Hallo Frau Löbel. Vielen Dank für Ihre Zeit. Im September startete die fiktionale Serie «Kaltstart» im KiKA. Wovon handelt die Fernsehserie?
Bei «KALTSTART» geht es um das große Thema künstliche Intelligenz. Unsere drei Hauptfiguren bewerben sich am Pandrosion Institut für ein Stipendium. Schnell wird aber klar, dass es sich nicht um einen normalen Bewerbungsprozess handelt, sondern noch irgendetwas anderes, mysteriöses geschieht… Wir erleben, wie unsere 3 Held:innen das Geheimnis aufdecken, das vor allem mit ihnen selbst zu tun hat.
Wie hat sich Ihr Autorenteam mit dem Thema künstliche Intelligenz auseinandergesetzt? Haben Sie Experten zu Rate gezogen?
Wir hatten mit Simon Thummet, Annika Cizek, Lotte Elsa Goos und Christopher Bünte ein sehr diverses Autor:innenteam, das tatsächlich auch Fachwissen mitbrachte. Was für die Serie dann noch fehlte, wurde recherchiert. Neben den technischen Dingen haben wir vor allem aber viel über ethische und philosophische Fragen diskutiert – wann ist ein Mensch ein Mensch, was unterscheidet ihn von der künstlichen Intelligenz, etc. Auch wenn das augenscheinlich ganz einfach scheint: Je tiefer man einsteigt und sich wirklich mit der Thematik auseinandersetzt, umso komplizierter wird es.
Das Thema künstliche Intelligenz kam noch in keiner Fernsehserie für Kinder und Jugendliche vor. Warum haben Sie genau das Thema erarbeitet?
Der KiKA machte, wie ich finde zurecht, eine Themenwoche rund um das Thema künstliche Intelligenz. Dadurch war das Thema gesetzt. Es betrifft uns alle – egal wie alt – mittlerweile so sehr, dass man sich eigentlich gar nicht genug damit beschäftigen kann. Vor allem für die junge Zielgruppe, die ganz anders damit aufwächst und mit KIs einen mitunter überraschend natürlichen Umgang pflegt, halte ich die Auseinandersetzung mit der Thematik für sehr wichtig.
Durch soziale Medien wie TikTok heißt es immer, die Aufmerksamkeitsspanne habe massiv abgenommen. Allerdings sind Bücher wie «Harry Potter» sehr beliebt. Das eine Medium schließt das andere ja eigentlich aus, oder?
Ich habe eigentlich noch nie erlebt, dass sich Medien ausschließen. Wenn wir uns die gesamte Geschichte der Medien anschauen, beim Buchdruck angefangen, dann gab es eigentlich immer nur eine Erweiterung oder eine Ergänzung. Als das Fernsehen kam, dachte man das Kino ist tot, als eReader kamen, dachte man, der Buchmarkt bricht ein. Und bis auf Kassetten, gibt es eigentlich alles noch Vielleicht diversifiziert sich der Markt und damit auch die Zielgruppen und die Revenues der Segmente, aber das ist ja in erster Linie eine Chance und nicht zwingend ein Hindernis. Menschen wollen Geschichten erzählt bekommen – auf welche Weise auch immer. Und der Markt reagiert darauf. Das ist auch bei jungen Zielgruppen so. Hier kommt glücklicherweise hinzu, dass Inhalte zu Marken am besten dann wachsen, wenn sie 360 Grad ausgespielt werden können.
Wie unterscheidet sich die Erzählstruktur von «Kaltstart» von Serien, die für Erwachsene kreiert werden?
Gar nicht. Es gibt eine starke Horizontale, Cliffhanger und drei Hauptfiguren, die versuchen einem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Vielleicht ist die Länge mit sechs Minuten pro Folge ein Punkt, aber Short Form Content gibt es auch für Erwachsene. Für Kids zu erzählen, bedeutet nicht zwingend, dramaturgische Strukturen zu ändern. Die junge Zielgruppe merkt sofort, wenn sie nur eine „light“ Version von etwas vorgesetzt bekommt und nicht gefordert wird.
Sie haben um Ostern 2022 für den KiKA gedreht. Zu diesem Zeitpunkt hatte auch ich neben ganz vielen anderen einen Corona-Infekt. Wie schwierig waren die Dreharbeiten?
Das tut mir leid. Dreharbeiten mit jungen Schauspieler:innen sind immer besonders. Wir haben innerhalb der UFA in den vergangenen Jahren viel gelernt. Unter anderem auch wie man für egal welche Drehsituation schlüssige Hygienekonzepte erstellt. Tobias Krisa-Yamamoto, unser Produktionsleiter, hat hier mit seinem Team großartige Arbeit geleistet.
Es hieße ja immer, Corona würde Kindern und Jugendlichen weniger schaden als Erwachsenen. Ich nehme aber dennoch an, dass die Hygiene-Bedingungen am Set wie bei anderen UFA-Produktionen waren?
Unabhängig davon was der aktuelle Stand der Forschung ist, machen wir keine Unterschiede im Schutz von Mitarbeitenden. Selbstverständlich tun wir alles dafür, dass sich möglichst niemand infiziert und alle an einem gut geschützten Arbeitsplatz ihrer Kreativität freien Lauf lassen können.
«Kaltstart» ist für den deutschen Fernsehmarkt entwickelt worden. Wie wichtig ist eigentlich lineares Fernsehen für Kinder? Wandern diese ebenfalls in den Streaming-Bereich ab?
«Kaltstart» wird im KiKA Player und im linearen TV zu sehen sein. Der Sender trägt mit seinem vielfältigen Online-Angebot den Bedürfnissen der Zielgruppe durchaus Rechnung. Auch wenn es kein Geheimnis ist, dass die Zuschauerzahlen im linearen Fernsehen sinken, sollten wir nicht vergessen, dass lineares Fernsehen noch immer in vielen Familien strukturgebend ist. Ob das für die Kleinen das «Sandmännchen» um zehn vor sieben oder für die Großen die «logo»-Kindernachrichten um zehn vor acht sind – das sind Rituale für die auch viele Eltern dankbar sind. Stichwort Bettgehzeiten, Zähne putzen, usw. Wir haben mit Formaten wie «Spotlight» für Nickelodeon die Erfahrung machen dürfen, dass es sich noch immer absolut lohnt, alle Ausspielwege in Betracht zu ziehen. Da wurde natürlich online geguckt – aber der Aufhänger war immer, dass es linear zu einer bestimmten Zeit ausgestrahlt wurde. Am Ende geht es um Programmmarken und die sollten im jungen Segment immer 360 Grad funktionieren.
Die Serie wurde im Rahmen der Kindermedien-Akademie entwickelt. Was hat es damit auf sich?
Die Akademie für Kindermedien bietet ihren Teilnehmenden die Möglichkeit innerhalb der regulären Teilnahme an einem sogenannten Clients Project zu arbeiten. Thomas Hailer und Margret Albers hatten hier von Beginn an die Vision mit dem KiKA (Tina Debertin und Silke Haverkamp), ein Projekt zu entwickeln, das innerhalb eines Jahrgangs, also innerhalb von neun Monaten, entwickelt, geschrieben und produziert werden kann. So etwas ist nur möglich, wenn die Produktion von Anfang an dabei ist. Mein Ziel, zusammen mit unserem Producer Valentin Debler, war von Beginn an, dass wir das Projekt nicht nur in der Entwicklung begleiten, sondern wirklich auch direkt drehen. Wir wollten einmal mehr beweisen, dass man mit überschaubarem Budget und wenig Zeit, wertvolle Inhalte herstellen kann, die Relevanz haben und vor allem aktuell sind.
Stichwort Künstliche Intelligenz: Werden produktionstechnische Dinge wie Drehbücher, Kamera und Darstellerauswahl schon bald von Maschinen entschieden?
Das will ich nicht hoffen! 😊 Die Fragestellung ist richtig, aber nicht ganz neu: Wenn immer mehr Aufgaben von Maschinen übernommen werden, was machen wir dann mit unserer Zeit? Es gab auch in Deutschland schon einmal eine Zeit der Massenarbeitslosigkeit, weil plötzliche viele Maschinen die Aufgaben ausführten, die sonst von Menschen übernommen wurden. Meine Hoffnung, sollten wir es noch erleben, wäre immer, dass wir mit unserer vielen Zeit, die wir dann haben, bestimmt etwas Sinnvolles anfangen werden. 😊
Das hoffe ich auch. Danke für Ihre Zeit!
«Kaltstart» ist im KIKA-Player zu sehen.
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