Hingeschaut

«Das 1% Quiz»: Ein gutes Konzept wird ausgebremst

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Am Mittwoch startete die Adaption des britischen Formates «The 1% Club». Sat.1 machte aus dem Originalkonzept eine recht träge Fernsehshow.

Zahlreiche Entwickler von internationalen Fernsehshows sind recht offen, was die Adaption des Formates angeht. So lief «Das Glücksrad» schon beim damaligen Call-in-Fernsehsender 9live und Produktionen wie «Pop Idol» durften regelrecht von Staffel zu Staffel auf nationaler Ebene frischen Wind bekommen. Anders sieht es hingegen bei den Entwicklern von «Wer wird Millionär?» aus, die lange Zeit keine Änderungen am Konzept zuließen und erst nach Jahren ein paar Schritte auf die Produzenten der hiesigen Version zugingen.

Für die deutsche Version von «The 1% Club» war bereits mit Blick auf die Sendezeit klar, dass es sich um eine aufgeblähte Version handeln würde. Während die Briten mit der einstündigen Show gute drei Millionen Zuschauer anzogen, erreichte Sat.1 mit seiner zweistündigen Version ein kleineres Publikum. Sat.1 ist eben nicht das britische ITV, das an einem Samstagabend mehr als nur eine Sendung zu bieten hat.

Das lange angekündigte «Das 1% Quiz» setzt vor allem das Studio in den Mittelpunkt. Während der Zuschauer sich bei Günther Jauch durch das stimmungsvolle Licht wie im französischen Restaurant fühlt, kommt man sich bei der Umsetzung der BBC Studios wie in der Diskothek vor. Das Studio, in dem 100 Teilnehmer und zwei Prominente – in der ersten Ausgabe «Fernsehgarten»-Moderatorin Andrea Kiewel und Pierre M. Krause – sitzen, spielt eine viel zu dominante Rolle. So wird nach jeder Frage eine große Lichtshow vollführt und auf der LED-Wand das Ergebnis des Jackpots summiert – selbst wenn nach der ersten Frage 16 Teilnehmer rausfliegen und somit ihr Startkapital von 1.000 Euro automatisch in den Jackpot wandern. Wohl 100 Prozent der Deutschen hat erahnen können, dass es nach der ersten Frage 16.000 Euro zu gewinnen gibt. Apropos Rate-Wand: Beim ersten Spiel musste man auf drei Fotos ein falsches Detail erraten. Wer sich kein HD-Fernsehen leisten will, hat hier unmöglich Chancen, mitzuraten. Die Bilder sind oftmals einfach für den Zuschauer zu klein. Leider wurden die Bilderrätsel auch nicht immer die vollen 30 Sekunden der gegeben Antwortdauer eingeblendet. Zeitweise wurde auch wieder weggeschnitten.

Die Spielregeln sind dafür einfach: 100 Personen müssen zahlreiche Runden überstehen, die beispielsweise 90 Prozent der Deutschen richtig beantwortet hatten. Dabei gibt es zahlreiche Wissens- oder IQ-Tests zu lösen. Wer falsch liegt, dessen 1.000 Euro Startkapital wandern in den Jackpot. Mit Hilfe von zwei Jokern (500 Euro) kann man Fragen überspringen, verliert allerdings auch Geld. Gegen Ende des Spiels können die Teilnehmer mit ihrem geringen Geldbetrag vorzeitig aussteigen. So weit, so gut. Aber wirklich abwechslungsreich ist der Spielmodi nicht.

Schlimmer noch: Man merkt der Sendung richtig an, dass die Produzenten selbst bei sehr einfachen Fragen Zeit schinden wollen. Beispiel: Ein Orchester spielt mit 20 Mitgliedern ein Lied in 70 Minuten, wie lange benötigt dieses mit 40 Musikern? Statt die Auflösung zu präsentieren, wird ein Gespräch mit einem Teilnehmer begonnen und im Anschluss das Gespräch mit Andrea Kiewel gesucht, die die Lösung mitteilen soll. Die außer Konkurrenz spielende Moderatorin erläutert diese Logik-Frage und erklärt ausführlich, dass es keine Rolle spiele, wie groß ein Orchester ist. Dann schreitet Pilawa zur Wand – und zack – das Ergebnis mit 70 Minuten wird eingeblendet. Der Moderator kann es nicht lassen: „Weil es völlig egal ist, wie groß das Orchester ist.“ Einmal die Antwort zu nennen hätte auch gereicht.

Bei anderen Fragen, wie „Welches Gericht kann ein Veganer guten Gewissens bestellen?“ wird ähnlich gearbeitet: Dort kommen noch Einspielfilme dazu, genau, man möchte nämlich möglichst viel Zeit schinden. Doch wirklich souverän gelingt das Jörg Pilawa nicht. Er prahlt zwar Mal in der Show damit, dass er bereits über 3.000 Quizshows moderierte, ist aber eben doch kein Günther Jauch, der mit «Wer wird Millionär?» seit Jahren ein Millionenpublikum unterhält. Pilawa versucht immer mal wieder kurze Gespräche mit einzelnen Gästen zu führen, das wirkt aber meist wie ein kurzer Höflichkeitsaustausch.

«Das 1% Quiz» ist auch mit der Joyn Me-App spielbar. Aber das wirkt auch sonderbar, wenn der Moderator gleich zwei Mal darauf hinweist, dass die Mitspieler doch lieber auf den Fernsehscreen schauen sollten, da die Bilder vermutlich schwer zu erkennen sein werden.

Im Finale, das vier Kandidaten bestreiten, steigt eine Teilnehmern für 2.500 Euro Trostpreis aus, obwohl am Anfang der Sendung noch 10.000 Euro angepriesen wurden. Das wirkt maximal unglücklich, da eben nicht erwähnt wurde, dass man die Aussteigersumme unter den Finalisten aufteilen würde. Etwas seltsam ist auch, dass es einen Zeitpunkt, in der Sendung gibt, an dem die Kandidaten mit ihrem Startkapital aussteigen können. Es gab jedoch zu Beginn keine Übersicht, wann dies der Fall sein würde. So erschien dieser plötzliche Kniff etwas willkürlich. So gewinnt nur derjenige für eine Primetime-Show angemessen viel Geld, der schlauer ist als 95 Prozent – nämlich 10.000 Euro und selbst die sind bekanntlich nicht garantiert. Für den Hauptgewinn musste man übrigens dieses Rätsel lösen: „Was ist die logische Reihenfolge in diesen Begriffen? Schnuller, Schweinskopf, Zweifler und Badreiniger“. Also Schnuller, Schweinskopf, Zweifler und Badreiniger. Marius erkennt diesen Zusammenhang und nimmt 98.000 Euro mit nach Hause.

«Das 1% Quiz» läuft mittwochs in Sat.1 und kann bei Joyn abgerufen werden.

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