Mit «Der Heiratsmarkt» hat die junge Produktionsfirma cheerio entertainment, die zum ProSiebenSat.1-Konzern gehört, seine erste Reality-Show auf die Beine gestellt. Das Konzept allerdings hat man von Fox Entertainment dank eines Kooperationsmodells übernehmen dürfen und setzte dieses nun auf der kroatischen Insel Hvar um. Doch die schönen Bilder gibt es zum Beginn der neuen Show nicht zu sehen, denn man bekommt – wie bei vielen Sendungen – erst einmal ein dreiminütiges Show-Reel mit den dramatischten Bildern zu sehen.
Nach dem Vorspann, ein paar Bilder von der Insel, befindet sich der Zuschauer schon direkt im Heiratsmarkt, das die Off-Stimme als „Das spannendste Experiment des Datings“ anpreist. Doch Superlative haben im Fernsehen selten funktioniert. Was wird wohl passieren, wenn nicht die Singles selbst, sondern die Familien die Auswahl über den Partner übernehmen? Zwar trifft die Vermutung, die neue ProSieben-Show «Der Heiratsmarkt» könnte übergriffig sein, nicht zu, dennoch erinnern die Methoden an unschöne Methoden, die auf Teilen der Welt noch praktiziert. Allerdings ist es durchaus grenzwertig Methoden anderer Kulturen als unschön zu bezeichnen, so vermeintlich frauenfeindlich sie auch sein mögen werden.
Auf einer grünen Wiese, umzäunt mit Steinen, liegt der sogenannte Heiratsmarkt, in denen insgesamt zwölf Buden für die jeweils sechs männlich und sechs weiblichen Kandidaten aufgebaut werden. Die Familien machen sich ihre Stände zurecht, ehe die Familie und Freunde der männlichen Singles mit den Single-Frauen und ihrer Familie sprechen dürfen. Die Gespräche sind teilweise ehrlich, herzlich – aber auch knallhart. Dennoch versprüht die Szene nicht mehr Charme als ein Straßenfest eines Dorfes oder ein Mittelaltermarkt auf einer Burg. Mit nur sechs Ausstellern je Geschlecht ist das Angebot ebenfalls überschaubar.
Nun wählten die Familien der Single-Männer die Favoriten, sodass am Ende eine alleinstehende Frau nach Hause fahren muss. Ornella wurde nur Fünfte, weshalb sie eine Wildcard bekam. Die Verkündung der Punkte durch Annemarie Carpendale ist so schlecht geschnitten, dass man meinen könnte, sie wäre für die Produktion gar nicht am Set gewesen. Erst in der zweiten Runde, in denen es einem Mann an den Kragen ging, sah man Carpendale auch mit anderen Personen im Bild. Die Punktevergabe war kompliziert: Die Familien durften Favoriten wählen und diese wurden zusammengetragen. Die Familie, die die meisten Punkte erhielt, durfte sich zunächst einen Single aussuchen. Das ging so lange, bis alle vier Singles unter Dach und Fach waren.
Nach rund 30 Minuten waren die Formalitäten geklärt und die jeweils zwei Familien zogen in eines der vier Kuca. Die kleinen Häuser mit zahlreichen Zimmern ermöglichen es, dass sechs Personen in einem Haus übernachten können. Doch die Fernsehshow kommt nicht in Fahrt, denn das Kennenlernen ist sehr harmonisch. Im Gegensatz zu zahlreichen Formaten wie «Love Island» oder «Das Sommerhaus der Stars» findet zunächst kein Duell statt. Stattdessen beschnuppern sich die zusammengewürfelten Familien. Was sollte auch passieren, wenn sich zwei Familien aus drei Personen an einem Tisch unterhalten und das eine oder andere Gläschen Wein trinken – oder eben auch draußen gemütlich mehrere Zigaretten rauchen. Im Laufe des zweiten Abends wird sogar der penetrante Tabak-Geruch von Ornella angesprochen, die sich bessern möchte.
In der zweiten Stunde der recht langweiligen Fernsehshow besuchen Natalie und Roman eine kleine Schokoladenfabrik. Der Kommentator versucht auch jede Aktion auszumalen: „Die beiden brauchen dabei mindestens genauso Fingerspitzengefühl wie fürs Dating“. Roaya und Panna – beobachtet von ihren Familien – toben sich im Garten mit Rückenmassagen aus. Unterdessen dürfen Juliette und Philipp mit Alex und Ali jeweils ein Schlauchboot aufpumpen und um eine Boje fahren. Weil das Pärchen gewinnt, bekommen alle ein Getränk spendiert. Für das Gewinner-Motiv wurden die Personen entsprechend hingesetzt. Juliette und Philipp stoßen im Vordergrund an, Juliettes Verwandtschaft sitzt zwischen den beiden im Hintergrund. So schön drapiert . Echtes Fernsehen eben.
Bei Roaya und Pana kommt es zum Showdown: Er hat eine Vasektomie machen lassen. Der 33-Jährige möchte keine Kinder mehr bekommen, das ist natürlich ein Schicksalsschlag für die junge Frau, die Mutter werden möchte. Aber der Disput zwischen den Beiden bringt kaum Screentime und ist nach kurzer Zeit wieder vorbei. JayJay und Jenny haben unterdessen große Probleme. Er steht einfach nicht auf sie, auch wenn der Charakter passt. Bei diesem Konzept hätte man schon ahnen können, dass die Partnerwahl daneben geht. Schließlich war es schon immer eine dumme Idee, die Eltern einen Partner suchen zu lassen.
Am zweiten Abend treffen sich die Paare plus die Wildcards Ornella und Max. Die Szenen der kleinen Party sahen extrem für die Kamera gestellt aus, danach ging das gemeinsame Trinken und Rauchen weiter. Es wurden ehrliche Gedanken ausgetauscht und es deutet sich an, dass in der kommenden Woche schon neue Konstellationen gewählt werden.
Ob dafür dann wieder Annemarie Carpendale und ihr Heiratsmarkt gebraucht werden? Scheinbar nicht, nun dürfen die Teilnehmenden selbst ihren Favoriten auswählen. ProSieben stellte am Donnerstag ein extrem schwaches Format vor. Die Idee kommt von FOX Entertainment, das zum bekannten FOX Network gehört. Man könnte meinen, die Amerikaner haben das Format erst Mal verkauft, damit andere Sender auf die Nase fallen. Denn: «Der Heiratsmarkt» verfehlt mit dem Titel schon das Ziel, die Sendung ist größtenteils langweilig und konfliktfrei. Es gibt keinen Wettbewerb und auch keine spannenden Geschichten, wie es beispielsweise bei «First Dates Hotel» gezeigt wird. Es ist auch schon lächerlich, wenn Roaya in die Kamera weint, da sie immer an die falschen Männer gerät, aber Pana auch erst einen Tag kennt – in einer Fernsehshow. Wenigstens gibt es auf der Party einen kurzen Beef und eine Aussprache, die mit einem Cliffhanger endet.
«Der Heiratsmarkt» ist donnerstags um 20:15 Uhr bei ProSieben zu sehen und kann bei Joyn gestreamt werden.
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