Schon von Beginn an fesselt «Die Bilderkriegerin» durch die eindringliche Darstellung des Kriegsausbruchs in Jugoslawien und Anjas unbeirrbarem Willen, dort als Fotografin vor Ort zu sein, um der Welt die Schrecken in all ihrer Grausamkeit vor Augen zu führen. Antje Traue verkörpert die junge Anja Niedringhaus dabei von Anfang an mit beeindruckender Authentizität, wodurch der Zuschauer direkt in die emotionsgeladene Handlung hineingezogen wird. Die stetig wachsende Entschlossenheit und die unerschütterliche Unbeirrbarkeit der Protagonistin, trotz aller Gefahren und Herausforderungen in Kriegsgebieten zu bleiben, um der Welt von ihnen zu berichten, werden durch Traues nuancierte Darstellung greifbar und berührend – ebenso wie der zentrale ideelle Konflikt, der an Niedringhaus‘ Verhältnis zu ihrem Schaffen gezehrt hat: Kann sie durch ihre Arbeit etwas zum Positiven verändern – oder ist sie nur eine von vielen Zeuginnen, weil es die vielzitierte „Macht der Bilder“ doch gar nicht gibt?
Die Entwicklung der Figur im Laufe der Jahre ihrer Karriere ist ein weiterer nuancierter Höhepunkt des Films. Von einer noch unerfahrenen, aber außerordentlich talentierten jungen Frau, die ihren Platz in der männerdominierten Welt des Fotojournalismus sucht, bis hin zu ihrem Status als einer der besten Fotojournalistinnen ihrer Generation – Antje Traue vermittelt die Transformation der Anja Niedringhaus auf bewundernswerte Weise. Die Zuschauer werden Zeugen ihres persönlichen und beruflichen Wachstums, das gleichsam von traumatischen Ereignissen und Verlusten geprägt ist. Denn Anja Niedringhaus wurde Zeugin von grausamen Kriegsszenen und musste den Tod und das Leid von unschuldigen Menschen hautnah miterleben. Traues Darstellung vermittelt das innere Dilemma, dem sich die Fotografin gegenübersah: einerseits die Verantwortung, die schrecklichen Ereignisse festzuhalten und dadurch die Welt aufzurütteln, und andererseits das Mitgefühl und die menschliche Nähe zu den Opfern und Überlebenden, ihre Identifikation mit ihnen und der unbedingte Wille, ihnen irgendwie zu helfen.
Die beeindruckende Kameraarbeit und die authentische Rekonstruktion der Kriegsszenarien verstärken derweil gekonnt die Intensität des Films. Regisseur Roman Kuhn gelang es erstklassig, die Zuschauer in die beklemmenden Kriegsschauplätze zu versetzen und die Grausamkeiten des Krieges spürbar zu machen, ohne dabei jemals die sensiblen Momente zu vernachlässigen, die Anja Niedringhaus mit ihren Kollegen und den Menschen vor Ort erlebte.
Die emotionale Verbindung zum Publikum wird auch durch die Beziehungen zu anderen Figuren in der Handlung verstärkt. Besonders die Beziehung zwischen Anja und dem Fotografen Sergio, gespielt von einem einfühlsamen Michele Cuciuffo, berührt zutiefst. Ihre gemeinsamen Erfahrungen, die gegenseitige Unterstützung und auch die Darstellung ihrer freundschaftlichen Konkurrenz verleihen dem Film zusätzliche Tiefe.
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Der Film «Die Bilderkriegerin» ist aktuell in der Mediathek des ZDF zu sehen.
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