Mit Durchschnitt zum Erfolg scheint immer häufiger zum Geheimrezept moderner Streamingserien zu avancieren. Denn trotz aller erzählerischen Schwächen, des schauspielerischen Mittelmaßes und des insgesamt massig verschenkten Potentials, ist der Erfolg von David E. Kelleys Anwaltsdrama, das sich im vergangenen Jahr über lange Strecken hinweg in den Top 10 der Netflix Streamingcharts halten konnte und so nur folgerichtig um eine zweite Staffel verlängert wurde, unumstritten.
Kaum ein Zuschauer, der vor rund 14 Monaten die erste Staffel von «The Lincoln Lawyer» gesehen hat, dürfte sich noch an detaillierte Ereignisse aus der Premierenstaffel erinnern, was einerseits der langen Pause und andererseits der wenig erinnerungswürdigen Handlung geschuldet ist. Wirklich relevant ist diese Tatsache allerdings kaum, denn die erzählerische Oberflächlichkeit der Serie macht einen Einstieg in Staffel zwei auch mit großen Erinnerungslücken problemlos möglich.
Während am überwiegend schwachen Cast, insbesondere auch die Hauptfigur der Serie betreffend, keinerlei Ruder mehr herumgerissen werden kann, denn hier verändert sich praktisch nichts im Vergleich zur Erstlingsstaffel, ist zumindest die Erzählstruktur und den Spannungsbogen betreffend durchaus eine, wenn auch marginale, Steigerung erkennbar. Eine gewisse Grundspannung und ein Interesse an der Täterfrage kann dem neuesten Fall des mobilen Anwalts nicht abgesprochen werden. Trotzdem lässt selbst die femme fatale-Storyline um Mickey Hallers aktuelle Liebschaft/Mandantin aufgrund des schwachen Castings und des recht langweiligen, arbiträren Umgangs mit der Figur seitens der Autoren viel zu wünschen übrig. Aufgrund des starken Fokus auf die titelgebende Hauptfigur, verlaufen Storylines um Nebenfiguren zudem recht schnell im Sande, wenn diese abseits der Interaktion mit Haller überhaupt etwas zu tun haben. Insgesamt bleibt sich die Serie inhaltlich treu und kreiert Geschichten, die im Moment des Schauens „unterhaltend genug“ sind, aber bereits mit dem Ende einer jeden Folge recht schnell aus dem Gedächtnis verschwinden.
Trotz aller schauspielerischen und erzählerischen Schwächen, kann «The Lincoln Lawyer» letztlich als ideale Durchschnittsserie zum Stopfen des Sommerlochs angesehen werden. Nichts ist hier herausragend oder sonderlich erinnerungswürdig, gleichermaßen eckt die Serie auch weder durch übermäßig stupide Storylines an, noch kann ihr durch recht ordentliches pacing ein größerer Langeweile-Faktor unterstellt werden. Könnte ein Award für die beste Durchschnittsserie vergeben werden, so würde «The Lincoln Lawyer» ganz weit oben mitspielen.
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