Am Donnerstag stellte der NDR in Kiel in Person der Vorsitzenden des NDR Landesrundfunkrates Schleswig-Holstein, Laura Pooth, die Ergebnisse der externen forensischen Prüfung der Wirtschaftskanzlei Deloitte in Bezug auf sechs Fälle vor. Es standen Vorwürfe der politischen Einflussnahme seitens der NDR-Führung im Landesrundfunkhaus in Kiel im Raum. Zuletzt entkräftete bereits eine vom NDR intern durchgeführte Prüfung die Vorwürfe und sah keine Belege für einen „politischen Filter“ in Kiel (Quotenmeter berichtete). Auch die Prüfer von Deloitte sahen „keine Hinweise auf systematische oder bewusste Verstöße gegen die Programmgrundsätze des NDR“, wie es am Donnerstag hieß.
Weiter hieß es jedoch: „In den untersuchten Fällen könnte allerdings der Anschein entstanden sein, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Führungskräfte des Landesfunkhauses Programmgrundsätze missachtet haben. Grund dafür seien Fehler im Programmablauf, mangelhafte interne Kommunikation, unklare Rollen und Funktionen, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie mangelnde Sensibilität im Hinblick auf die Tragweite und den politischen Kontext von Beschwerden.“
Dementsprechend fordert Pooth nun, dass der NDR schnell Abhilfe schaffen müsse, „auch zum Selbstschutz der Journalisten“. Schon der Anschein von Parteilichkeit müsse unbedingt vermieden werden. Der Tenor ist klar: Es dürfen keine Zweifel an der Unabhängigkeit der Berichterstattung aufkommen. Beschwerden von außen müssen transparent dokumentiert und den zuständigen Stellen zugeleitet werden. Zugleich gelte es, die internen Wege zur journalistischen Konfliktbeilegung stärker zu nutzen. Nach Einschätzung des Landesrundfunkrates gebe es ein „unklares Rollenverständnis einzelner Führungskräfte“ sowie eine „unzureichende Sensibilisierung einiger Mitarbeiter für politische Compliance-Fragen“. Verbesserungspotentiale identifizierten die Prüfer bei der Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeitenden im Hinblick auf politische Berichterstattung sowie im organisatorischen Bereich bei der Dokumentation von Rollenbeschreibungen sowie der Kommunikation von Kompetenzen und Funktionen.
„Der Landesrundfunkrat wird nun den Bericht von Deloitte ausführlich analysieren und auf dieser Basis konkrete Empfehlungen für den Sender erarbeiten, damit dieser seinen Pflichten aus dem NDR Staatsvertrag in Zukunft uneingeschränkt nachkommen kann", betonte Laura Pooth.
NDR-Intendant Joachim Knuth zeigte sich in einer weiteren Pressemitteilung am Mittag erleichtert über die Ergebnisse der externen Prüfung: „Die gute Nachricht ist: Der Vorwurf einer systematischen politischen Einflussnahme hat sich nicht bestätigt, die Berichterstattung ist laut der Prüfung ausgewogen. Die Norddeutschen können sich darauf verlassen, dass im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein unabhängig und nach nachvollziehbaren journalistischen Kriterien gearbeitet wird.“ Er mahnte aber auch, dass die differenzierte Prüfung zeige, dass „wir sensibler mit Programmkonflikten umgehen und bestehende Regeln noch klarer handhaben und kommunizieren müssen“, so Knuth. „Offenheit ist an dieser Stelle der wirksamste Schutz, um Verdachtsmomente erst gar nicht aufkommen zu lassen.“
Zu den sechs zu untersuchenden Fällen zählten die Berichterstattungen über das DRK und den Bauerntag 2020 sowie über den Rücktritt eines Landesministers. Geprüft wurden auch Vorwürfe im Zusammenhang mit der nicht erfolgten Berichterstattung über Verhaltensweisen eines landespolitischen Sprechers und die Programmbeschwerde des Direktors einer Landesbehörde. Der letzte Fall betraf die Aktivitäten des Partners eines NDR-Programmmitarbeiters im Kommunalwahlkampf.
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