Die Regie übernahm Till Endemann, der gemeinsam mit Paul Salisbury die Bücher schrieb. Wie fiel die Wahl auf die beiden?
Gudula von Eysmondt: Bereits beim ersten Teil «Im Schatten der Angst» hat Till Endemann die Regie übernommen - eine wunderbare Zusammenarbeit mit erfolgreichen Ergebnissen: Julia Koschitz wurde beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen mit dem Preis für Schauspielkunst ausgezeichnet und das ZDF hat sich entschlossen, den Stoff als Thrillerreihe fortzusetzen. Über die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Till Endemann sind wir also sehr glücklich. Während der erste Teil und das Konzept von Rebekka Reuber und Marie-Theres Thill verfasst wurde, hatte bei Teil 2 Till Endemann den Wunsch, diesen mit dem ebenfalls preisgekrönten Autor Paul Salisbury zu schreiben, der hier bereits spannende Einblicke in diese Autorenarbeit bietet.
«Im Schatten der Angst – Du sollst nicht lügen» war bereits vor knapp zwei Monaten beim ORF zu sehen. Wie gut waren die Einschaltquoten?
Gudula von Eysmondt: Unsere Partner vom ORF und auch wir sind sehr zufrieden mit den Quoten, weil eine Steigerung in der Zuschauerzahl und im Marktanteil im Vergleich zur ersten Folge generiert werden konnte. Sehr gespannt sind wir daher, wie sich das Projekt am 17. April im ZDF und vorab in der ZDFmediathek behaupten wird.
Exportieren Sie Ihre Filme auch zu unterschiedlichen Streamingdiensten? Mir ist aufgefallen, dass Disney+ ein paar deutsche Reihen gekauft hat.
Gudula von Eysmondt: Wir sind mit verscheidenden Streamingdiensten zu einer Vielzahl von Projekten in der Anbahnung. Erfahrungen mit Netflix konnten wir bereits mit unserem Kinofilm «Das schaurige Haus» (2021) und ganz aktuell mit «Totenfrau» machen. Die Serie mit Anna Maria Mühe war international zu Beginn dieses Jahres ein großer Erfolg und schaffte es laut FlixPatrol in über 60 Ländern in die Top Ten! An einer Fortsetzung arbeiten wir bereits.
Vor drei Jahren produzierten Sie für ZDFneo und den ORF «Am Anschlag – Die Macht der Kränkung». Im Mai wird «Am Ende – Die Macht der Kränkung» in die ZDmediathek kommen und in ZDFneo ausgestrahlt. Was unterscheidet die beiden Staffeln?
Gudula von Eysmondt: «Die Macht der Kränkung» ist eine Anthologie-Serie. Sowohl der Cast als auch das Setting sind bei «Am Ende» (Regie: Daniel Prochaska) komplett anders als bei «Am Anschlag» (Regie: Umut Dag). Gemeinsam haben beide Staffeln, dass sie durch den internationalen Sachbuchbestseller «Die Macht der Kränkung» des renommierten Psychiaters Prof. Dr. Reinhard Haller inspiriert sind. Inhaltlich geht es also wieder um zwischenmenschliche Kränkungen und unseren Umgang damit. Auch der Struktur, in jeder Episode eine Figur in den Fokus zu rücken, um ein Gesamtbild zu erstellen, sind wir treu geblieben. Neu und spannend ist, dass wir die Hauptfiguren doppelt besetzt haben, um die fast 30 Jahre, die wir bespielen, glaubwürdig inszenieren zu können. Das jüngere Ich von Golo Euler spielt beispielsweise Philipp Froissant («Die Kaiserin»). Agnes Pluch ist wie in Staffel 1 Creator und Autorin der Episode 1, die weiteren Bücher verfassten Rebekka Reuber und Marie-Theres Thill. Dieses Mal geht es um einen kleineren Kosmos, um die Familie. Auf einer Trauerfeier der zu früh verstorbenen Hauptfigur (Golo Euler) liegen die Nerven blank – Kränkungen und Wunden brechen auf. Wir zeigen Ausschnitte aus seinem Leben, gehen weit in seine Vergangenheit zurück. Somit ergibt sich aus einzelnen Puzzlesteinen ein Gesamtbild, das letztlich eine Antwort darauf geben soll, wie er zu dem Menschen geworden ist, der er am Ende war. «Am Ende» ist ab 5. Mai in der ZDFmediathek und am 17. und 24. Mai in ZDFneo zu sehen.
Welche Projekte möchten Sie in den kommenden 24 Monaten umsetzen?
Gudula von Eysmondt: Für den Sommer planen wir die TV-Verfilmung des Bestsellers «Ewig Dein» von Daniel Glattauer in Wien. Außerdem haben wir zwei Kinofilme in der Vorbereitung, die Fortsetzung der Culture-Clash-Komödie von Eva Spreitzhofer: «Womit haben wir das verdient». Vergangene Woche haben wir einen Kärntner Landkrimi für ZDF/ORF abgedreht und noch im Dreh befindet sich ein hochkarätig besetzter ARD/ORF-Weihnachtsfilm. Zudem geht das ORF/ARD-Erfolgsformat «Blind ermittelt» mit Philipp Hochmair und Andreas Guenther in die Fortsetzung. Voller Zuversicht arbeiten wir bereits an einer dritten Staffel «Die Macht der Kränkung» mit einem erfahrenen Autor*innenteam, weiterhin mit der wertvollen Unterstützung von Prof. Haller und dem Zukunftsforscher Tristan Horx. Es bleibt spannend! Projektideen haben wir viele und es ist auch immer ein bisschen Zukunftsmusik dabei.
Zurück zu «Im Schatten der Angst»; Da haben Sie uns aber einen spannenden Thriller mitgebracht! In «Im Schatten der Angst – Du sollst nicht lügen» gesteht eine chronische Lügnerin den Mord an ihrem Psychologen. Da steckt doch mehr dahinter?
Paul Salisbury: Durchaus. Es gibt eine Vorgeschichte zwischen Dr. Karla Eckhardt (Julia Koschitz) und der geständigen Mörderin Anna Lobrecht (Mercedes Müller): Vor zwei Jahren hatte Karla bei Anna das Borderline-Syndrom mit „Pseudologia Phantastica“, also zwanghaftes Lügen, diagnostiziert. Anna hatte damals behauptet, von ihrem Psychologen angegriffen worden zu sein. Der wollte sie - nach Annas Schilderungen - töten. Karlas Eckhardts Beurteilung von Annas „Wahrheitsproblem“ hat dazu geführt, dass der Psychologe damals freigesprochen wurde. Nun stellt sich die Frage, ob Annas Mordgeständnis eine weitere Lüge ist, oder sie sich wirklich an ihm gerächt hat, wie sie behauptet.
Die Hauptkommissarin Irene Radek (Susi Stach) glaubt der jungen Frau nicht. Wie werden die Zweifel gesät?
Paul Salisbury: Abgesehen von Annas Akte, die der Kommissarin vorliegt und in der Karla Eckhardts Einschätzung Anna als zwanghafte Lügnerin „outet“, widerspricht Annas Behauptung einen Mord begangen zu haben, dass sie keinerlei Blutspuren oder Spuren einer Auseinandersetzung an sich trägt. Zudem wurde ihr Handy zum Tatzeitpunkt weit entfernt vom Tatort geortet.
Können Sie uns verraten, wie die Vorbereitungen auf diesen Thriller aussahen? Haben Sie zu diesem Thema recherchiert bzw. recherchieren lassen?
Paul Salisbury: Es gab mehrere Gespräche mit einer forensischen Psychiaterin. Außerdem viel Lektüre zum Phänomen der „Pseudologia Phantastica“, dem krankhaften Lügen. Das ist kein eigenes psychiatrisches Krankheitsbild, sondern tes ritt als Symptom in Verbindung mit anderen psychischen Störungen auf, meist mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung.
Kommissarin Radek glaubt, dass Anna Lobrecht den Täter decken möchte. Warum könnte dies der Fall sein?
Paul Salisbury: Wie Dr. Karla Eckhardt herausfindet, hatte Anna während ihres längeren Aufenthalts in der psychiatrischen Klinik eine Beziehung zu dem Pfleger Martin Heller (Thomas Schubert), der wegen schwerer Körperverletzung verurteilt wurde, mittlerweile aber wieder frei ist. Kommissarin Radek glaubt, dass Anna Martin Heller von dem angeblichen Mordversuch ihres Psychologen erzählt hat und Martin diesen aus Liebe zu Anna umgebracht haben könnte. Dafür spricht unter anderem, dass die Funkzellenauswertung Martins Handy am Tatort zum Zeitpunkt der Tat geortet hat, sowie weitere Indizien, die während der Ermittlungen auftauchen.
Im Mittelpunkt der Reihe steht die forensische Psychiaterin Dr. Karla Eckardt. Sie möchte aus Anna herauskitzeln, ob diese lügt. Wie schafft man so etwas?
Paul Salisbury: Im Unterschied zur Wahnvorstellung sind sich Pseudologen ihrer eigenen Lügen durchaus bewusst, wenn man sie damit konfrontiert. Dabei muss Karla allerdings behutsam vorgehen. Sie kann Anna nicht einfach bloßstellen. Sie muss sich vorarbeiten zur Ursache der Lüge: Warum behauptet Anna, den Mann getötet zu haben? Der Grund liegt in Annas Vergangenheit, wie die Zuschauer*innen im Laufe des Films erfahren. Damit Anna ihren Zwang, aus Schutzreflex zur Lüge zu greifen, ablegt, muss Karla ihr Vertrauen gewinnen – was nach der gemeinsamen Vorgeschichte schwer ist.
Vielen Dank für Ihre Zeit!
«Im Schatten der Angst – Du sollst nicht lügen» wird am Montag, den 17. April fortgesetzt.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel