Bevor die Screenforce Days in Deutschland Einzug hielten, versammelten sich die Medienmacher bei der Telemesse. Diese wurde allerdings Anfang des Jahrtausends aufgegeben, stattdessen wollten die Programmmacher mit zahlreichen einzelnen Events punkten. Doch inzwischen setzt man wieder auf eine Gruppenveranstaltung, weil die Konkurrenz der Streamingdienste und der übrigen Medienangebote wie TikTok die Zuschauer wegnehmen.
Es ist schon beachtlich, dass die Vermarkter trotz massiver Reichweiten-Rückgang immer noch so hohe Umsätze generieren. Das ist vor allem bei Leuchttürmen der privaten Fernsehstationen in der Primetime zu sehen, aber auch im Tagesprogramm zahlreicher Fernsehsender, die fast kaum noch akzeptable Zahlen bei den 14- bis 49-Jährigen vorweisen können. Lineares Fernsehen ist bei den jungen Menschen weiterhin stark rückläufig, woran aber auch zahlreiche Sender selbst schuld sind.
Seit gefühlt 15 Jahren wiederholt ProSieben die Sitcoms «Two and a half Men», «Scrubs» und «How I Met Your Mother» und «The Big Bang Theory» im Tagesprogramm. Die Alternativen sind «Last Man Standing» und «Brooklyn Nine-Nine», die das Programm ebenfalls füllen. Es gibt allerdings kein Comedy-Notstand in den Vereinigten Staaten. «George Lopez», «Eve», «The War at Home», «The New Adventures of Old Christine» und «Suburgatory» sind nur einige Formate von Warner Bros., die lizenziert werden könnten. Auch NBCUniversal hat zahlreiche Work-Place-Sitcoms im Angebot, die der Monokultur ein Ende schaffen würden. Man könnte aber auch mit Teenage-Dramen wie «Jane the Virgin», «Hart of Dixie» oder «Life Unexptected» das Programm auffüllen. Neu sind diese Serien zwar nicht, aber es könnte zu Abwechslungen kommen.
Es wäre erfreulich, wenn sich ProSieben nicht nur im Tagesprogramm, sondern auch in der Primetime breiter ausstellen würde. Was machen eigentlich Jenke von Wilmsdorff und Thilo Mischke? Der Output der Reportage-Gesichter ist dünn. Hier müssten man sich von den zahlreichen freien Doku-Journalisten eindecken, die auch für ARD und ZDF Reportagen drehen.
Es ist weiterhin nicht erfreulich, dass Daniel Rosemann zwei Sender leitet. Zuletzt setzten Sat.1 und ProSieben auf das gleiche Genre: Menschen kämpfen um irgendwas und bekommen ein Preisgeld: Das sieht man vor allem bei Sat.1, denn dort laufen «Das große Backen», «Das große Backen – Die Profis», «Das große Promi-Backen», «The Taste» und «The sweet Taste». «The Biggest Loser», «The Voice» und «The Voice Kids» sind auch nicht wirklich weit von dem Genre entfernt. Ständig wird von neuen Investitionen ins Programm gesprochen, doch die Abwechslung ist erstaunlich dünn.
Man merkt: Es fehlen neue Ideen, weil die immergleichen Menschen dieselben Formate zusammenstellen. Wo sind denn die revolutionären Ideen, die nicht nur von der Florida Entertainment kommen? Blickt man in die Vereinigten Staaten von Amerika sieht man beispielsweise das Discovery-Universum, das stetig neue Shows auf den Markt wirft. Hier eine Ernährungsshow mit Selena Gomez, dort eine Sendung, in der Stadtbewohner die Dörfer erkunden. Solche Formate sind kein Hexenwerk, würden aber das Programm auflockern.
Erschwerend kommt nun auch hinzu, dass wiederentdeckte und neugestarteten Programmfarben zur Konkurrenz abgewandert sind. «Schlag den Besten» – zuletzt im Dezember wiederbelebt – hätte die recht leicht die belanglosen Traveltainment-Formate ersetzen können. «Blamieren oder Kassieren» ist definitiv ein sinnvolleres «TV total»-Lead-out als das chronisch quotenschwache «Zervakis & Opdenhövel. Live.». Neben fehlenden Ideen gehen Rosemann nun auch Formate flöten. Gespannter denn je, blickt die Branche kommende Woche auf die Präsentation der Seven.One Entertainment Group.
Ein Problem hat auch der Fernsehsender VOX, der weiterhin nur von den Verantwortlichen mitgemanagt wird. Seitdem Bernd Reichart von Bord gegangen ist, fehlen Neuentwicklungen. Es gibt stattdessen zahlreiche Fortsetzungen von «Die Höhle der Löwen», «First Dates Hotel», «Sing meinen Song», «Goodbye Deutschland! Die Auswanderer», «Hot oder Schrott – Die Allestester» und «Grill den Henssler». «Zum Schwarzwälder Hirsch» war ein schönes Projekt, doch davon gab es bislang nur drei Ausgaben im Fernsehen.
Die Screenforce Days werden mit Spannung erwartet: Erwarten die Fernsehzuschauer neue Sendungen zur Hauptsendezeit? Gibt es abseits der Primetime auch Projekte, die das Programm abrunden? Kommt endlich der große Aufschlag mit True-Crime-Formaten, die in der Regel so gut funktionieren? Antworten gibt es am 13. und 14. Juni – hoffentlich.
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