Die Seven.One Entertainment Group musste im vergangenen Sommer eine empfindliche Niederlage einstecken, denn RTL Deutschland hatte sich die NFL-Rechte ab Herbst 2023 gesichert und damit für ein Beben in Unterföhring gesorgt. Der langjährige Übertragungspartner der National Football League stand nach Jahren des Hype-Aufbaus ohne sein sportliches Aushängeschild da, zahlreiche Kommentatoren und Experten wechselten von der Isar an den Rhein. Der Verlust der Rechte kam damals in einer Zeit größerer Umwälzungen bei ProSieben, wo man sich am Sonntagabend auf die Etablierung einer neuen Programmfarbe konzentrieren wollte, diese aber gleich mit dem ersten Format «Local Hero» krachend scheiterte.
ProSieben-Chef Daniel Rosemann schaffte es im vergangenen Herbst und Winter, die durch die «Local Hero»-Absetzung entstandene Lücke mit der NFL zu stopfen, doch der Plan war freilich kurzfristig gefasst worden und eben nicht von langer Dauer. Er nahm kurzerhand die komplette reguläre Saison ins Programm, statt die Spiele nur bei ProSieben Maxx zu senden und mit den Playoffs im Januar ins Hauptprogramm zu wechseln. Dass man aber große Stücke auf die NFL setzte, bewies man bereits am ersten Spieltag der Saison 2022, als sowohl der Season-Opener in der Nacht zum Freitag als auch der erste Spieltag bei der roten Sieben zu sehen waren.
Damals schalteten in der Nacht vom 8. auf den 9. September zu Beginn des Spiels 0,15 Millionen Zuschauer ab drei Jahren ein, darunter 0,09 Millionen 14- bis 49-Jährige. Der klare Sieg der Buffalo Bills gegen den damals amtierenden Super Bowl Champion Los Angeles Rams erreichte einen Marktanteil von 13,6 Prozent in der Zielgruppe. Im zweiten Viertel stieg dieser Wert auf 16,9 Prozent an, die zweite Halbzeit kam auf 14,5 und 18,3 Prozent. Bis zum Ende blieben 0,14 Millionen Zuschauer dran. Ein Jahr später übernahm nun RTL Deutschland die Zügel und präsentierte das Saisoneröffnungsspiel ebenfalls im Hauptprogramm. Es trafen die Detroit Lions auf die Kansas City Chiefs, die in diesem Jahr als Champion ins Rennen gehen.
Den Auswärtssieg der Lions sahen vergangene Donnerstagnacht zunächst 0,18 Millionen Zuschauer. Im Gegensatz zu ProSieben stieg die Sehbeteiligung sogar auf 0,20 Millionen, was wohl vor allem mit dem etwas spannenderen Spiel zu tun haben dürfte. Die Einschaltquote bei den Umworbenen lag im ersten Quarter bei 16,9 Prozent, steigerte sich dann auf 18,9 sowie 21,3 und 23,2 Prozent in den Schlussabschnitten. Die Reichweite in der Zielgruppe wurde ab 4:44 Uhr auf 0,12 Millionen beziffert, und fiel damit um 40.000 junge Zuschauer höher aus als vor einem Jahr, obwohl das vierte Viertel damals um 4:26 Uhr begann.
Auch am Sonntagabend hatte RTL die Nase vorn. Das Spiel zwischen Cleveland und Cincinnati verfolgten ab 19:00 Uhr 0,75 Millionen Zuschauer, darunter 0,43 Millionen Jüngere. Das erste Sonntagsspiel 2022 erreichte bei ProSieben damals ab dem Kick-off 0,55 Millionen Menschen. Erst zum Ende des Spiels schafften es die New England Patriots und die Miami Dolphins für einen zweistelligen Marktanteil in der Zielgruppe zu sorgen. Dies gelang RTL am Sonntagabend durchgängig. Den besten Wert setzte es zwar direkt im ersten Viertel, 12,9 Prozent können sich aber mehr als sehen lassen. Im Verlauf des Matches sank die Quote auf 11,8 und zweimal 10,3 Prozent. Während ProSieben in Sachen Reichweite im Vorjahr zulegen konnte und sich auf bis zu 0,92 Millionen Zuschauer während des ersten Spiels steigern konnte, waren die RTL-Werte konstanter. Das zweite Viertel sahen 0,88 Millionen, die restlichen beiden waren für 0,82 und 0,79 Millionen interessant.
Das zweite Spiel des Abends tat sich auf dem Gesamtmarkt etwas schwerer, was man den relativen Zahlen aber nicht ansah. Die Zielgruppen-Quote blieb mit 12,1, 12,2, 10,1 und 12,0 Prozent bis 1:40 Uhr sehr konstant. Nur die Reichweiten waren stark rückläufig. Von den um 22:25 Uhr anwesenden 0,76 Millionen Zuschauer bleiben ab 0:51 Uhr nur noch 0,28 Millionen für das vierte Viertel wach. Einen ähnlichen Verfall erlebte auch ProSieben im Vorjahr, als die Chiefs auf die Arizona Cardinals trafen. Damals folgten dem Spielbeginn 0,67 Millionen Football-Fans, am Ende zählte man nur noch 0,22 Millionen. In der Zielgruppe durfte ProSieben mit Marktanteilen von 9,9, 10,6, 12,6 und 10,6 Prozent sehr zufrieden sein.
RTL startete also sehr gut in die neue Football-Ära. Der Sender gibt sich sichtlich Mühe, den Übergang von ProSieben zu RTL so geschmeidig wie möglich zu gestalten und bietet dem Publikum neben den Live-Übertragungen zahlreiche weiter Inhalte. Ob RTL das hohe Niveau des ersten Spieltags halten kann, muss sich aber noch zeigen, denn ProSieben tat sich im weiteren Verlauf der vergangenen Saison vor allem mit den 19-Uhr-Partien des Öfteren schwer und erreichte in der Zielgruppe nicht selten weniger als die Hälfte des Senderschnitts.
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