Auf der Leinwand sind die Erzfeinde, privat verstehen sie sich prima. Bereits in dem Science-Fiction-Spektakel «Avatar – Aufbruch nach Pandora» (2009) bekämpfen sich Sam Worthington (46) als Jake Sully und Stephen Lang (70) als Miles Quaritch bis aufs Blut. 13 Jahre später kehren beide für die Fortsetzung «Avatar – The Way of Water» (aktuell im Kino) zurück, diesmal befinden sich aber beide fast ausschließlich in den Körpern von computeranimierten Avataren, riesige Kreaturen, die auf dem Mond Pandora zum Stamm der Na’vi gehören. Erstmals lernen wir im zweiten Teil auch die Wasserwelt dieses phantastischen Gestirns kennen. Für Sam Worthington, der seine Muskeln auch in «Kampf der Titanen» und «Sabotage» spielen ließ, und Lang, bekannt aus «Letzte Ausfahrt Brooklyn» und «Conan» bedeutete das, sich mit dem Element Wasser vertraut zu machen. Wir trafen beide zum Interview in Berlin.
Seit 2009 mussten die Fans auf die Fortsetzung von «Avatar – Aufbruch nach Pandora» warten und hatten es fast schon aufgegeben. Habt Ihr noch daran geglaubt?
Stephen Lang: Da wir uns vertraglich für weitere Filmprojekte verpflichtet hatten, war mir klar, dass es irgendwann weitergehen müsste. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es anders wäre oder ich nicht mehr dabei sein würde. Um nichts auf der Welt hätte ich einen weiteren «Avatar»-Film missen wollen.
Sam Worthington: Als James Cameron sagte, jetzt geht’s wieder los, bis ich sofort gesprungen. Wenn der Boss ruft, komme ich!
Was war diesmal anders als noch vor 13 Jahren?
Sam Worthington: Schon der Trailer verrät, dass der zweite Teil offensichtlich noch viel größer ist als der erste Teil. Bereits 2014 rief mich James an und sagte, er will die Geschichte jetzt vorantreiben und erweitern. Es sollte keine Kopie des ersten Films werden. 2015 sah ich dann die ersten Designs und erfuhr gleichzeitig, dass meine Figur Jake Sully diesmal eine Familie gegründet hat. Das fand ich besonders aufregend, weil meine Frau gerade schwanger war und auch ich dabei war, eine Familie zu gründen.
Diesmal seid Ihr beide hauptsächlich als blauhäutige Avatare zu sehen. Mit dem Motion-Capture-Verfahren werden Mimik und Gestik auf die am Computer entworfenen Figuren übertragen Wie anstrengend ist das für einen Schauspieler?
Stephen Lang: Das stimmt, im ersten Film hat man mich ja ausschließlich als realen Menschen erlebt. Aber ehrlich gesagt, war ich ein bisschen neidisch auf Sam und Zoe Saldana, mit denen ich am Ende des ersten Teils einen großen Kampf austragen musste. Da ich diesmal aber sozusagen im Körper eines Avatars wieder auferstehe, war ich vorab ziemlich aufgeregt, mich als Schauspieler im Motion-Capture-Anzug auszuprobieren.
Mit diesem Verfahren kann man von Gollum wie aus «Der Herr der Ringe» bis zum Affen in «King Kong» quasi alles spielen. Die körperlichen Proportionen werden jeweils am Computer angepasst. Insofern muss man ja nie wieder für eine Rolle ins Fitnessstudio schleppen…
Sam Worthington: Wie, bitte? Stephen hat jeden Tag trainiert (lacht).
Stephen Lang: Ja, das gehört für mich dazu und ich erzähle auch gern, warum. Im ersten Teil hat man meine Figur Colonel Quaritch als durchtrainierten Soldaten erlebt. Dass ich für die Fortsetzung wieder mein altes Training aufnahm, lag vor allem daran, dass man in einem Motion-Capture-Anzug alles sieht, was du hast. Der liegt so eng, dass du nichts verstecken kannst.
Es ging also eher um Eitelkeit?
Stephen Lang: Bei mir war es bestimmt so, dass ich mich schon im Voraus darauf vorbereiten wollte, um einigermaßen ansehnlich zu sein. Überhaupt musste ich im Laufe der Jahre immer wieder feststellen, dass man für seine Eitelkeit durch die Hölle gehen muss. Aber ich habe nachgesehen, Eitelkeit gehört nicht zu den sieben Todsünden. Es hat eher was mit der eigenen Geisteshaltung zu tun.
Mit Motion Capture könnte man Schauspielern letztlich aber schon muskulöse Körper verpassen, ohne dass sie dafür vorab eine Hantel heben müssten, oder?
Stephen Lang: Ich denke natürlich, dass es trotzdem erforderlich wäre. Dabei gehe ich nicht davon aus, wie ein Körper im Film auszusehen hat, sondern wie man sich selbst in seiner Figur fühlen will. Ich selbst trainiere schon sehr lange, es gehört einfach zu meinem Leben, nicht nur zur Rolle in «Avatar». Das wird wahrscheinlich auch immer so bleiben.
Sam Worthington: Ich nutze gern die Vorteile von Motion Capture und war sehr zufrieden damit, nicht mehr so viel trainieren zu müssen wie noch für den ersten Teil. Für mich hat sich das Leben verändert. Wenn du Familie hast, ist für Eitelkeit keine Zeit mehr (lacht).
Dir hätte ein ausgiebiges Trainingsprogramm also nicht geholfen, wieder die Körperlichkeit von Jake Scully zu spüren?
Sam Worthington: Hinter dem Prinzip von Motion Capture steckt die schauspielerische Leistung. Wenn du in einem Motion Capture-Filmstudio bist, ist da nicht viel mehr als andere Schauspieler. Im Wesentlichen ist es dein Job, mit den anderen zu agieren, fast wie im Theater. Der Anzug oder die Kamera, die an deinem Kopf befestigt ist, sind nur Werkzeuge.
So tun als ob?
Sam Worthington: Nicht immer. Aus den Erfahrungen von 2009 haben wir gelernt, dass es hilfreich ist, Pflanzen und Palmen am Set zu haben, wenn die Szene im Dschungel spielt, und wirft man einen Speer, braucht man wirklich so etwas wie einen Stab in der Hand. Die größte Herausforderung war diesmal aber, dass wir sehr viel unter Wasser gedreht haben.
Wofür echtes Wasser in einem Tank gebraucht wurde?
Sam Worthington: Absolut! Das hat es vor in dieser Form uns noch nicht gegeben, und es war lange unklar, ob es überhaupt funktionieren würde. Besonders die Tauchaufnahmen waren schwierig und verlangten immer wieder nach neuen Lösungen. Aber James Cameron liebt das, und jeder Tauchgang war eine neue Herausforderung.
Was waren das für Herausforderungen?
Stephen Lang: Klar gab es Schwierigkeiten und alle Schauspieler wurden im Freitauchen trainiert. Dabei atmet man vor dem Abtauchen nochmals tief ein, um unter Wasser länger die Luft anhalten zu können. Manche konnten sich besser anpassen als andere und für manche Rollen war es wichtiger als etwa für meine. Wenn Quaritch ins Wasser fällt, muss er versuchen, so schnell wie möglich wieder rauszukommen.
Kommt es dabei nicht auch auf die eigene körperliche Verfassung an?
Sam Worthington: Ich komme aus Australien. Das ist quasi eine riesengroße Insel. Da gehört Schwimmen zum Lifestyle. Ich fühle mich sehr wohl im Wasser, gewiss mehr als andere.
Stephen Lang: Mein Sternzeichen ist Krebs. Das sind Wassertiere, und sollte also gut schwimmen können (lacht).
Sam Worthington: Wenn man knapp neun Meter Unterwasser ist, darf man nicht darüber nachdenken, zum Teufel man hier gerade macht. Solche Gedanken verbrauchen mehr Sauerstoff, den du aber eigentlich brauchst, um länger unten zu bleiben. Der Trick ist also, zu vergessen, wo man sich gerade befindet.
Stephen Lang: Was ich beim Freitauchen gelernt habe, ist, dass wir auch in unserem normalen Leben nur 20 Prozent unserer Kapazitäten nutzen, weil wir in der Regel nicht mehr brauchen, um unseren Alltag zu bewältigen. Unser Trainer Kirk Krack, eine Koryphäe im Freitauchen, lehrte uns, zu was wir alles fähig wären, wenn wir auch die anderen 80 Prozent nutzen würden. Dabei kommt es aber darauf, wie viel Vertrauen man zum eigenen Körper hat.
…und das passende Training
Stephen Lang: Absolut! Im Fall von «Avatar» bestand mein Training aus drei Säulen: Yoga, Gewichtstraining und Karate. Dieses Regelwerk versuche ich weiterhin zu pflegen, aber ich werde natürlich nicht jünger. Ich bin jetzt 70 und würde gern noch einige Jahre in diesem Business sein wollen. Sagen wir mal, bis ich 90 bin (lacht).
Für einen 70-Jährigen ist das schon sehr beachtenswert…
Stephen Lang: Ja, weil ich mein Leben lang flexibel war. Im Yoga bin ich so flexibel, dass ich mit meinen Fuß bis zum Mund komme und mit dem Kopf zum Hintern. Nein, natürlich nicht, das ist ein alter Yoga-Witz (lacht). Kein Witz ist aber, dass ich versuche, jeden Tag zu trainieren. Momentan aber nicht, weil wir für unseren Film touren und ich das wie einen großen Urlaub sehe.
Sam Worthington: Gestern waren wir in einem Restaurant. Wir haben Schnitzel gegessen und es genossen. Ich sowieso. Wie gesagt, ich selber gehe gerade gar nicht mehr ins Fitnessstudio. Drei Kinder sind genug Training für mich (lacht).
Auf wie viel Minuten bringt Ihr es Unterwasser, ohne nach Luft schnappen zu müssen?
Stephen Lang: Im Stillstand so zwischen fünf und sechs Minuten.
Sam Worthington: Bevor man taucht, atmet man etwa 50 Prozent Sauerstoff ein, in normaler Atmosphäre sind es nur 25 Prozent. In den Blutbahnen deines Körpers befindet sich auch noch viel Sauerstoff, und wenn man im Stillstand ist, sich also nicht weiter bewegt, schafft man so viele Minuten. Sigourney Weaver hat auch so lange ausgehalten.
Stephen Lang: Es war das erste Mal, dass sie das tat. Kate Winselt hat es sogar auf sieben Minuten gebracht.
Sam Worthington: Solange man sich nicht bewegt, verbrennt man weniger Sauerstoff. Es ist also in jedem Alter möglich und man muss dafür auch nicht besonders fit sein.
Vielen Dank für das Gespräch!
«Avatar 2» ist im Kino zu sehen.
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