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Ein ähnliches Bild zeigte sich während der Corona-Pandemie: Noch vor Ausbruch der Viruserkrankungen ließ Banijay mit seiner Tochterfirma EndemolShine Germany die Shows «Kampf der Reality-Stars» und «Promis unter Palmen» produzieren. Der Erfolg im ersten Ausnahmejahr war gigantisch. Die Sat.1-Show wurde nach dem Tod von Willi Herren abgesetzt, die RTLZWEI-Show ging kürzlich mit Top-Quoten zu Ende. Eine fünfte Staffel ist aber bereits in Planung.
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«Couple Challenge», «Promi First Dates» oder «B:REAL» – im Mittelpunkt stehen immer vermeintliche Stars, die mit ihrer Persönlichkeit punkten wollen. Auf Instagram und in anderen sozialen Netzwerken wird den Fans die schöne Traumwelt präsentiert, die dann in den selbst produzierten TV-Shows in sich zusammenfällt. Reality-Sternchen, die dem Druck als Mutter nicht gewachsen sind, keine Beziehung finden oder im Teamwettbewerb moralisch versagen. Die Stars lassen ihre Hüllen fallen – für die Gage der Fernsehsender. Inzwischen muss man sich fragen, ob man sich für ein Nacktporträt im Playboy oder für eine Reality-Show bei RTL mehr auszieht.
Die Deutschen haben dafür einen unschönen Begriff: Schadenfreude. Solche Sendungen werden oft als „Guilty Pleasure“ bezeichnet und handeln von dem Vergnügen, schuldbewusst eine Show zu konsumieren, die nicht gerade Menschen in vorteilhaften Situationen zeigt. Inzwischen hat sich der Konsum etwas verlagert, denn Reality-Shows mit unbekannten Personen – wie einst bei «Schwiegertochter gesucht» – sind aus der Mode gekommen. Medienkritiker werten dies als positives Zeichen, dass solche Shows ausgedient haben.
Auch andere Nationen wie die Amerikaner und Engländer schwimmen auf dieser Welle. Dort heißt es „Eat the rich“ und möchte die Reichen scheitern sehen. Netflix und der Reality-Sender Bravo strahlen Sendungen wie «The Real Housewives» und «Selling Sunset» aus, bei denen nicht der Beruf der Hausfrau oder Immobilienmaklerin im Mittelpunkt steht, sondern das Drama mit anderen Teilnehmerinnen. Bravo verzeichnet nicht nur gute lineare Reichweiten, sondern auch sehr gute Werte auf den Streaming-Plattformen. Der Streaming-Sender Hayu, eine Tochter von NBCUniversal, bringt solche Formate in den englischsprachigen Raum und nach Deutschland.
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Im Gegensatz zu erfolgreichen fiktionalen Formaten wie «Dallas» oder «Wolf of Wall Street» gibt es derzeit keine charmanten Bösewichte. Die Macher, egal ob im fiktionalen oder non-fiktionalen Bereich, spielen mit Plattitüden. Man sollte meinen, dass das Fernsehen mit tiefgründigen Charakteren vorankommen könnte. Doch das Gegenteil ist der Fall: Je simpler die Figuren, desto erfolgreicher die Marken. Das sieht man zum Beispiel an den Comicverfilmungen von Marvel und DC, deren Helden und Schurken alle paar Jahre schablonenhaft neu aufgelegt werden – und das mit Erfolg.
Der Motor der Wirtschaft läuft derzeit nicht rund. Die politische Weltlage sorgt für zahlreiche Preisänderungen im Supermarkt, an der Zapfsäule oder im Herzen. Die Banken erhöhen die Zinsen, viele Unternehmen sparen bei Werbung und Investitionen. Das merken auch die Bürger, die den Gürtel enger schnallen müssen. Wie wir aus den vergangenen Jahrzehnten gelernt haben, führt dies auch dazu, dass die Festivals der Prominenten eröffnet werden können. Wenn man in den eigenen vier Wänden Sorgen hat, lenkt man sich gerne mit Prominenten in Reality-Shows ab. Ob man das nun „Eat the Rich“ oder einfach „Schadenfreude“ nennt, ist egal.
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