Serientäter

«Joe Pickett»-Kritik: Der etwas andere Neo-Westernheld

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Abseits des großen «Yellowstone»-Zirkus läuft bei Paramount+, ziemlich unter dem Radar, noch eine weitere, dem Western-Genre zuordenbare Serie, die durchaus einen Blick wert ist.

«Joe Pickett» ist eine dieser Serien, die weder im Heimatland USA noch hierzulande einen großen Bekanntheitsgrad hat. Da selbst die Buchreihe, auf der die Serie basiert, in Deutschland ein Nischendasein fristet, ist es praktisch nur möglich durch Zufall beim Stöbern durch die Paramount+-Bibliothek auf den Titel zu stoßen.

Joe Pickett ist ein Wildhüter in einer Kleinstadt, umgeben von den Wäldern des Yellowstone Nationalsparks. Doch das, was dem Zuschauer hier als Yellowstone verkauft wird, erinnert zum Teil so gar nicht an das visuelle Bild des titelgebenden Paramount+-Hits. Statt großen, hellen und weitläufigen Naturaufnahmen dominiert hier eine gewisse Trostlosigkeit, der Wald wird zum Stilmittel der Düsternis. «Joe Pickett» führt mit seinem gleichnamigen Protagonisten zudem keine selbsterklärende Heldenfigur ein und macht es dem Zuschauer gerade zu Beginn nicht gerade leicht so etwas wie Sympathie für die Hauptfigur zu empfinden. Bewaffnet mit Block und Stift nimmt Pickett seinen Job äußerst ernst und verteilt mit einer durchaus „deutsch“ wirkenden Überkorrektheit Bußgelder als würde er um den Titel „Politesse des Jahres“ kämpfen. Ja, so richtig ins Herz schließen wird den überkorrekten Wildhüter, der selbst vor dem Gouverneur, den er beim Fischen ohne Angelschein erwischt, keinen Halt macht, zumindest in den ersten 30 Minuten der Serie niemand. Kombiniert mit der dauerdepressiven Grundstimmung des Titelhelden, der kaum eine Miene verzieht, kommt zunächst die Frage nach einer Art Satire auf, die zum Schmunzeln anregen soll. Doch diese Idee täuscht, denn hinter Joe, der schon als kleiner Junge wusste, dass er einmal Wildhüter werden wollte und seinen Beruf zur Berufung gemacht hat, steckt mehr als es der Beginn der Serie vermuten lässt.

Das Verhalten des Wildhüters wird im Verlauf der Serie durch Flashbacks näher beleuchtet und Pickett, der sich immer wieder in groß angelegte Verschwörungen verstrickt, wächst dem Zuschauer zusammen mit seiner Familie recht schnell ans Herz. Dies mag durchaus auch daran liegen, dass es mit Blick auf den restlichen Cast, der überwiegend aus äußerst unliebsamen, geradezu verachtenswerten Individuen besteht, nicht wirklich schwerfällt, Pickett die Daumen zu drücken. Die Serie schafft es zudem auch aufgrund ihrer bösartigen Gegenspieler, den Spannungsbogen stets hoch zu halten und trotz teils hanebüchener Storyelemente zum Dranbleiben zu animieren. Selbst über das grottenschlechte CGI, das wirkt als wäre es von jemandem mit rudimentären Powerpoint-Kenntnissen erstellt worden, kann aufgrund des äußerst seltenen Einsatzes im Verlauf der Serie weitestgehend hinweggesehen werden. Die Actionszenen mit Thrillerelementen hingegen überzeugen und werden in einem sinnvollen Verhältnis zur Gesamtgeschichte eingesetzt.

Letztlich ist «Joe Pickett» eine Kleinstadtgeschichte, die ab und zu, insbesondere was die zweite Staffel betrifft, höher hinauswill als sie es sollte. Der Protagonist stellt allerdings eine gelungene Abwechslung zum stetig gleichen Heldentypus dar. «Joe Pickett» mag das Rad nicht neu erfinden und ist zum Teil klischeebeladen, entpuppt sich aber im Bereich der Neo-Western als recht sehenswerter Provinzkrimi.

«Joe Pickett» läuft in Deutschland bei Paramount+. Die zweite Staffel startete am 20. August 2023.

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