„Henry Cavill steigt nach der dritten Staffel aus“. Die Nachricht schlug in der Serienwelt ein wie eine Bombe und lädt bis heute, aufgrund der ausbleibenden, konkreten öffentlichen Begründung, zu regen Diskussionen ein. Dass Cavill über die Ausrichtung der Serie, deren Autoren sich nicht wirklich für das vorhandene Quellmaterial zu interessieren scheinen, mehr als unglücklich ist, gilt als offenes Geheimnis. Trotzdem ist es ein Novum, das zentrale Gesicht einer Serie aus dem langfristigen Vertrag zu entlassen und diesen durch einen anderen Schauspieler zu ersetzen. Die Differenzen zwischen Showrunnerin Lauren Schmidt Hissrich und Hauptdarsteller Henry Cavill dürften also, wie man es von amerikanischen Scheidungsverkündungen kennt, tatsächlich „unüberbrückbar“ gewesen sein. Doch wirklich überraschen kann dies niemanden. Staffel 2 verkam bereits zum Ende hin immer mehr zum Rohrkrepierer und Staffel 3 deckt die erzählerischen Schwächen der Serie mehr denn je auf.
Als größte Verbesserung im Vergleich zu den Anfängen der Serie werden stets die Kampfchoreographien der Serie genannt, die trotz ihres Seltenheitswerts in den ersten fünf Folgen der dritten Staffel, mittlerweile durchweg überzeugen können. Mit relativ geringem Schnittaufwand, wirkt das Gezeigte stimmig, die Bewegungen erscheinen fließend und gut durchdacht. Sobald sich die Serie hingegen in ruhigere Fahrwasser begibt und der Fokus auf der Dialogarbeit der Autoren liegt, fällt das Niveau eklatant ab. So bringen allzu modern wirkende Dialogfetzen samt Schimpfwörtern immer wieder die Stirn zum Runzeln und das Dialogbuch wirkt zum Teil, wie eine von pubertierenden Teenagern geschriebene Schmonzette.
Konzentriert sich die Serie auf die drei Protagonisten, Geralt, Ciri und Yennefer, deren Chemie in den meisten Fällen durchaus echt wirkt, kann sie trotz der sich schleppenden Handlung, immer wieder Höhepunkte setzen. Geht die Handlung hingegen zu den politischen Ränkespielen über und wartet mit zahlreichen Szenenwechseln auf, so wird schnell Verwirrung gestiftet. Denn viele Szenenwechsel kommen aus dem nichts, Charaktere befinden sich in einen Moment noch an ihrem Ursprungort, nach einem Kameraschnitt sind sie hingegen ohne Erklärung für den Zuschauer an einem anderen Ort oder auf dem Weg dorthin. Kohärenz scheint im Wörterbuch der Autoren keine Rolle zu spielen, denn als würden bestimmte Szenen, die Handlungswechsel verdeutlichen, komplett fehlen, muss sich der Zuschauer zahlreiche Sachverhalte stetig selbst zusammenreimen. Was die politischen Machtspiele betrifft, so ist insbesondere der sich hinschleppende Charakter eben jener erzählerisch problematisch, denn Folge um Folge scheint sich hier einiges im Kreis zu drehen. Auch die immer noch bestenfalls als mittelmäßig zu bewertenden Spezialeffekte einer Serie, die zu Netflix Aushängeschildern gehört, wirken ebenfalls, wie das zum Teil äußerst durchwachsene Kostümbild, recht lieblos.
Ohne Cavill, der trotz aller Schwächen, durch äußerste Hingabe zum Charakter und seinem Charisma die Serie vorm Absturz in die Bedeutungslosigkeit rettet, scheint eine weitere Staffel von «The Witcher» kaum vorstellbar. Dass Superfan Cavill mit der Ausrichtung und der Qualität der Serie alles andere als zufrieden ist, überrascht ebenso wenig, wie der daraus resultierende, konsequente Ausstieg. Hinterfragt werden muss hingegen, wer den Autoren letztlich so freie Hand gelassen hat und wie es soweit kommen konnte, dass durch fehlende Kritikfähigkeit der eigene Hauptdarsteller freiwillig aus seinem Herzensprojekt aussteigt.
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