Eines sei vorweggenommen: Die ProSieben-Formate «The Masked Singer» und «Germany’s Next Topmodel» fahren nach wie vor sehr starke Werte ein und gehören zu den erfolgreichsten Formaten in der klassischen Zielgruppe im deutschen Fernsehen. Nun das Aber: Die Glanzzeiten liegen in der Vergangenheit. «The Masked Singer» erblickte die deutsche Fernsehbühne im Sommer 2019 und wurde auf Anhieb zu Hit. Das Finale verfolgten weit mehr als vier Millionen Zuschauer, der Marktanteil lag bei exorbitanten 38,5 Prozent – kein anderes ProSieben-Format kam seitdem auch nur in die Nähe dieses Niveaus. Inzwischen kämpft die Masken-Show mit Matthias Opdenhövel um die Hürde der zwei Millionen Zuschauer.
In der zweiten Sendung unterbot man diese mit 1,97 Millionen Menschen, in den vergangenen beiden Wochen lag man mit 2,08 und 2,02 Millionen knapp darüber. Keine einzige Ausgabe holte mehr als 20 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen, der Staffelbestwert liegt aktuell bei 18,7 Prozent vom vergangenen Samstag, als Anna Loos unter dem Kostüm des Seepferdchens enthüllt wurde. Bislang ist es mit einem durchschnittlichen Marktanteil von 17,7 Prozent die schwächste Staffel. Möglicherweise liegt dies an einer Übersättigung des Publikums, schließlich ist es bereits die achte Staffel in weniger als vier Jahren.
Durchaus bedenklich ist vor allem die Reichweiten-Entwicklung beim jungen Publikum. Keine einzige Sendung schaffte es in diesem Jahr mehr als eine Million werberelevante Zuschauer einzusammeln. Das ist in der Historie der Sendung nur zweimal passiert, nun also vier weitere Male. Sicherlich, das Sehverhalten hat sich selbst in dieser kurzen Betrachtungsphase von nur rund vier Jahren gewandelt und zwischendrin lag auch eine Pandemie, die die Menschen zu Hause aufs Sofa zwang, was die stete Rückläufigkeit der Zuschauerzahlen erklären könnte, doch der Quoten-Kuchen bleibt mit 100 Prozent immer der gleiche. Im Vergleich zum vergangenen Frühjahr verlor die aktuelle Staffel dennoch mehr als einen Prozentpunkt, im Vergleich zur Herbststaffel sogar 1,5 Prozentpunkte.
Während sich «The Masked Singer» trotzdem eines über zwei-millionenköpfigen Publikums erfreuen kann, ist die Entwicklung eines anderen ProSieben-Leuchtturms in diesem Jahr sogar noch drastisch rückläufiger. «Germany’s Next Topmodel» wurde zuletzt mit reichlich Kritik überschüttet, am Konzept der Sendung wollte Showgesicht Heidi Klum dennoch nichts ändern und sah sich keiner Schuld bewusst. Die Rechnung muss sie aktuell mit Blick auf die Zahlen ausbaden. Keine der bislang zehn Shows erreichte mehr als zwei Millionen Zuschauer. Die Werte in der Zielgruppe befinden sich seit der Umstyling-Folge Mitte März im Abwärtstrend. Am vergangenen Donnerstag schaffte es die rote Sieben mit 0,83 Millionen 14- bis 49-Jährigen nur noch auf 16,2 Prozent. Auch hier gilt: Meckern auf hohem Niveau. Gerade für ProSieben sind das noch immer sehr gute Werte, doch im Vergleich zur vergangenen «GNTM»-Staffel ein deutlicher Rückschritt. 2022 blieb unterbot man in den ersten zehn Ausgaben nur zweimal die 20-Prozent-Marke. Mit dem Umstyling brachte es Klum sogar auf 26,5 Prozent. Aus Quotensicht sollte die 17. Staffel die beste «Topmodel»-Staffel aller Zeiten werden.
Das kaschierte vor allem eines: die rückläufigen Reichweiten. Im Vergleich zum Jahr 2021 verlor man 400.000 Zuschauer, im Jahr vor der Corona-Pandemie holte man immerhin noch 2,23 Millionen. Aktuell steht die 18. Staffel bei einer durchschnittlichen Reichweite von 1,74 Millionen – Tendenz fallend. Aus der Zielgruppe stammen im Schnitt eine Million Menschen, was aber vor allem daran liegt, dass die Staffel in fünf von sechs Fällen mit Werten oberhalb der Millionen-Marke begann. Im Moment befindet man sich im Sinkflug.
Von einem Sturzflug lässt sich vor allem dann sprechen, wenn man die Werte von vor der Corona-Pandemie zum Vergleich heranzieht. 2019 wurden bis zu 1,91 Millionen werberelevante Zuschauer gemessen. Im Schnitt kam eine Reichweite von 1,56 Millionen zustande. In den ersten beiden Corona-Jahren lag der Wert bei jeweils 1,62 Millionen. Die Kritik offenbarte somit nicht nur Unstimmigkeiten bei der Produktion, sondern ließ offenbar auch viele Menschen an der Model-Castingshow zweifeln. Inwieweit sich das Schauen der vorproduzierten Sendung in den Streamingbereich zu Joyn verlagert hat, ist nicht bekannt. Doch selbst bei einer Live-Show am Samstagabend ist ein signifikanter Zuschauerverlust für die ProSieben-Schlachtrösser zu erkennen. Vor allem bei «The Masked Singer» ist die Frage nach neuen Impulsen erlaubt, zahlreiche Beispiele bietet das Ausland, wo die Sendung nicht immer als Liveshow produziert wird und mehr Abwechslung verspricht.
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