„Endlich wieder Fußball!“, sagen die einen, „Frauen-Fußball sei langweilig“, lästern die anderen. Die Zahlen lügen nicht: 15,34 Millionen Menschen sahen das Finale zwischen Japan und USA – und das bereits im Jahr 2011. Deutschland war damals Ausrichter der fünften Weltmeisterschaft der Frauen und die Reichweiten waren gigantisch. Doch obwohl die Heim-Weltmeisterschaft zumindest aus TV-Sicht ein voller Erfolg war, verschwand der Fußball von der großen Bühne – wohl auch dem enttäuschenden Abschneiden der Elf von Silvia Neid geschuldet. Im vergangenen Jahr erreichte das Endspiel der Frauen-Europameisterschaft 17,90 Millionen Zuschauer und verwies die Spiele der Männer-WM auf die hinteren Plätze. Den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern spielt dies in die Karten: Zahlreiche Stunden konnten im vergangenen Sommer mit Sport gefüllt werden und auch in diesem Jahr sind Das Erste und das ZDF wieder voll mit dabei.
Alle 64 Spiele der Frauen-Fußballweltmeisterschaft aus Australien und Neuseeland werden übertragen. Doch nicht alle landen auch nicht im linearen Fernsehen. Gleich am dritten Spieltag müssten die Fernsehzuschauer auf die Partie USA – Vietnam verzichten, die um 03.00 Uhr angepfiffen wird. Die Spielansetzung ist so gelegt worden, dass die Amerikaner den Sport am Wochenende am Nachmittag anschauen können. Ein paar Tage später spielen die Amerikaner wieder am Nachmittag, die Partie wird in der Nacht auf Donnerstag in die Mediathek gesteckt. Ironischerweise sendet Das Erste am Wochenende statt dem Fußball-Spiel eine Wiederholung eines neuseeländischen Krimis.
Der Spielplan ist wirklich gut durchdacht: Dieser ist nämlich auf die europäischen Länder ausgerichtet. Die frühesten Ansetzungen im regulären Plan sind gegen 07.00 Uhr – und zwar für die kleineren Nationen. Dort spielen Philippinen gegen die Schweiz (Freitag), Schweden gegen Südafrika (Sonntag), Neuseeland – Philippinen (Dienstag), Japan – Costa Rica (Mittwoch). Zahlreiche Länder wie Deutschland, Frankreich und Spanien kicken erst im zweiten regulären Block. In der Gruppenphase spielt Deutschland am Montag gegen Marokko (10.30 Uhr), am Sonntag darauf gegen Kolumbien (12.00 Uhr) und schließlich am Donnerstag, den 3. August 2023, um 12.00 Uhr. Alle weiteren Partien – sollte Deutschland vertreten sein – werden ebenfalls am Vormittag und nicht etwa in der Nacht angepfiffen.
Das ältere Semester wird sich mit dieser frühen Spielansetzung an die Herren-WM aus dem Jahr 2002 zurückerinnern, die in Südkorea und Japan stattfand. Deutschland spielte damals in der Gruppe E und musste ebenfalls am Mittag ran. Los ging es am 1. Juni mit einem 8:0 gegen Saudi-Arabien, die Mittagspartie erreichte 12,14 Millionen Zuschauer. Das 1:1 gegen die Iren erreichte 14 Millionen Menschen und das Finale an einem Nachmittag räumte mit 26,54 Millionen Zuschauer ab.
Gelingt der erste Coup von MVT?
Es ist also durchaus möglich, dass die Deutschen in diesem Jahr wieder ein großes Publikum anziehen. Trainerin Martina Voss-Tecklenburg, seit 2018 Cheftrainerin, ersetzte damals die glücklose Steffi Jones, die der DFB als Nein-Nachfolgerin installieren wollte. Dennoch konnte MVT, so der Spitzname, bislang noch nicht den Erfolg von Neid wiederholen. Man hat zwei Mal die Weltmeisterschaft gewonnen und acht Mal Europa bezwungen, doch der internationale Wettbewerb wird nicht einfacher. Im vergangenen Jahr gelang mit dem Finaleinzug ein Überraschungserfolg.
Zu den Favoriten des Turniers gehören schon seit vielen Jahren die Vereinigten Staaten von Amerika, der Europameister England und zudem noch Spanien, Frankreich und Schweden. Zahlreiche weitere Teams haben sich im Laufe der Zeit stark verbessert, Sambia hat trotz einer Vergewaltigungsdebatte um Nationaltrainer Bruce Mwape erst Deutschland in einem Testspiel bezwungen. Die Mannschaft um Kapitänin Grace Chanda wurde im vergangenen Jahr dritter des Afrika-Cups. Der Inselstaat Philippinen war zuletzt Halbfinalist der Asienmeisterschaft 2002.
Unnötiger Rechtepoker
In Europa wurden die Rechte erst auf den letzten Drücker vergeben. Die FIFA hat die Lizenzen erstmals nicht im Zusammenspiel der Männer-Weltmeisterschaft vergeben. Für die Frauen-Teams ist das natürlich schön, nicht mehr als Beiwerk mitveräußert zu werden. Auf der anderen Seite hat sich die Rechtevergabe unnötig in die Länge gezogen, weil die ARD und das ZDF nicht bereit waren, die Rechte zu einem gut dotierten Preis einzukaufen. Unterm Strich kann man dennoch festhalten, dass der Verkaufspreis für die deutschen Broadcaster für 64 Spiele immer noch ein Schnäppchen war.
Günstige TV-Übertragungsrechte, Spiele nur in der Mediathek oder die noch nicht angesprochenen Prämien der Spielerinnen. Wer ein Haar in der Suppe sucht, wird eines finden. Die Gesellschaftlichen Probleme wie Übergriffe auf Frauen, Pay-Gap und andere Dinge sind auch hier vorzufinden. Gerade die Frauen-Mannschaft schafft es ja immer wieder auf sympathische Art und Weise auf Missstände hinzuweisen ohne aufdringlich zu wirken aber doch Nachdruck zu hinterlassen. Zumal der sportliche Erfolg in den vergangenen Jahren ohnehin größer war, so können wir uns auf eine Weltmeisterschaft freuen. Vielleicht können wir uns auf einen Erfolg wie in Japan und Südkorea freuen.
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