Die Kritiker

«Mord in Mittsommer – Angelica»

von

Könnte ein Einbrecher möglicherweise Hinweise auf den Aufenthalt einer verschwundenen Frau geben, von der angenommen wird, dass sie von ihrem Ehemann ermordet worden ist? Um diese Frage geht es im ersten Spielfilm der achten Staffel von «Mord in Mittsommer».

Stab

Schweden/Norwegen/Deutschland 2022
Regie: Matthias Ohlsson
Drehbuc: Sara Heldt, Johan Widerberg
Schnitt: Frederik Alneng
Herstellungsleitung: Jenny Garpö
Musik: Frederik Emilson
Besetzung: Aleandra Rapaport, Nicolai Cleve Broch, Gustaf Hammersten, Johan Widerberg, Anton Lundqvist, Svne Ahlström, Louise Ryme, Stefan Gödicke, Shirin Golchin
Der erste Fall dieser Staffel macht es Neueinsteigern schwer, den vielen Irrungen / Wirrungen der Hauptfiguren zu folgen, die sich primär um die Beziehung der Staatsanwältin Nora Linde zu Kommissar Alexander Forsman drehen. Möglich, dass Langzeitzuschauer der Serie diese verkrampfte Beziehungsgeflecht tatsächlich mitreißt, weil damit frühere Handlungsstränge wieder aufgenommen werden. Vielleicht aber interessiert sich die Zuschauerschaft gar nicht so sehr für das Gefühlsleben der Hauptfiguren, sondern möchte einfach einen knackigen Kriminalfall zu sehen bekommen, der jedoch Opfer eines schlappen Drehbuches wird.

Dabei ist die Ausgangssituation gar nicht schlecht. Forsman und sein Kollege Bengt-Olof Stenmark verhaften den Dieb Sylvester. Dieser Sylvester sieht sich selbst als einen Gentleman-Dieb, der nie Gewalt anwenden oder gar arme Menschen bestehlen würde. Sylvester hat kein Interesse mit den Polizisten zu reden, die nicht nur ein paar Indizien vorlegen, die Sylvester überführen können. Die Beweise sind erdrückend. Der Dieb weiß das, daher will er nur mit der Staatsanwältin sprechen. Nora Linde lässt sich widerwillig auf das Gespräch ein und steht schon kurz davor, dieses wieder abzubrechen, als sie das Gefühl überkommt, dass sich dieser Sylvester einfach nur wichtig machen will. Doch dann fällt der Name Angelica Strandberg. Die war eine Nachbarin von Bengt-Olof (und tauchte als solche auch in einer vorangegangenen Folge auf). Und Bengt-Olof betrachtete sie nicht nur als Nachbarin. Angelica ist verschwunden und ihr Ehemann hat bereits vor Gericht gestanden – wegen Mordes. Doch wo es keine Leiche gibt, steht eine Anklage auf wackeligen Füßen. So ist der Gatte nach Hause gegangen und der Fall wurde abgeschlossen. Sylvester jedoch besitzt Fotos, die den Fall in ein neues Licht setzen. Fotos, deren Echtheit er auch beweisen kann, da er eine Festplatte mit besagten Bildern besitzt, die er aber nur rausrückt, wenn dafür seine Kooperation auch gewürdigt wird.

Und dann - wird Angelicas Leiche entdeckt.

«Mord in Mittsommer – Angelica» ist ziemlich verquast. Nora Linde etwa verhält sich wie eine Amateurin. Statt ihre erste Spur (Sylvester gibt ihr einen Schlüssel, der sie direkt in sein Versteck führt) mit ihren Kollegen zu teilen, da muss sie natürlich erst einmal selbst nach dem rechten schauen. Warum? Weil das Drehbuch das so will. Dann wird wieder geredet, Sylvester darf sich als Extrentiker aufführen, man redet schon wieder und schon ist eine Stunde Spielzeit vorüber. Jede Episode einer x-beliebigen Vorabend-Soko hätte diese Geschichte bereits im ersten Akt ihrer 45 Minuten durchgespielt.

Nach ziemlich exakt einer Stunde Spielzeit bemerkt die Inszenierung dann von einem Moment auf dem anderen, dass es ihr offenbar an Handlung fehlt – und lässt es ordentlich krachen. Sollte die Geschichte im letzten Augenblick doch noch zu sich selbst gefunden haben? Nicht wirklich, zu diesem Zeitpunkt ist klar, wer der Mörder ist, weshalb er gemordet hat, sämtliche Fakten liegen auf dem Tisch. Die Umwege, die die Story jetzt nimmt, dienen alleine einem einzigen Zweck: 30 verbleibende Minuten mit Spielzeit zu füllen.

Ein schlechtes Drehbuch, eine arhythmische Inszenierung und viel Blabla, «Mord in Mittsommer – Angelica» ist der Auftakt zu einer neuen Staffel der Spielfilmreihe, der so gar nicht Lust auf mehr macht.

Am Sonntag, 14. Mai 2023, 22.15 Uhr im ZDF

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