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Doch schon nach 47 Sekunden bringen es die Redakteure der Doku-Reihe des Südwestrundfunks auf den Punkt: Auf einer Plattform wie MySugarDating finden potenzielle Dating-Partner schnell minderjährige Mädchen. Die Redakteurin Rabea Westarp stellt zügig fest, dass sexuelle Geschäfte mit Minderjährigen in Deutschland illegal sind und dass bei einem Verdacht die Staatsanwaltschaft ermittelt. Schon innerhalb weniger Minuten vermittelt die Dokumentation, die auch am Dienstag innerhalb von «Report Mainz» gesendet wurde, dass sich hier Pädophile tummeln. So erzählte ein Markus gegenüber dem Fake-Profil einer Reporterin, dass er mehrere Treffen mit einer 14-Jährigen gehabt hätte. Das habe sie allerdings erst später gestanden, teilte dieser Kunde mit. Die Frage steht im Raum, ob ein Mann keine 14-Jährige von einer volljährigen Person unterscheiden könne.
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Doch schon mit 13 oder 14 Jahren, Fiona ist sich im Interview nicht sicher, meldete sie sich das erste Mal bei einer solchen Plattform wie MySugarDating an. „Ich hatte immer schon Daddy Issues“, lacht Fiona im Gespräch mit der Reporterin, obwohl das Thema eigentlich gar nicht witzig ist. Dahinter stecken meist tiefgründige psychische Probleme. Eine Sugar-Daddy-Beziehung, so wird aus dem Off erklärt, muss keine sexuellen Handlungen beinhalten. Vielmehr ging es der jungen Frau auch um das Zwischenmenschliche. Ein küchenpsychologischer Ansatz könnte hier sein, dass es wohl – wie der Name schon sagt – Probleme zu ihrem leiblichen Vater gab. Doch dieses tiefgründige Gespräch bleibt uns «Vollbild» schuldig.
Julia von Weiler, Vorstand im Verein „Innocence in Danger“, bringt es auf den Punkt: Durch dieses Altersgefälle entstehen Macht und Gefälligkeiten. Nach der kurzen psychologischen Einordnung gehen Westarp und Bozdoğan auf die Suche nach den männlichen Kunden. Wie in guter alter Privatfernsehen-Manier ertappen sie beispielsweise einen ehemaligen Bundestagsabgeordneten, der der Reporterin – auch nach Offenlegung der Tatsachen – zahlreiche Informationen gibt und auch das besondere an diesen Treffen schildert. Die «Vollbild»-Dokumentation versucht zunächst das gesagte etwas zu skandalisieren, da wohl der Ausgang des Experiments wohl in die falsche Richtung lief. Man hat eher das Gefühl, man wünschte sich das Bild, dass der Mann ausrastet und wegrennt.
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Zum Ende macht «Vollbild» klar, dass es auf solchen Sugar-Daddy-Plattformen zur Prostitution und Missbrauch von Jugendlichen kommt. Damit haben die Autoren recht, allerdings fehlt auch hier schon dieser der helfende Ansatz: Pädophilie ist eine psychische Störung und somit eine Krankheit. Während Pädophilie das überwiegende sexuelle Interesse an Kindern vor Erreichen der Pubertät bedeutet, gibt es noch einen zweiten Begriff: Hebephilie. Das klassifiziert die Störung, dass man auf Jungen oder Mädchen während oder nach der Pubertät – aber noch vor dem Erreichen der Volljährigkeit – steht.
Für diese Menschen, die sowohl an Pädo- oder Hebephilie leiden, muss man ebenfalls ein Selbsthilfe- oder Ärztenest spannen, psychologische Betreuungen auch in Kleinstädten einrichten. Und ein Betroffener darf auch keine Angst haben, diese Krankheit seinem Landarzt mitzuteilen. Man muss diesen Menschen schließlich keinen Arbeitsplatz als Kindergärtner empfehlen, aber man sollte ihnen zumindest Hilfe anbieten mit ihrer psychischen Störung. Denn: Die meisten psychisch Erkrankten haben schlichtweg auch Angst Kindern zu schaden. Das tut «Vollbild» leider nicht, sondern kratzt wie viele andere Dokumentationen zu diesem Thema nur ein wenig an der Oberfläche.
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