten des Misserfolgs einen festen Platz in der Primetime sein Eigen nennen darf. In dieser Woche verfolgten das Live-Journal lediglich 0,37 Millionen Zuschauer – nur dreimal waren es weniger. 4,9 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe waren die Folge. Profiteur der Sonntag-Misere von ProSieben ist das ebenso von Daniel Rosemann geführte und nicht minder strauchelnde Sat.1, das indes den ProSieben-Blockbuster am Sonntag geerbt hat. Dies kann als eine Art letzte Rettung für den Bällchensender gewertet werden. Zumindest dieser Plan scheint aufzugehen, denn «Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind» generierte für Sat.1 einen Zielgruppenmarktanteil von 11,1 Prozent. Zu beantworten gilt es, was Rosemann als gewichtiger ansieht: der Erfolg von Sat.1 oder der Misserfolg von ProSieben? Sicherlich lässt sich nach einer Rekord-Ausgabe von «Schlag den Star» am Samstagabend mit 21,4 Prozent ein Rückschlag verschmerzen und mit der Rückkehr von «Das Duell um die Welt» wird sich an der ProSieben-Stärke am Samstagabend wenig ändern, doch ein dauerhafter Totalausfall am Sonntagabend wird sich die rote Sieben kaum leisten können, zumal auch für Sat.1 laut Rosemann feststeht: „Es wird in der nächsten Zeit keine für uns befriedigende Versorgung mit neuen Blockbustern geben.“

Ein Blick auf die anderen Sender
Die vergangene Woche war bei RTL vor allem von der Übertragung der Basketball-Europameisterschaft geprägt, die vor allem mit dem Halbfinale am Freitagabend gegen Spanien ihren Quoten-Höhepunkt fand und für grandiose Marktanteile von bis zu 25,6 Prozent in der Zielgruppe sorgte. Damit braucht sich Basketball nicht vor dem Fußball verstecken, der an diesem Wochenende in Form der «Sportschau» ebenfalls stark performte. Revier-Derby und Bayern-Niederlage sorgten erstmals in dieser Saison am Samstagvorabend für mehr als 20 Prozent bei den Jüngeren, nur knapp scheiterte Das Erste an der Vier-Millionen-Marke.

Überraschend stabil präsentierte sich derweil «Barbara Salesch – Das Strafgericht» im RTL-Vormittagsprogramm, nachdem in der ersten Sendewoche die Kurve etwas nach unten zeigte. Auch der Beginn von Woche zwei verhieß zunächst nichts Gutes, denn die Zielgruppen-Quote stürzte auf 8,8 Prozent, doch schon am Dienstag stieg das Ergebnis auf 14,4 Prozent. Am Donnerstag und Freitag bügelte die Richterin mit dem roten Haar eine erneute Delle vom Mittwoch mit 8,6 Prozent locker aus und verzeichnete zum Wochenabschluss gar ein neues Rekordergebnis. Sowohl auf dem Gesamtmarkt als auch in der Zielgruppe waren die Werte erstmals jeweils zweistellig, in der Zielgruppe stieg die Sehbeteiligung auf 15,7 Prozent. Auch wenn es nach einem Fünftel der geplanten Folgen noch immer verfrüht scheint, ein abschließendes Urteil zu sprechen, so scheint RTL ein Rezept für den Vormittag gefunden zu haben.

Wie lief es beim Öffentlich-Rechtlichen?
Gesprächsthema der Medienbranche in den zurückliegenden sieben Tagen war logischerweise auch die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2022 am Mittwoch, was das ZDF in diesem Jahr übertrug. Das Interesse der Allgemeinheit blieb hingegen eher überschaubar. Zwar erreichte der Mainzer Sender mit 2,18 Millionen Zuschauern etwas mehr als RTL im Vorjahr, doch 9,7 Prozent bei allen und 6,8 Prozent sind unterhalb des Senderschnitts anzusiedeln.

Deutlich besser lief es dagegen für Das Erste, das gleich mehrfach überragte. Am Donnerstag sorgte der «Zürich-Krimi» für 6,16 Millionen Zuschauer und 23,5 Prozent Marktanteil, am Samstag war «Hartwig Seeler» bei 5,82 Millionen gefragt. Diesmal waren 23,4 Prozent auf dem Gesamtmarkt drin. Die Kirsche auf die Sahnetorte setzt am Sonntagabend der «Tatort» aus Stuttgart. Mit weit mehr als neun Millionen Zuschauern und überragenden Quoten in beiden Zuschauergruppen (31,1 Prozent Gesamt, 25,3 Prozent 14 bis 49) untermauerte die Krimi-Reihe einmal mehr eindrucksvoll ihre Vormachtstellung und wies die Konkurrenz – öffentlich-rechtlich wie privat – deutlich in ihre Schranken. Da konnte auch die RTL-Realityshow «Sommerhaus der Stars» nichts gegenausrichten, für die es mit 8,8 Prozent in der Zielgruppe so schlecht wie nie lief.

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