„Wir müssen nicht drum herumreden, am Nachmittag sind wir derzeit nicht so erfolgreich“, räumte Sat.1-Sendersprecher Christoph Körfer am Mittwochvormittag bei der Pressekonferenz zur neuen Nachmittagsendestrecke «Volles Haus!» ein. Das ist insofern richtig, wenn man vor allem die Ergebnisse der Talkshow «Britt – der Talk» betrachtet. «Lenßen übernimmt» wiederum erreicht zumeist ein Millionen-Publikum, was dem Senderchef Daniel Rosemann offenbar aber nicht ausreicht. Die Scripted-Realitys mögen zwar ordentliche Marktanteile einfahren, erreichten aber eine immer kleinere Zielgruppe, resümierte Rosemann und begründete damit gleichzeitig den ausgerufenen Paradigmenwechsel am Nachmittag.
Weniger «Britt», mehr «Bunte» und Doku-Soaps
Am Mittwoch betonte er vor allem, dass Sat.1 mit «Volles Haus!», das am 27. Februar um 16:00 Uhr startet, „neue Rituale“ schaffen wolle. Sat.1-Chefredakteurin Juliane Eßling beschrieb die Sendung als Auffangbecken für den Zuschauer in dem Moment, „an dem man nach Hause kommt“. Es soll kein News-Magazin werden, sondern eine Sendung mit kurzweiligen Strecken, die „eskapistisch unterwegs“ seien. Es solle feste Strukturen geben, die aber wie „Puzzleteile“ (Rosemann) zusammengefügt werden. Den Anfang jeder Sendung soll um kurz nach 16:00 Uhr weiterhin Britt Hagedorn mit ihrer Talkshow machen, nachdem das Moderatoren-Duo Jasmin Wagner und Jochen Schropp das Publikum im «Vollen Haus» begrüßt haben. Die vorproduzierte Talkshow in der Live-Sendung werde allerdings etwas gekürzt, wie es am Mittwoch hieß.
Weiterhin soll es auch Umstyling-, Garten- oder Koch-Rubriken geben sowie «Bunte – live», die zweite Sendung in der Sendung. Diese soll um 18:00 Uhr auf Sendung gehen, also nach den um 17:30 Uhr beginnenden Regionalmagazinen, die man durch einen „eleganten Übergang“ einbauen möchte. „Der Zuschauer, der Sat.1 schaut, soll davon gar nichts mitbekommen und für diejenigen, die das Regionalprogramm wählen, wird es keinen abrupten Übergang geben“, erklärte Rosemann. Bunte-Chefredakteurin Stephanie Göttmann-Fuchs stellte auch das Konzept des VIP-Magazins vor, das mit dem Sendeplatz dem etablierten RTL-Pendant «RTL Exclusiv» eine halbe Stunde zuvorkommt. Es werde Interviews, Reportagen und Geschichten über die Schönen und Reichen geben, die von verschiedenen Moderatoren der Burda-Zeitschrift präsentiert werden. Als Gast wünschte sich Göttmann-Fuchs am Ende der Pressekonferenz übrigens Angela Merkel.
Ganz so prominent dürfte es in den anderen Teilen der Sendung aber nicht werden, denn angekündigt wurde auch eine Doku-Soap-Strecke. Bekannt war bereits, dass sich die ehemalige «Germany’s Next Topmodel»-Kandidatin Lieselotte „zur Verfügung stellte“, wie es Juliane Eßling formulierte, und «Volles Haus!» sie bei ihrer Suche nach einem Partner begleitete. Ebenfalls vor der Kamera zu sehen, ist auch der zweimalige «Deutschland sucht den Superstar»-Kandidat Menowin Fröhlich, der während seines Abnehm-Versuchs durch eine Magenverkleinerung begleitet wurde.
Jasmin Wagner und Jochen Schropp als Moderations-Instanzen
Bislang hat Sat.1 nur Jochen Schropp und Jasmin Wagner als Moderatoren angekündigt, die freilich aber auch mal Urlaub machen sollen oder möglicherweise krankheitsbedingt nicht zur Verfügung stehen könnten, wie Daniel Rosemann betonte. Man habe „weitere Moderatoren“ als Ersatz in der Hinterhand, nannte allerdings keine Namen oder einen etwaigen Wechselrhythmus. Schropp und Wagner, die während der Pressekonferenz durch das Studio beziehungsweise Haus führten, in dem es eine Küche, ein Wohnzimmer sowie Wintergarten und Umstylingzimmer vorzufinden ist, gaben ein harmonisches und sympathisches Duo ab, das sich auch noch während der Sendungen besser kennen lernen soll – also ganz so wie der Zuschauer. Ob drei Stunden Live-Fernsehen fünf Tage pro Woche für nur zwei Personen im Dauereinsatz stemmbar sein werden, wird sich aber wohl noch zeigen müssen, was die Frage aufwirft, wie viel live steckt wirklich in «Volles Haus!». Rosemann betonte, dass alles live eingespielt werde und strebte den Vergleich zur «Tagesschau» an, die vorwiegend aus MAZ-Beiträgen bestehe. Das Pensum für Wagner und Schropp ist selbstredend ungleich höher.
Da nur schwer mit Angela Merkel, Barack Obama oder Michael Bublé, so die Wunschgäste von Göttmann-Fuchs, Rosemann und Schropp, als Gäste zu rechnen ist, gab man rund zwei Wochen vor Sendestart schon erste Einblicke in die Liste der zu erwartenden Hausbesucher. Angekündigt wurden Simone Thomalla, Hardy Krüger jr., Bruce Darnell, der laut Jochen Schropp „irgendwas mit Mode“ machen werde, sowie Angelina Kirsch, die für den Showneustart «The Sweet Taste» trommeln wird. Schropp könne sich aber auch vorstellen, „dass wir auch Alltagshelden begrüßen werden“.
Man darf gespannt sein, wie Sat.1 «Volles Haus!» mit Leben füllen wird. Wagner versprach, dass man frei und in Bewegung moderieren werde, was angesichts spontan angekündigter Kameraschwenks, um den Winter vor dem Fenster einzufangen, am Mittwoch eher schief ging. Quotendruck macht Rosemann der Sendung zunächst nicht, schließlich dauere es eine Zeit, bis man Rituale und festgefahrene Sehgewohnheiten ändere. Es bleibt zu hoffen, dass weder Sat.1 noch dem Moderatoren-Duo die Luft ausgeht und es nicht den nächsten Paradigmenwechsel benötigt.
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