Die Kino-Kritiker

«A Christmas Story - Christmas: Leise rieselt der Stress» - Die Fortsetzung eines Weihnachtsklassikers

von   |  2 Kommentare

39 Jahre mussten die Fans des amerikanischen Weihnachtsklassikers auf eine Fortsetzung warten. Jetzt hat MGM einen zweiten Teil an den Start gebracht.

Die Vorweihnachtszeit ist eine willkommene Gelegenheit, sich alle Jahre wieder von jenen Filmen einlullen zu lassen, die einen zum bevorstehenden Fest in die richtige Stimmung bringen. Hierzulande rangiert «Drei Haselnüsse für Aschenputtel» (1973) ganz oben, gefolgt von amerikanischen Klassikern von «Ist das Leben nicht schön»“ (1946) mit James Stewart bis «Kevin - Allein zu Haus» (1990) mit Macaulay Culkin. In den USA wird aber noch ein weiterer Weihnachtsfilm ganz oben gelistet: «Fröhliche Weihnachten» (1983) von Bob Clark. Die Geschichte eines 12-Jährigen (Peter Billingsley), der sich nichts sehnlicher wünscht als ein Luftgewehr unterm Baum wünscht und mit seiner Familie die verrücktesten Festtage erlebt, ist rührend und komisch zugleich. In Deutschland ist die Komödie trotz guter Synchronisation (Harald Juhnke ist der Erzähler) immer noch ein Geheimtipp, in den USA hingegen kennt fast jedes Kind diesen Kultfilm. Weshalb es nun fast 40 Jahre danach eine Fortsetzung mit der — teilweise — alten Besetzung von damals gibt. «A Christmas Story — Christmas: Leise rieselt der Stress», so der etwas umständliche Titel, wird vom Verleih jedoch ebenso stiefmütterlich behandelt wie einst das Original, das erst ein Jahr später zu Weihnachten 1984 in die deutschen Kinos kam. Mit «Fröhliche Weihnachten» verarbeitete Regisseur Bob Clark (1939-2007) eigene Kindheitserinnerungen in den Vierzigerjahren. Die Fortsetzung spielt allerdings nicht in den Achtzigern, sondern zu Weihnachten 1973.

Zu Hause ist Weihnachten am Schönsten
Ralphie Parker (Peter Billingsley) hat große Mühe, sich als Schriftsteller zu behaupten. Bisher wurde sein 2000 Seiten langer Roman von jedem Verlag abgelehnt. Kurz vor Weihnachten erhält er die traurige Nachricht vom Tod seines Vaters. Zusammen mit Ehefrau Sandy (Erinn Hayes) und den Kindern Mark (River Drosche) und Julie (Julianna Layne) will er seiner Mutter (Julie Hagerty) Trost schenken und reist zurück in das kleine Städtchen, wo er aufgewachsen ist. Das heißt aber auch, dass Weihnachten diesmal in seinem Elternhaus stattfinden wird, wo alles so geblieben ist wie früher. Ralphie erinnert sich an seine Kindheit, muss aber auch erkennen, dass nun er das Familienoberhaupt ist. Hin und hergerissen zwischen Trauer und Verantwortungsgefühl will er seinen Kindern dennoch ein schönes Fest bescheren. Dabei läuft aber einiges schief.

Die verspätete Bescherung
Dieser Film wurde von Regisseur Clay Kaytis - der mit Kurt Russell in der Rolle des Weihnachtsmanns bereits «The Christmas Chronicle» (2018) drehte und auch den Animationsfilm «Angry Bird» (2016) zu verantworten hat - gewiss mit der guten Absicht gedreht, sein Publikum in eine vorweihnachtliche Stimmung zu bringen. Das gelingt nur bedingt, denn das Gefühl, dass die Fortsetzung nach fast vierzig Jahren eigentlich viel zu spät kommt, lässt sich einfach nicht ausknipsen, quasi eine verspätete Bescherung. Zwar erfreut man sich, Peter Billingsley nach so langer Zeit noch einmal in seiner alten Rolle zu erleben und tatsächlich blinkt manchmal noch etwas von seiner kindlichen schelmischen Art auf, Fakt ist aber auch, dass er nichts mehr Niedliches an sich haben kann. Wer den alten Film gar nicht kennt, wird in ihn womöglich nur einen Mann mittleren Alters sehen, der manchmal sogar etwas spiessig rüberkommt, jedenfalls nicht wie ein Typ aus dem bunten Hippie- und Flower-Power-Zeitalter. Allerdings war es gerade die kindliche Naivität vom kleinen Ralphie, die den Humor des alten Films ausmachte. Ralphie nun als ‚alten Knacker‘ vorgesetzt zu bekommen, hat gar etwas Verstörendes. Noch einmal wird klar: «A Christmas Story - Christmas: Leise rieselt der Stress» kommt viel zu spät, um an das Original geschmeidig ansetzen zu können.



Alles auf Nostalgie gesetzt
Dabei haben sich die Macher doch einiges von «Fröhliche Weihnachten» abgeguckt, um beide Filme letztlich wie aus einem Guss aussehen zu lassen. So werden auch die Fantasien von Ralphie auf witzige Weise wie Gedankenbilder visualisiert. Aber mit einem erwachsenen Mann klappt das leider nicht mehr so gut und wirkt dann doch sehr aufgesetzt. Mit Scott Schwartz, R.D. Robb, Ian Petrella und Zack Ward hat sich Billingsley, der auch als Produzent agierte, noch einige seiner damaligen Kindermitspieler zurück ins Boot geholt. Aber auch die können das Ruder nicht mehr rumreißen. Nur die Mama wird nicht mehr von Melinda Dillon («Unheimliche Begegnung der dritten Art»), die sich 2007 aus dem Filmgeschäft zurückgezogen hat, sondern von Julie Hagerty («Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug»). Bei alledem wird permanent auf Nostalgie gesetzt, was zum Thema Weihnachten durchaus Sinn macht. So könnte auch das zeitliche Umfeld der Siebzigerjahre bei dem einen oder der anderen Erinnerungen an die eigene Kindheit wecken. Und doch kann der nostalgisch angelegte Plot weder so noch so überzeugen, woran vor allem die altbackenen Gags schuld sind, die einfach nicht zünden wollen. So sehr man sich auch bemüht, Witz und Charme des Originals auf die Fortsetzung zu transportieren, es will nicht gelingen.

Fazit: in den USA ist «Fröhliche Weihnachten» von 1983 ein Weihnachtsklassiker. Fast 40 Jahre später gibt es nun die Fortsetzung, die es aber nicht mit dem Witz und Charme des Originals aufnehmen kann.

«A Christmas Story - Christmas: Leise rieselt der Stress» ist im Kino zu sehen.

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Stargamer
20.12.2022 12:04 Uhr 1
"39 Jahre mussten die Fans des amerikanischen Weihnachtsklassikers auf eine Fortsetzung warten."



Kurz und bündig: Nein, der Film hatte schon einige Fortsetzungen, er ist ja selbst ein Teil einer Reihe.



https://en.wikipedia.org/wiki/Parker_Family_Saga
Sentinel2003
20.12.2022 16:24 Uhr 2
@Stargamer: du müßtest echt das Bundesverdienstkreuz bekommen für deine richtigen Verbesserungen!!!!! O:-) ;)





off-topic: mich nervt es weiterhin, dass ich nicht als erster die Artikel kommentieren kann!! Habe schon mit anderen Browsern versucht....vergeblich. :relieved: :grimacing:

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