Serientäter

«In aller Freundschaft»: Glück & Trauer zur 1.000. Folge

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Am Dienstag wurden die Fernsehzuschauer der ARD-Krankenhausserie Zeugen, wie zwei Herzen zueinander fanden. Andererseits mussten sich die Zuschauer aber auch von einer Figur trennen.

Deutschen Krankenhausserien wird seit rund vierzig Jahren schon nachgesagt, dass die Qualität suboptimal wäre. Zum Teil mag diese Kritik in den 80er und 90er Jahren gestimmt haben, inzwischen sind die Projekte wie die des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) nicht mehr angestaubt. Im Vordergrund stehen zwar immer noch keine spektakulären Unfälle wie bei «Emergency Room», aber medizinische Fälle rücken neben dem Privatleben der Protagonisten immer mehr in den Mittelpunkt. Blickt man dabei in die Vereinigten Staaten von Amerika, dann stellt man fest, dass dort inzwischen ein ähnliches Bild festgezurrt wurde. Ähnlich wie «In aller Freundschaft» ist auch «Grey’s Anatomy» inzwischen eine Soap geworden.

Man kann sich zu recht beklagen, dass das Liebes-Drama in der Notaufnahme und um den Operationstisch von «In aller Freundschaft» unrealistisch ist, gleichzeitig bedienen sich die amerikanischen Serien immer mehr diesem Schema. Immerhin ist es günstiger, eine Liebesgeschichte zu erzählen, statt einen spektakulären Unfall zu inszenieren. Selbst recht junge Dramen wie «The Good Doctor» haben dieses Muster zum Vorbild genommen, wenngleich ein paar Special Effects mehr zur Verfügung stehen.

Bei der 999. respektive 1.000. Folge von «In aller Freundschaft» findet sich das Krankenhauspersonal in einer schwierigen Situation wieder. Es herrscht großer Andrang, denn mit einer Hitzewelle kommen die Einwohner Leipzigs nicht zurecht. Hier bekommen die Fernsehzuschauer – endlich! – ein Wiedersehen mit Vera Bader (Claudia Wenzel). Die ehemalige Affäre von Dr. Rolf Kaminski (Udo Schenk) erkrankte an Demenz und lebt schon seit Jahren auf einem Bauernhof von Dr. Sylvia Jessel (Esther Esche). Es ist zwar durchaus unrealistisch, dass sich Bader wieder an die früheren Begegnungen mit Kaminski erinnert, aber immerhin handelt es sich hier um eine Jubiläumsfolge. Die Fernsehzuschauer zu Hause können über diesen Punkt deshalb gut hinwegsehen.

„Überhitzt“ erzählt aber auch die durchaus bemerkenswerte Geschichte des zwölfjährigen Luis (Maximilian Brauer), der dringend eine Lebertransplantation benötigt. Sein alleinerziehender Vater Daniel (Sönke Möhring) möchte ihm zwar eine Leber spenden, doch aufgrund seiner HIV-Infektion ist das nicht möglich. In anderen Ländern wurden ähnliche Operationen schon durchgeführt, doch in Deutschland ticken die Mühlen etwas anderes. Auch hier soll der Zuschauer etwas lernen: HIV ist nicht mehr zwangsläufig eine tödliche Krankheit, sofern die Patienten ihre Medikamente einnehmen. Das Team setzt sich für den Jungen ein, wie es schon George Clooney in «Emergency Room» in der fünften Staffel tat: Das System hat Nachrang, wichtig ist der Patient. Aus diesem Grund wird der Plan geschmiedet, dass Luis nach Südafrika geflogen wird. Dort ist diese Operation möglich. Für diese Aktion kommt Achim Kreutzer (Holger Daemgen) zur Stippvisite vorbei, der bis 2007 in der Notaufnahme arbeitete. Die Produzenten haben es geschafft, seine zweite Inkarnation, die die meisten Jahre vor der Kamera stand, für einen Gastauftritt zu verpflichten.

Bevor es schließlich auf die große Reise geht, entführt Ramonas (Maire Zielke) ihren Sohn aus der Sachsenklinik, Dr. Kathrin Globisch (Andrea Kathrin Loewig) kann sich in letzter Sekunde in das Auto der manisch-depressiven Erkrankten hieven. Sie fahren zu einem See, bei dem – es hat wohl jeder kommen sehen – Luis umkippt und Hilfe gerufen wird. Zunächst kommt Dr. Roland Heilmann (Thomas Rühmann) mit seinem Auto angefahren und sieht, wie sich Ramonas Auto überschlägt (man bekommt also doch den typischen Jubiläums-Stunt geliefert). Schnitt, Ende.

Im zweiten Part wird es zwar zunächst etwas hektischer, aber das flacht schon bald wieder ab. Die Ärzte der Sachsenklinik versuchen das Leben von Ramona zu retten. Luis und sein Vater werden für die Transplantation in Deutschland vorbereitet, schließlich haben die Verantwortlichen einen Weg gefunden. Mit einem sogenannten Ringtausch spendet Daniel seine Niere einem anderen HIV-Erkrankten, während eine Kontaktperson des Unbekannten ein nicht infiziertes Organ zur Verfügung stellt.

Während die Pfleger in einem Kühlraum eingeschlossen sind, kommt Heilmann zu Sinnen. Warum soll er seine Freundin Kathrin nicht heiraten – und wann täte es besser passen als bei der 1.000 Folge? Deshalb machen sich die vielen Ärzte, Freunde und Bekannte von Kathrin und Roland auf den Weg zum Strand. Auch der sonst kühle Dr. Rolf Kaminski ist dabei, da er von einem Schicksalsschlag getroffen wurde.

Schließlich befinden sich die Verlobten an einem Ausflugsstrand um Leipzig. Eigentlich wollte das Paar nur mit Dr. Martin Stein (Bernhard Bettermann) sein, doch ein Krankenhaus ist nun einmal ein kleines Dorf: Neben den zahlreichen Angehörigen, verkörpert von Helena Pieske, Karsten Kühn, Anthony Petrifke, Johann Lukas Sickert, sind auch Kollegen wie Arzu Ritter (Arzu Bazman) und Dr. Philipp Brentano (Thomas Koch) dabei.

Es ist eine tolle Rede, die Jochen S. Franken und Klaus Jochmann den Standesbeamter Udo von Wackerstein (Dirk Schoedon) sprechen lassen. Gleichzeitig haben Thomas Berlin und Martin Geerd Meyer für ein entspannte Musik ausgesucht, denn unter der Regie von Daniel Drechsel-Grau wurden zahlreiche tolle Kamerafahrten (Uwe Neumeister) inszeniert und schließlich zahlreiche Highlights seit Beginn der Serie in Montagen zusammengeschnitten. Die Fernsehzuschauer wurden für ihre jahrelange Treue mit einem Jubiläum belohnt, das Lust auf mehr macht.

In der letzten Szene sitzen Dr. Maria Weber (Annett Renneberg) und Dr. Kai Hoffmann (Julian Weigang) in der Sachsenklinik und philosophieren, ehe Leipzig mit einem Gewitter von der Hitzewelle erlöst wird. Ende gut, alles Gut. Bis zur nächsten Woche (in diesem Fall bis zum 22. Februar).

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