Stab
Regie: Detlev Buck, Cüneyt KayaDrehbücher: Detlev Buck, Cüneyt Kaya, Constantin Lieb, Seraina Nyikos
Executíve Producers: Quirin Berg, Detlev Buck, Cüneyt Kaya, Anke Greifeneder, Hannes Heyelmann, Angélique Kommer, Kida Khodr Ramadan, Max Wiedemann
Darsteller: Kida Khodr Ramadan, Detlev Buck, Frederick Lau, Marc Hosemann, Marwan Naji, Tanju Bilir, Anne Ratte-Polle, Katrin Bauerfeind, Britta Hammelstein
Das Konzept von «German Genius» ist also nicht ganz neu. Das titelgebende Genie ist Kida Khodr Ramadan. Kida ist ein Star. Schon der Anfang der Serie lässt daran keinen Zweifel aufkommen. Kida schreitet über den Roten Teppich zum Start der dritten Staffel von «4 Blocks». Der Vorspann der Serie zeigt Bilder aus seinem Leben. Von dem kleinen Jungen, der mit der Familie aus dem Libanon floh, der in einer Plattenbausiedlung in Berlin aufwuchs und dem nicht die große Zukunft vorausbestimmt schien. Doch hier, auf dem Roten Teppich, ist all das Vergangenheit.
Schnitt. Kidas Karriere verläuft seit dem Ende von «4 Blocks» eher schleppend. Sogar seine Kinder machen sich schon über ihn lustig. Und dann schickt ihn seine Agentin zu einem Casting für irgendeine Serie – in der er einen Sklaven mit dem Namen Nummer Fünf darstellen soll? Na klasse, er, der Star der «4 Blocks», ist also schon bei den Rollen ohne Namen angekommen. Kida versaut das Casting auf ganzer Ebene. Allerdings wäre es keine schlechte Idee gewesen, vorher einmal den Roman zu lesen, auf dem die Serie beruht. Der Titel des Romans? „Sklave No. 5“. Und der war ein Bestseller, der nun in Babelsberg als richtig fette, internationale Serie verfilmt werden soll. Allerdings ohne Kida Khodr Ramadan. Denn der bekommt keine zweite Chance.
Oder vielleicht doch?
Es ist ein Tweet, der eben diese Chance bietet. Ricky Gervais twittert, er habe gerade «4 Blocks» geschaut und er sei einfach nur noch begeistert! Der Tweet schlägt Wellen und Kida wittert eine Möglichkeit. Okay, er muss erst einmal diesen Ricky Gervais googeln, denn er hat noch nie von diesem Briten gehört. Als er jedoch liest, dass der einen Emmy gewonnen hat, ist ihm klar: Der Mann kann was. Kida nutzt die Gunst der Stunde und trifft sich mit Ricky Gervais, der ihm tatsächlich die Rechte eines deutschen Remakes seiner Serie «Extras» überträgt. Aus dem Schauspieler Kida Khodr Ramadan wird über Nacht der Produzent, der jedoch vor einem Problem steht: Wie produziert man eigentlich bewegte Bilder?
«German Genius» ist eine Serie, die Laune macht. Natürlich geht Kida Khodr Ramadan bei der Darstellung seines fiktiven Ichs in vielen Belangen auf Nummer Sicher. Der Kida der Serie ist ein sympathischer Chaot. Er ist kein Slapstick-Komödiant, er ist auch nicht laut. Er ist einfach ein Typ, der eine Chance sieht – aber eigentlich keine Ahnung hat und leider auch dazu neigt, nicht denen zuzuhören, die es gut mit ihm meinen – etwa auf Detlev Buck, der auch gerade ein Karrieretief erlebt und Kida nur zu gerne bei der Serie zur Seite stehen würde. Als erfahrener Produzent und Regisseur ist er eigentlich eine Idealbesetzung (eine Rolle, die er bei dieser Produktion übrigens höchst real ausgeübt hat). Doch da es zu kleineren Fehltritten des Hauptdarstellers Kida kommt, braucht der bald einen neuen Regisseur und so holt er etwa Tom Schilling, der zwar noch nie Regie geführt hat, sich aber als verkanntes Genie betrachtet - und sich am Set auch so aufführt.
Die realen Produzenten von «German Genius» sind Quirin Berg und Max Wiedemann, auch bekannt als Geschäftsführer der Leonine Holding GmbH und damit so etwas wie die Grauen Eminenzen der deutschen Filmproduktion. Jenseits der Branche sind die beiden bekannt geworden als Produzenten von «Dark», «Der Pass», «Who Am I» und natürlich «4 Blocks». Wenn ihre Namen auf einer Produktion stehen und sie ihre privaten Telefonbücher durchblättern, dann kommen auch mal Namen wie Leander Haußmann, Wim Wenders oder Volker Schlöndorff auf einen kleinen Dreh vorbei. Oder auch ein Ricky Gervais, der sicher noch ein paar Pfund daran verdient, dass seine alte Serie «Extras» hier noch einmal eine Rolle spielt.
«Extras» ist in Deutschland nie über einen Geheimtipp hinausgekommen. Zwischen 2005 und 2007 entstanden 13 Episoden der Serie, in der Ricky Gervais einen Statisten / Nebendarsteller an Filmsets darstellt. Gervais gelang es für die erste Staffel unter anderem Ben Stiller, Samuel L. Jackson und Patrick Stewart als Gaststars zu gewinnen, die – ganz genau – fiktionalisierte Charaktere ihrer selbst darstellen (und nicht immer sympathisch agieren). In jeder Episode geht es also um den Dreh eines Spielfilmes, den wir, die Zuschauerinnen und Zuschauer, aus der Perspektive dieses Statisten erleben. Gervais, der auch «The Office» (das britische Original) entwickelt hat, stellt in «Extras» aber nicht sich selbst beziehungsweise eine fikionalisierte Version seiner selbst dar. Was bedeutet, dass «German Genius» eine Art Doppel-Meta-Ebene der Erzählung erschafft. Kida Khodr Ramadan stellt Kida Khodr Ramadan dar, der in einer deutschen Version von «Extras» einen Statisten darstellen will, dessen Erlebnisse an Filmsets im Mittelpunkt der Handlung stehen, an denen wiederum Künstlerinnen und Künstler agieren, die sich selbst darstellen. Herrlich!
Jede Episode der Serie berichtet von neuen Produktionsschritten des fiktiven Serienprojektes, sodass die Handlung von Episode zu Episode nicht einfach nur variiert wird, sondern das Geschehen tatsächlich auf einen Höhepunkt zusteuert. Das alles macht extremst Laune. Und dass Kida Khodr Ramadan gerade ein Karrieretief erlebt, ist bestimmt nur eine Erfindung der Autorinnen und Autoren dieser Serie. Ganz bestimmt.
Die ersten beiden Folgen: Am Dienstag, 23. Mai 2023, 20:15 Uhr auf Warner TV Comedy
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