Serientäter

«Shantaram» – Charlie Hunnam flieht nach Indien

von

Steve Lightfoots Verfilmung des Abenteuerromans aus dem Jahr 2003 ist gleichermaßen fesselnd und durch erhebliche Längen ermüdend.

«Shantaram» erzählt die Geschichte eines australischen Sträflings, der im Jahr 1980 aus dem Gefängnis ausbricht, nach Indien flieht und dort ein neues Leben beginnt. Der Bankräuber und ehemalige Drogensüchtige Dale Conti wird dabei vom stets sympathischen Charlie Hunnam verkörpert. In zahlreichen kleinen Flashbacks erfährt der Zuschauer in Ausschnitten aus dem Leben des ehemaligen Rettungssanitäters, der den Drogen verfiel und bei einem gescheiterten Bankraub mitverantwortlich für den Tod eines Polizisten wurde. Mit einem gefälschten neuseeländischen Pass unter dem Namen Lindsay Ford eingereist, trifft er in Bombay den charmanten Reiseführer Prabhu (Shubham Saraf), der ihn nicht nur in die dortigen Gepflogenheiten einweist, sondern ihm auch schnell ein guter Freund wird.

Die Welt Bombays aus Korruption, Verbrechen und Armut wirkt dabei nie sonderlich reizvoll, aber stets in gewisser Weise fasziniert. «Shantaram» wartet mit einer Vielzahl von Charakteren auf, die zwischen lokalem Mafia-König, einer drogensüchtigen amerikanischen Prostituierten und einer mysteriösen femme fatale ein breites Feld von sub-plots aufbauen, hier aber teilweise über das Ziel hinausschießen. In seinen zwölf einstündigen Episoden, lässt sich die Serie unheimlich viel Zeit für den Aufbau der zahlreichen Nebencharaktere und versucht die über 1000-seitige Romanvorlage trotz einiger Abweichungen möglichst detailgetreu nachzuerzählen. Dieser Hang zur Detailgenauigkeit kann Steve Lightfoot einerseits durchaus zugutegehalten werden, denn allzu oft kritisieren Buchfans die teils drastischen Kürzungen des visuellen Mediums bei einer Buchverfilmung. Trotzdem wird anhand AppleTV’s «Shantaram» deutlich, dass ein Buch und dessen Verfilmung kein gleichwertiges Geschichtenerzählen bieten können. Die Detailgenauigkeit, die im geschriebenen Wort funktioniert, sorgt in einer Verfilmung für massive Längen. Diese Längen vermag die Serie zwar bis zu einem gewissen Grad mit überzeugenden Schauspielern und einem frischen Setting zu kaschieren, doch wird dem Zuschauer nach einigen Stunden überaus deutlich, wie wenig hier für die real investierte Zeit tatsächlich passiert.

Aus filmischer Sicht kann «Shantaram» hingegen keinerlei Vorwurf gemacht werden, die Serie sieht, wie von Apple mittlerweile gewohnt, absolut hochwertig produziert aus. Die Settings wurden aufgrund der indischen Pandemierestriktionen weitestgehend in Thailand aufgebaut, was zumindest westlichen Zuschauern zu keiner Zeit auffallen dürfte. Sowohl die Slums als auch die höherwertigen Settings Bombays, erinnern durchaus auch heute noch an einige Gegenden Mumbais (bis 1995 Bombay).

Ein für eine westlich produzierte Serie unverbrauchtes Setting, hochwertige Kameraarbeit und bis in kleine Nebenrollen überzeugendes Casting, werden lediglich von der massiven Lauflänge der Serie gebremst. Für Buchfans oder jene, die willens sind zwölf Stunden in diese fremde Welt zu investieren und sich vom gemächlichen pacing nicht abschrecken lassen, kann «Shantaram» als frische Abenteuerserie mitsamt Erlösungsgeschichte daher durchaus funktionieren.

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