Stab
Originaltitel: Balle perdue 2Regie: Guillaume Pierret
Drehbuch: Guillaume Pierret und Alban Lenoir
Musik: Romain Trouillet
Kamera: Morgan S. Dalibert
Produktion: Rémi Leautier
Ausstattung: Delphine Richon
Darsteller: Alba Leoir, Stéfi Celma, Pascale Arbillot, Sébastien Lalane, Diego Martin, Anne Serra, Jérôme Niel, Quentin d'Hainaut
Frankreich 2022
So wird der Polizist Charas auf Lino aufmerksam. Lino hat für seinen letzten Coup einen Clio benutzt und ist mit diesem durch vier Betonwände gerast. Wer einen Clio derart umbauen kann, ist genau der Mann, den Charas braucht. Charas ist der Anführer einer Polizeitruppe, die irgendwo nahe der spanischen Grenze Drogendealer jagt. Die kommen mit schnellen Autos. Um sie aufzuhalten, braucht Charas nicht nur verdammt viele Pferdestärken unter der Motorhaube. Seine Autos müssen mehr können. Schneller, höher, krachender – könnte das Motto lauten. Charas unterbreitet Lino ein Angebot: Lino bringt seine Fähigkeiten als Mechaniker für die Polizei ein, im Gegenzug sorgt Charas dafür, dass er nur noch zum Schlafen ins Gefängnis gehen muss.
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«Verirrte Kugel» ist ein Kracher. Es gibt im Actionfilm die Regel, dass sich ein Actionheld vor allem dadurch definiert, was er einstecken kann. Und Lino kann einstecken. Schon die Ausbruchssequenz, in der er sich mit der gesamten Belegschaft einer Polizeiwache prügelt, ist schlichtweg ein Hammer. Vor allem, da man diesem Kerl einfach abnimmt, dass er Schläge einstecken kann. Alban Lenoir heißt diese Naturgewalt mit bürgerlichen Namen und es verwundert nicht, dass dieser Alban Lenoir seine Karriere beim Film eigentlich als Stuntman begonnen hat.
Am Ende von «Verirrte Kugel» ist Lino Held und tragische Figur zugleich. Im Verlauf der Handlung kommt sein jüngerer, kleinstkrimineller Bruder (oder „adoptierter“ Bruder, so ganz genau wird dies nie geklärt) zu Tode; er selbst aber kann Areski und Marco überführen und seine Unschuld beweisen. Womit die Geschichte eigentlich auserzählt erschien...
Tatsächlich haben sich die Macher ein Hintertürchen für eine Fortsetzung offengehalten. Lino gelingt es, Marco in einem Bauernhaus zu überwältigen und mit einer Handschelle an eine Eisenstange zu fesseln. Areski jedoch entkommt. Dessen letzter Blick gilt seiner Frau und seiner kleinen Tochter, die nicht ahnen, dass der aufrechte Drogenfahnder in Wahrheit ein skrupelloser Drogenhändler und Mörder ist. Dann verschwindet er mit einer Tasche voll Geld.
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Sein Einschreiten eröffnet Julia eine ungewöhnliche Möglichkeit: Wenn Lino ihr sein Wort gibt, sich auf das zu konzentrieren, was er besonders gut kann – Autos frisieren und fahren – dann sorgt sie dafür, dass er in den Polizeidienst aufgenommen wird.
Neun Monate später ist Lino tatsächlich ein Polizeibeamter und ein geachtetes Mitglied der Spezialeinheit. Zumindest bis zu dem Moment, in dem er feststellt, dass die Drogenhändler, die er jagt, offenbar allesamt Polizisten sind. Areski und Marco waren da nur die Spitze eines Eisbergers. Und nicht nur das: Marco ist keinesfalls entkommen. Marco ist im Zeugenschutz (was Julia vor Lino verschwiegen hat). Und aus diesem Programm soll er (nach einem Zwischenfall, der an dieser Stelle nicht weiter von Belang ist) ausgerechnet der Polizeitruppe übergeben werden, die verdächtigt wird, in Wahrheit mit Drogen zu handeln. Der Gerichtsbeschluss ist unanfechtbar. Nun ist es ausgerechnet an Lino, Marco zu beschützen, denn Lino ist in diesem Moment der einzige Polizist, der auf den Gerichtsbeschluss pfeift.
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1. Wenn Areski am Ende des ersten Teils untertauchen konnte – warum wird er in der Zusammenfassung der Handlung von Teil 2 dann gar nicht erwähnt?
2. Warum bleibt die Beschreibung jener Polizeitruppe so schwammig, die es offenbar auf den Kronzeugen Marco abgesehen hat?
Die Antwort ist simpel: Weil Teil 2 ein großer Prolog für Teil 3 ist. Es hat Gründe, warum die bösen Polizisten vergleichsweise namenlose Gesichter bleiben und Areski keine Rolle spielt. Regisseur und Autor Guillaume Pierret ist zwar schlau genug, «Verirrte Kugel 2» mit einem Ende zu versehen, das für sich stehen kann, sodass die Story für sich besteht, sollte Netflix keinen dritten Teil produzieren. Doch er kreiert eben auch Szenen, die ihre Auflösung letztlich erst in einem dritten Teil finden können.
So bleibt zu hoffen, dass «Verirrte Kugel 2» so viele Zuschauer in der Welt von Netflix findet, auf dass der dritte Teil nicht nur eine Idee bleibt!
«Verirrte Kugel 2» kann bei Netflix gestreamt werden.
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