Seit dem 27. Februar 2023 sendet der Fernsehsender Sat.1 die Nachmittagsshow «Volles Haus! Sat.1 Live» über die Bildschirme, die seit Sendestart einen schweren Stand hat. Das 180-minütige Format ist eine Show zwischen langen Einspielfilmen, einer Talkshow, Spotlights und vielen (mal mehr, mal weniger) Prominenten. Trotz der Abwechslung ist die Sendung ist nicht sehenswert, denn inhaltlich ist die Wundertüte von Sat.1 eine unordentliche Wohnung, in der die Gäste (also wir Zuschauer) mit zu vielen Themen beglückt werden sollen. Die langen Einspielfilme ersticken jedes Gespräch, das ist ungefähr so schön, als wenn man sich beim Essen ein „lustiges“ dreiminütiges Minions-Video anschauen muss.
Die Zeichen bei Sat.1 stehen auf Ungewöhnlichkeit: Schon vor 15 Jahren haben die Macher von «SAM» ihre nur einstündige Sendung mit zahlreichen «We are Family!»-Reportagen so aufgeblasen, dass die Zuschauer wegblieben. Für Sat.1- und ProSieben-Chef Daniel Rosemann sind diese Zeiten zu lange her, um sich daran zu erinnern. Es wird schon seine Gründe haben, warum RTL bei «Punkt 12» keine ewig langen Filme mehr zeigt.
Zurück zu «Volles Haus!», das seit Montag nur noch 120 Minuten Sendezeit hat – allerdings nur für wenige Zuschauer. Schon bei der Vorstellung der Sendung im Februar hatte man anscheinend völlig vergessen, dass die halbe Nation mit Regionalprogrammen versorgt wird und die neue Sendung jeden Tag mittendrin für eine halbe Stunde unterbrochen wird. Die Übergänge wurden von den Moderatoren Jasmin Wagner und Jochen Schropp so schlecht moderiert, dass man sich fragen musste, ob man ein 39-jähriges Sat.1 oder doch lieber TV Mainfranken aus Würzburg schaut. Mit «Frühstücksfernsehen»-Gesicht Christian Wackert hat man einen Co-Moderator gefunden, der zumindest ein Sympathieträger ist und souverän durch das «Volle Haus» führen kann.
Seit Wochen eröffnet Sat.1 sein «Volles Haus!» mit Rettungssanitätern, die ihre Einsätze kommentieren. Das sieht gut produziert aus, keine Frage. Aber mit einer ähnlichen Programmfarbe nach der alten «Klinik am Südring» zu spielen, wirkt auch nicht mehr ambitioniert. Seit dieser Woche, in der die Sendung nur noch zwei Stunden dauert, bekommen die Zuschauer gleich eine Stunde «Lebensretter im Einsatz» zu sehen. Um 17.00 Uhr wird nicht etwa ins extra groß gebaute Studio gewechselt, sondern Chris Wackert bei der Unfallverhütung in der freien Natur gezeigt. Der Anlass? Nicht erkennbar – er wird auch nicht erklärt.
Erst um 17.15 Uhr wird ins Studio geschaltet und mit «Bunte live» über die zahlreichen Promi-Meldungen aus aller Welt berichtet. Teilweise sind die Geschichten von Bunte durchaus spannend, aber dann werden wieder Ferndiagnosen zum Thema Britney Spears gestellt. Erkenntnisgewinn: Null. Schon nach wenigen Minuten ist «Volles Haus!» wieder vorbei, denn schließlich bekommt die halbe Nation Lokalnachrichten serviert.
In der halben Stunde, die vor allem Ostdeutsche und nur wenige Westdeutsche kennen, erklärt Ingo Lenßen dann, welche Rechte man bei Tätowierungen hat. Schließlich war auch Jenny Elvers im Studio, um sich ihr altes Tattoo überstechen zu lassen. Am Montag wurde gekocht und das „Comeback der Maibowle“ gefeiert. Mit solch belanglosen Themen will ein Sender Frauen zum Einschalten bewegen?
Nach 52 Ausgaben ist das Allerlei aus Köln noch schräger geworden, als es ohnehin schon war. Gestartet war das Format mit Wochenserien wie der Renovierung eines Hauses, Frauen in der Wüste oder gar einer Spar-Version des «Perfekten Dinners». Jetzt hat man die halbwegs interessanten Teile über Bord geworfen, die Talkshow von Britt Hagedorn kurzzeitig aus dem Programm genommen, um in wenigen Wochen schon wieder ein Comeback anzukündigen.
Die Sendung «Volles Haus! Sat.1 Live» ist schrecklich, aber dieses Potpourri seichter Unterhaltung in schlechter Besetzung bleibt auf Sendung. Schauen eigentlich der Vorstandsvorsitzende Bert Habets, Entertainment-Chef Wolfgang Link oder gar Sat.1-Chef Daniel Rosemann diese Sendung? 0,05 und 0,06 Millionen Zuschauer bei den Werberelevanten am Montag und Dienstag sind eine klare Ansage: Ab in die Tonne!
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