Interview

Katja Horneffer: ‚Tiefs sind die Gestalter beim Wetter, Hochs hängen meist nur träge in der Gegend herum‘

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Die Diplom-Meteorologin spricht im Quotenmeter-Interview über den Klimawandel und welche Dinge für eine entsprechende Präsentation des Wetters wichtig ist.

Sie feiern am 14. September Ihr 30. Dienstjubiläum beim ZDF mit den Wetteraussichten. Haben Sie noch Erinnerungen daran? War damals das Hochdruck-Gebiet eine Frau oder ein Mann?
Hochdruckgebiete hatten damals männliche Namen – und zwar immer. Genauso wie Tiefdruckgebiete immer weibliche Vornamen hatten. Eingeführt wurde die Namensvergabe im Jahr 1954 von der späteren ZDF-Meteorologin Dr. Karla Wege, als sie noch Studentin an Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin war. Das hatte zunächst vor allem akademischen Wert, weil sich so die Tiefs leichter voneinander unterscheiden ließen. Und es gab zunächst eine Liste mit 260 Namen, die einfach nacheinander „abgearbeitet“ wurden. Erst im Februar 1990, als die beiden Orkantiefs „Vivian“ und „Wiebke“ mit diesen Namen medial in Erscheinung traten, wurde die Namensvergabepraxis einem größeren Publikum bekannt. Und sie rief sofort Kritikerinnen und Kritiker auf den Plan. Dabei ist es praktisch, wenn immer alle Hochs männliche und alle Tiefs weibliche Vornamen tragen – oder umgekehrt. Tiefs sind die Gestalter beim Wetter, Hochs hängen meist nur träge in der Gegend herum. Es setzte sich dann die aktuelle Vergabepraxis durch, nach der alternierend von Jahr zu Jahr mal die Tiefs weiblich, mal die Hochs weiblich benannt werden, und im nächsten Jahr ist es andersherum. Und für die Namen kann seit 2002 gegen eine Gebühr eine Patenschaft übernommen werden.

Sie sind promovierte Diplom-Meteorologin – welche beruflichen Aussichten hat man mit dieser Fachrichtung?
Als Meteorologin können Sie an diversen Forschungseinrichtungen und Universitäten arbeiten. Das Berufsfeld umfasst ein großes Themenfeld der Physik der Atmosphäre: Paläoklimatologie, Klimaforschung, Wolkenphysik, Luftchemie, Bio- und Umweltmeteorologie, Stadtklimatologie, Attributionsforschung, Aerosolausbreitungsrechnung, numerische Modellierung, gekoppelte Ozean-Atmosphäre-Modelle, Geo-Engineering, Fernerkundung und Satellitenmeteorologie, Agrarmeteorologie, Wetterrisikomanagement und natürlich Synoptik – also Wettervorhersage.

Sie landeten zunächst über eine freie Mitarbeit beim ZDF, gehörten zum Team von Antenne Bayern und sind sozusagen seit 25 Jahren fest für das ZDF tätig. Ist eine solche Anstellung ein fester Hafen?
„A ship in a harbour is safe, but that is not where ships are built for.”

Seit drei Jahren leiten Sie das Wetterteam des ZDF. Was muss man hier besonders beachten?
Ich kann Ihnen nur sagen, worauf ich achte: Ich versuche allen meinen Teammitgliedern jederzeit gerecht zu werden. Jede und jeder soll ein Umfeld vorfinden, in dem er oder sie gerne im Team und für das Team arbeitet.

Gibt es im Herbst bestimmte Wetterregeln, die man sich gut merken kann?
Nein.

Mit Nachrichtenstudios wurde in der Vergangenheit viel experimentiert, wünschen Sie sich ein spezielles Studio für die Wetterpräsentation?
Ein virtuelles Nachrichtenstudio, wie das ZDF es hat, ermöglicht uns, im Wetter bildstarke Erklärungen zu unterschiedlichen meteorologischen und klimatologischen Phänomenen aufzubereiten – und den Zuschauerinnen und Zuschauern auf unterhaltsame Weise neue Erkenntnisse zu vermitteln.

Meist wird eine Deutschlandkarte für die Präsentation der Aussichten erstellt. Gibt es hier Trends, das Wetter beispielsweise durch eine dreidimensionale Ansicht oder andere Möglichkeiten aufzuzeigen?
Im Vordergrund jeder Wetterpräsentation steht die Informationsvermittlung. Es sind viele Daten und Fakten, die in etwas mehr als einer Minute dem Publikum vermittelt werden. Deshalb steht die Klarheit der Grafik und die Deutlichkeit der Prognose an erster Stelle. Alles, was die Verständlichkeit fördert, ist zu begrüßen. Da das ZDF ein nationaler Sender ist, werden wir in der Präsentation die Deutschlandkarte weiterhin verwenden – wie sollten sich die Zuschauerinnen und Zuschauer auch sonst orientieren?

Stichwort Temperaturen: Inwieweit gehört Wetter und Klima zusammen?
Wetter ist das, was Sie heute und in den nächsten Tagen an dem Ort erleben, an dem Sie sich gerade aufhalten. Klima ist das, was über einen längeren Zeitraum – etwa 30 Jahre – über einem größeren Gebiet gemittelt an Wetter vorkommt. Da mittelt sich ein kühler August heraus. Wir erkennen, dass sich in Deutschland das Klima verändert. Die Durchschnittstemperatur in Deutschland ist seit 1881 um 1,7 °C gestiegen.

Das Messen von Temperaturen ist ja in den vergangenen Jahren wesentlich einfacher geworden. Skeptiker sagen: Weil jeder überall messen kann, werden neue Höchstwerte entdeckt. Kann man das fachlich einfach widerlegen?
Offizielle Temperaturmessungen erfolgen durch den Deutschen Wetterdienst. Dieser garantiert mit seinen Messungen eine Vergleichbarkeit nach internationalen Vorgaben. So müssen die Messfelder, auf denen gemessen wird, strengen Vorgaben genügen und Temperaturfühler vor Sonne geschützt und belüftet werden, um verlässliche Ergebnisse zu liefern. Wenn jemand fünf Zentimeter über dem schwarzen Asphalt in der Sonne eine Temperatur misst, hat das mit einer offiziellen Temperatur genauso wenig zu tun, wie eine Messung im hauseigenen Tiefkühlfach.

Und wie stellen Sie sicher, dass Ihre Wetter-Prognosen stimmen?
Wetter ist und bleibt ein chaotisches System. Wir bemühen uns im Team jederzeit um die beste Prognose, checken möglichst viele numerische Wettervorhersagemodelle und lassen unsere eigenen synoptischen Erfahrungen einfließen – und sind dennoch vor gelegentlichen Fehlprognosen nicht völlig gefeit.

Danke für die zahlreichen Erläuterungen!

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