In zunächst scheinbar voneinander abgekoppelten Geschichten spielt Stanley Tucci den ehemaligen Kriminologieprofessor Jefferson Grieff, der für den brutalen Mord an seiner Frau in den USA auf seine Hinrichtung wartet und währenddessen in Sherlock-Manier Kriminalfälle annimmt und diese vom Gefängnis aus löst. Sein ganz persönlicher Watson ist dabei der Serienmörder Dillon (Atkins Estimond) mit einem fotografischen Gedächtnis.
Tennant hingegen spielt einen Pfarrer in einem verschlafenen Dorf in England, der die Mathenachhilfe seines Sohnes vom Bahnhof abholt und sich fortan, aufgrund eines USB-Sticks der Kinderpornographie enthält, von einem unglaubwürdigen Ereignis ins nächste stürzt.
Die Geschichte von «Inside Man» wirkt dabei recht schnell wie ein zusammengeklebtes Kochrezept, das aus dem ersten Teil eines Rinderbratenrezepts und dem zweiten Teil eines Schokoladenkuchens ein schmackhaftes Hauptgericht zaubern möchte, aber letztlich doch eher der Würgereiz überwiegt. Während die Geschichte um den verurteilten Kriminologieprofessor trotz der sherlocktypisch konstruierten Herangehensweise im Lösen der Fälle noch zu Teilen fesselnd erscheint, insbesondere aufgrund der Chemie zwischen den beiden Todeskandidaten Dillon und Grieff, gleicht Tennants Geschichte in England von Anfang an einem erzählerischen und schauspielerischen Zugunglück. Ohne inhaltlich zu spoilern sei gesagt, dass jegliche Handlungen des Pfarrers und seiner Frau so sehr konstruiert wirken, dass es den Anschein macht, kein Autor wäre überhaupt in der Lage sich einen solchen Ablauf menschlichen Verhaltens auszudenken. Die gesamte Handlung um den Pfarrer, seine Frau und deren Sohn baut stets so sehr darauf auf, jeweils die maximal schwachsinnigsten Entscheidungen zu treffen, dass teilweise vermutet werden könnte, es wäre eine gewisse Absicht im Spiel, deren Sinn und Zweck sich allerdings nicht erschließt.
Hätte sich Moffat lediglich auf die beiden Sherlock und Watson Derivate im amerikanischen Todestrakt konzentriert, wäre aus «Inside Man» zwar auch keine originelle oder gar „must-see“ Serie geworden, aber eine, solange nicht über bestimmte Herleitungen nachgedacht wird, durchaus schaubare. In Kombination mit der Tennant-Storyline wird aus «Inside Man» allerdings insgesamt ein Ärgernis, dass entweder versucht die Intelligenz seiner Zuschauer so gut wie irgend möglich mit Füßen zu treten oder insgeheim eine Parodie sein möchte. Nur auf was genau, steht in den Sternen.
Sei es die letzte «Sherlock» Staffel, Moffats «Dracula» Serie oder zuletzt die Verfilmung von «The Time Traveler's Wife», ein durchweg überzeugendes oder erinnerungswürdiges TV-Erlebnis konnte keines dieser Projekte darbieten. Mit «Inside Man» ist jetzt allerdings ein wahrhaftiger Tiefpunkt des Erzählens erreicht worden.
Die BBC-Serie «Inside Man» wird international ab dem 31. Oktober bei Netflix zu sehen sein.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel