Interview

Anja Pahl: In Potsdam ist ‚die Hektik weg‘

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Seit der 30. Folge ist die gebürtige Ost-Berlinerin ein Gesicht von «SOKO Potsdam». Mit Quotenmeter sprach die Schauspielerin über die Leidenschaft zum Theater.

Hallo Frau Pahl, vielen Dank für das Gespräch! Sie sind seit einem Jahr bei der ZDF-Serie «SOKO Potsdam» dabei. Wie waren die ersten Dreharbeiten?
Meine ersten Dreharbeiten für die die «Soko Potsdam» waren letztes Jahr von März bis Juli, das war anfänglich wahnsinnig kalt und am Ende wollte man nur noch in den See hüpfen. Es war auf- und anregend für mich, weil ich in ein bestehendes Team neu reingekommen bin und noch nie so viel am Stück gedreht habe.

Haben Sie in den vergangenen Monaten beim Dreh auch mal entspannen können? Wie streng sind derzeit die Corona-Auflagen?
Die zwölf Folgen der «Soko Potsdam» werden in 4 Blöcken gedreht, heißt drei Folgen werden parallel gedreht und alles in vier, fünf Monaten. Beim Dreh selber bleibt da leider keine Zeit, sich zu entspannen, weil wir ein sehr hohes Pensum haben.

Werden die kommenden Monate am Set wieder komplizierter? Mehr Testungen, mehr Zurückhaltung beim Kontakt mit Freunden und Bekannten?
Wir wurden täglich am Set getestet. Aktuell gibt es keine rechtliche Verpflichtung oder Grundlage, weiterhin Tests durchzuführen. Die Produktionsfirma wird sicherlich auch weiter bestmöglich versuchen, den Infektionsschutz beizubehalten und alles tun, Infektionsketten zu minimieren und Risiken einzugrenzen, das ist ja klar.

«SOKO Potsdam» ist sehr erfolgreich. Was macht den Reiz der Serie aus?
Wir. 😀 Das müssen diejenigen beantworten, die gern «Soko Potsdam» gucken, aber ich finde, wir haben alle zusammen eine gute Energie. Es ist ein freundliches, lockeres, humorvolles, nettes, ehrliches Team und Potsdam ist einfach schön.

Sie stammen ja selbst aus Ost-Berlin, welchen Reiz hat die brandenburgische Hauptstadt bei Ihnen?
Wenn ich aus Berlin nach Potsdam komme, ist Ruhe. Die Hektik ist weg. Es mutet kleinstädtischer an. Wenn man nach Jahren mal runterkommen will, ist Potsdam einfach einladender, gemächlicher und stressfreier und...das Tolle ist, Berlin ist nicht weit weg. Ich spüre hier in Potsdam noch so etwas wie echtes Kiezgefühl und lokale Identität. Es gibt eine schöne, wassernahe Umgebung, ruhige Wohnstraßen, es sind tolle Häuser erhalten geblieben, gerade in Babelsberg, schnuckelige Weberhäuser bis zu malerischen Gründerzeitbauten, das ist eine Kulisse, die reizt.

Man sagt Ihnen nach, dass Ihre große Leidenschaft das Theater ist. Wieso haben Sie sich für ein Engagement bei einer Krimi-Serie entschieden? Weil die Kollegen auch besser bezahlen?
Ich habe schon immer viel Theater geguckt. Meine Eltern sind häufig mit mir ins Theater gegangen, dann war ich in der Jugendtheatergruppe P14 an der Berliner Volksbühne und habe später an der Hochschule in Leipzig Schauspiel studiert und für mich war klar, dass ich an ein Theater gehen möchte.

Drehen, das haben andere gemacht, ich hatte einfach keine Berührung damit, auch wenn immer viele zu mir gesagt haben, "Mensch, Anja, warum drehst du eigentlich nicht?"
Wie soll man da antworten. Spannend hätte ich es schon gefunden.

Für die «Soko Potsdam» gab es eine Ausschreibung, dass eine neue Kommissarin gesucht wird. Meine Agentin und ich fanden sofort, dass sie Rolle der Tamara unglaublich gut zu mir passt. Sie hat mich dann für das Casting vorgeschlagen und ich bin von Salzburg nach Berlin gedüst, da ich zu der Zeit dort am Mozarteum unterrichtet habe und war hoch erfreut, dass man sich nach einem längeren Castingprozess für mich entschieden hatte.

Das war das Coronajahr, für Künstler ein Horrorjahr, wenn man keine Festanstellung hatte als Spieler, Sänger, Tänzer, hatte man ein Problem, weil alles abgesagt wurde und auch nichts Neues kam, lange. Ein ganzer Berufszweig war lahmgelegt. Das Drehen blieb erhalten, weil man hier andere Hygienekonzepte fahren konnte. Für mich ein 6er im Lotto.

Ich durfte und konnte in meinem Beruf weiterarbeiten, sogar mit neuer Herausforderung und das auch noch in der Nähe meiner Stadt. Darüber bin ich sehr dankbar und sehr froh.

Gehen Sie privat eigentlich auch in verschiedene Theaterstücke oder in eine Oper?
Ich gehe sehr viel und sehr gerne ins Theater, ins Musical, in die Oper. Ich bin und bleibe da neugierig. Ich liebe die Unmittelbarkeit dieser Abende. Jetzt singt er das Lied und ich kann weinen, jetzt sagt sie einen Satz und ich muss lachen oder ‚Och den Witz fand ich jetzt aber doof‘...

Das Spielen vor der Kamera macht genauso Spaß, aber beim Drehen gibt es häufig kein unmittelbares Feedback, du spielst mit deinen Kollegen, hast das Team drum herum und die Szene ist im Kasten, weg von dir, geht durch den Schnitt, wird mit Sound und Musik aufgeladen, Wochen oder Monate später siehst du das Ergebnis, was du damals gespielt hast und die Reaktion der Menschen sind und bleiben in ihren Wohnzimmern.

Was ist Ihr Lieblingsstück und warum?
Das durfte ich zum Glück schon spielen und zwar das düstere und blutige Märchen "Macbeth", es ist so archaisch, erzählt so brachial den Kern der Menschen, die dunkle Seite, unsere Verführbarkeit, den Umgang mit Macht, der in Isolation endet. Eine Metapher für so vieles mehr, als das jemand an seiner Schuld zerbricht.

Gibt es spezielle Genres, die deutsche Produzenten angehen sollten? Was würden Sie gerne spielen?
Bilder für sich sprechen zu lassen, anstatt immer alles zu erklären, Situationen, Stimmungen und Stille auszuhalten, damit ich als Zuschauerin auch auf Entdeckungsreise gehen kann - das würde ich mir sehr wünschen und das betrifft jedes Genre.

Als Schauspielerin finde ich es schau, viel Unterschiedliches zu spielen, gerade noch jemanden hinter Gittern gebracht, dann würde ich mich gern aus Liebe von der Klippe stürzen, mit Tellern meinen Ehemann bewerfen, romantisch mit meiner Frau überlegen, wie wir das machen mit Kindern, in der idyllischen Einöde Schafe hüten und dabei richtig Dreck am Stecken haben, als Königin ein Land regieren oder betrunken hinterm Tresen stundenlang meine Brille suchen, die natürlich auf dem Kopf ist - will sagen, ich habe viel Lust, auf viel Unterschiedliches.

«SOKO Potsdam» läuft montags um 18.00 Uhr im ZDF.

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