Das vergangenen Fernsehjahr war ein ungewöhnliches Jahr, was nicht nur an der noch immer rollende Nostalgie-Welle liegt, die so manches längst totgeglaubtes TV-Genre wieder aufleben ließ. Auch war die zweite Hälfte des Jahres von der erstmals in den Monaten November und Dezember ausgetragenen Fußball-Weltmeisterschaft geprägt, die das Programm des Privatfernsehens teils deutlich verschob und zudem früher in einen Winterschlaf schickte. Trotz der sportlichen Höhepunkte – neben der WM der Herren übertrugen Das Erste und ZDF im Sommer die überaus erfolgreiche Fußball-EM der Frauen – war das Jahr 2022 für die beiden öffentlich-rechtlichen Sender mit kaum Wachstum verbunden.
Das Erste schloss 2022 mit einem Jahresmarktanteil von 12,2 Prozent, was einem Plus von 0,1 Punkten gegenüber 2021 entspricht. Bei den 14- bis 49-Jährigen verlor man aber eben jenes Zehntel und landete bei 8,0 Prozent. Angesichts der katastrophalen Schwäche des Privatfernsehens bedeutet dies gleichzeitig den dritten Platz in der klassischen Zielgruppe. Das ZDF wiederum darf sich erneut mit 14,5 Prozent beim Gesamtpublikum über die Marktführerschaft freuen. Es ist jedoch ein Verlust von 0,2 Prozentpunkten. Beim jungen Publikum verlor man gar 0,3 Punkte und markierte 7,3 Prozent Marktanteil im Jahresschnitt.
Große Probleme bei ProSieben und Sat.1
Angeklungen sind bereit die Probleme der Privatsender, die vor allem in Unterföhring bei der ProSiebenSat.1-Gruppe eklatant sind. Das Geld fließt derzeit vor allem in den Neubau der Nachrichtenstudios und einer neuen Senderzentrale, weswegen zuletzt am Programm teils arg gespart wurde und häufig nach dem ersten Primetime-Slot Wiederholungen gesendet wurden. Vor allem Sat.1 hat weiterhin mit enttäuschenden Zahlen am Nachmittag und Vorabend zu kämpfen, das Comeback von Britt Hagedorn erwies sich als nicht erfolgreich und «Mein Mann kann» am Vorabend darf als Rohrkrepierer bezeichnet werden. Der Marktanteil von Sat.1 schrumpfte in der Zielgruppe dementsprechend von 7,0 auf 6,6 Prozent. Bei ProSieben gingen sogar noch mehr Punkte abhanden, hier beträgt der Verlust einen halben Prozentpunkt. Die rote Sieben, die sich im September vom Blockbuster am Sonntagabend trennte und dies mit der umgehenden Absetzung von «Local Hero» bezahlte, schrumpfte auf 8,2 Prozent im Jahresschnitt. Auf dem Gesamtmarkt darf Sat.1 auf 5,1 und ProSieben auf 3,3 Prozent blicken. Der dritte große Free-TV-Sender Kabel Eins machte hingegen keinen Verlust: von 4,2 wuchs der Anteil auf 4,3 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Auf dem Gesamtmarkt konnte man den Abwärtstrend aber nicht aufhalten, von 3,2 ging es runter auf 3,0 Prozent.
RTL bleibt Marktführer, aber…
Damit bleibt die Marktführung in der klassischen Zielgruppe in Köln, wenngleich auch hier nicht alles Gold ist, was glänzt. RTL darf sich zwar über Platz eins freuen, rutschte aber erstmals in den einstelligen Bereich und verzeichnete in der Zielgruppe 9,9 Prozent. 2021 lag der Jahresschnitt noch bei 10,1 Prozent. Grund zur Freude gibt aber der Gesamtmarkt, hier ging es für den Kölner Sender rauf auf 7,4 Prozent (2021: 7,2 Prozent).
Ein eher verpöntes, aber durchaus wahres Motto gilt für Schwestersender VOX: Fortschritt durch Konstanz. Wie vor zwölf Monaten stehen auch diesmal wieder 6,7 Prozent im Jahresschnitt zu Buche, was dem Sender mit der roten Kugel den dritten Platz unter den Privatsender beschert. Auf dem Gesamtmarkt verzeichnete VOX 4,7 Prozent – ein leichtes Plus von 0,2 Punkten gegenüber 2021. Auch RTLZWEI konnte bei allen Zuschauern einen hauchzarten Zuwachs auf 2,6 Punkte verzeichnen, doch in der Zielgruppe ging es rapide nach unten. Von den 4,5 Prozent aus dem Vorjahr blieben nur noch 4,1 Prozent übrig. RTLZWEI tut deshalb gerade gut daran neue Programmfarben zu erschließen und mit «Glücksrad», «Genial daneben» und «Promi Game Night» altbekannte Formate neu zu starten.
Ein Blick in die Sparte
Konstant hielt sich auf dem Gesamtmarkt sixx von der ProSiebenSat.1-Gruppe. Mit 0,8 Prozent Marktanteil bei den Zuschauern ab drei Jahren bestätigte man das Ergebnis der vergangenen Jahre, in der Zielgruppe kam der Frauensender auf 1,3 Prozent. Ebenfalls 0,8 Prozent bei allen Sehern kann das männliche Pendant ProSieben Maxx vorweisen, in der Zielgruppe schaffte man sogar 1,8 Prozent. Sat.1 Gold liegt dazwischen und kommt bei den Umworbenen auf 1,5 Prozent, während man auf em Gesamtmarkt auf 2,2 Prozent kommt. Aus dem Hause RTL Deutschland kommt der Männersender Nitro, der in der Zielgruppe im Spartenbereich mit 2,2 Prozent die Rangliste anführt, insgesamt schaffte man 1,9 Prozent. VOXup und RTLup liegen mit 0,6 und 1,4 Prozent in der Zielgruppe deutlich dahinter. Auf dem Gesamtmarkt hat aber RTLup mit 2,2 Prozent die Nase vorn. VOXup muss sich mit 0,5 Prozent begnügen.
Die öffentlich-rechtlichen Spartenprogramme werden beim 14- bis 49-jährigen Publikum von ZDFinfo mit 2,1 Prozent angeführt. Dahinter reiht sich ZDFneo mit 1,9 Prozent. One von der ARD bringt es dagegen nur auf 0,6 Prozent im Jahresschnitt. Beim Gesamtpublikum wiederum gibt ZDFneo mit einem Jahresergebnis von 2,6 Prozent den Ton an. ZDFinfo mit 1,8 und One mit 1,0 Prozent reihen sich dahinter ein.
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