Die im August 1971 geborene Juristin und Medienmanagerin Christine Strobl hat das Programm von Das Erste in den vergangenen Monaten ordentlich durcheinandergewirbelt. Die erfolgreiche Managerin hat schon bei der Degeto gezeigt, dass ihr familiärer Hintergrund kein für die Besetzung ist.
Strobl hat das Programm von Das Erste an einigen Stellen umgebaut. Die größte Veränderung ist allerdings inhaltlicher Natur: Die sechs Politmagazine «Fakt», «Kontraste», «Monitor», «Report Mainz», «Report München» und «Panorama» setzen nicht mehr auf drei Themen, die von den jeweiligen Moderatoren präsentiert werden. Stattdessen werden viel häufiger halbstündige Dokumentationen ausgestrahlt. Sollten diese Filme immer noch zu knapp sein, werden deutlich längere Formate in der Mediathek zur Verfügung gestellt.
Apropos Mediathek: Das Erste hat aufgerüstet in Sachen True-Crime und Doku-Serien. Das hat allerdings im linearen Fernsehprogramm nicht immer gefruchtet. Der Freitagabend nach dem Spielfilm ist immer noch eine Baustelle. Weder Doku-Serien noch Comedy haben dort in den vergangenen Monaten funktioniert. Hier liefen früher einfach «Tatort»-Wiederholungen, weil das ZDF den Comedy-Markt dominierte.
Am späten Donnerstag laufen dagegen nur «Nuhr im Ersten» und «extra 3» wirklich erfolgreich. Zahlreiche andere Formate wie «Sträter» oder «Reschke Fernsehen» sind gut für das Image, aber aus Quotensicht eigentlich nur Mittelmaß. Nicht nur quotenschwach, sondern auch inhaltlich mau hingegen ist immer öfter Sandra Maischberger, die schon seit über 20 Jahren für Das Erste talkt. Kurzzeitig versuchte Das Erste die Freitagstalks von NDR und Co. am Dienstag zu etablieren, doch das System scheiterte. Die «Anne Will»-Nachbesetzung fiel mit Caren Miosga leider wenig kreativ aus, es sind nur 30 Ausgaben pro Jahr geplant. Es bleibt abzuwarten, ob bei Themen wie den Wahlen in Nachbarländern Krimis laufen oder Miosga auf Sendung geht. Anne Will hatte beispielsweise sowohl bei der Wahl in Frankreich und der Stichwahl in der Türkei Urlaub.
Auch Das Erste leidet an Ideenlosigkeit: Mit dem Tagesprogramm versucht man seit knapp zwei Jahrzehnten zu punkten. Während die Krimis und Gameshows erfolgreich laufen, finden sich keine neuen Zuschauer für die Telenovelas «Rote Rosen» und «Sturm der Liebe». Das dürfte auch der Grund sein, warum die Pausen in diesem Jahr einfach durch Ausdehnung der «Tour de France»-Übertragungen verlängert werden.
Der Sonntagvorabend wurde auch unter großen Protesten umgebaut. In welcher Reihenfolge «Bericht aus Berlin», «Weltspiegel» und «Sportschau» laufen, ist dabei unerheblich, weil die Quoten weiterhin mau bleiben. Stattdessen läuft der «Tatort» sehr gut, die Krimis am Donnerstag erlebten während der Corona-Pandemie ihren Höhepunkt und Das Erste hat mit zahlreichen Miniserien viele Erfahrungen gesammelt. Unterm Strich hat man für die Miniserien aber weiterhin keine einheitliche Strategie, weshalb die Formate seltsamerweise sehr schwach laufen.
Dennoch: Das Erste kann seit Jahren mit Dramen und Kriminalfilmen punkten. Unerfolgreiche Programme werden nicht zwangsläufig abgesetzt, sondern das Programm bietet Vielfalt an. Man könnte durchaus nach dem «Tatort» noch eine Krimi-Serie senden, doch stattdessen setzt man auf eine gesellschaftspolitische Talkshow. Auch «In aller Freundschaft» könnte man einen Ableger platzieren, doch man möchte Informationen samt Nachrichten punkten. Auch die überaus erfolgreichen Quizshows am Vorabend ließen sich ausbauen, dafür könnte man beispielsweise den 16.10-Uhr-Slot bespielen. Doch diese stetigen Doppel-, Dreifach- oder Vierfachprogrammierungen überlässt man den privaten Fernsehsendern.
Christine Strobl hat zuletzt ein sehr vielfältiges Programm umsetzen lassen. Gerade die Dokumentationen und Informations-Formate sind für die Fernsehzuschauer wichtig. Auch übergreifende Kooperationen innerhalb der öffentlich-rechtlichen Sender funktionieren. Die letzte Folge von «ZDF Magazin Royale» basierte auf der dritten Folge der Sendung «Dirty Little Secrets» vom Bayerischen Rundfunk. Es zahlt sich auch, wenn die Programme untereinander sich austauschen und die Informationen möglichst breit streuen. Außerdem bleibt Das Erste der deutsche Informationssender: Als die Queen starb, schalteten die Fernsehzuschauer instinktiv zur blauen Eins.
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