Stab
Darsteller: Miroslav Nemec, Udo Wachtveitl, Ferdinand Hofer, Veronica Ferres, Wolfgang Fierek, Max RothbartMusik: Stefan Dettl und LaBrassBanda
Kamera: Michael Hammon
Drehbuch: Robert Löhr
Regie: Rudi Gaul
Es vergehen nur wenige Minuten, bis dem Zuschauer klar wird, dass mit diesem Film ein brisantes MeToo-Thema beleuchtet werden soll: Damit erweist sich der Handlungsrahmen klar als auf der Höhe der Zeit, und er zeigt, dass es ihm ernst ist mit der Beschreibung der Zustände, die er in seinem Milieu skizzieren will. Doch ebenso schnell wird klar, dass dieser «Tatort» vor allem eine verpasste Gelegenheit bedeutet, um eine ernsthafte und differenzierte Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Thema darzustellen. Stattdessen wird die Handlung von Klischees und Stereotypen dominiert, was zu einer oberflächlichen und enttäuschenden Erfahrung führt.
Denn dass sich der Präsident des Bavaria-Bundes (Wolfang Fierek), nach außen hin der biedere Mäzen, bald als widerlicher Lustgreis entpuppt, der schamlos die jungen Hopfenköniginnen sexuell bedrängt, ist ziemlich schnell vorhersehbar. Der Mordversuch an diesem fürchterlichen Mann, der sich mit seinen sexuellen Übergriffen gegenüber den Schönheitsköniginnen auch viele Feinde gemacht hat, hätte trotzdem noch als spannende Ausgangssituation genutzt werden können. Doch leider wird das Thema nur klischeehaft und oberflächlich dargestellt, und die Charaktere bleiben eindimensional. Genauso werden die Schönheitsköniginnen als stereotype Opfer gezeigt, ohne dabei viel Tiefe oder Persönlichkeit zu entwickeln. Ihre Motive, an dieser Veranstaltung teilzunehmen, ihre Lebensziele und Wünsche bekommen in diesem Film kaum Raum.
Die Ermittler Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl), die normalerweise für ihre komplexer gefärbte Charakterentwicklung bekannt sind, wirken in diesem Fall seltsam desinteressiert und oberflächlich und schwadronieren ständig von alten Zeiten, anstatt sich wirklich mit dem MeToo-Thema auseinanderzusetzen. Selbst die Einführung der Nördlinger Zwiebelkönigin (Daria Vivien Wolf) als Polizeischülerin, die zur Lösung des Falls beiträgt, bleibt eher ein Gag als eine sinnvolle Bereicherung der Handlung. Diese Figurenkonstellation wirkt stets erzwungen und trägt wenig zur Entwicklung der Hauptcharaktere bei.
Insgesamt fehlt es «Königinnen» die ganze Zeit über an Substanz und Ernsthaftigkeit. Ein so wichtiges Thema wie sexuelle Belästigung und Machtmissbrauch sollte mit der gebotenen Sensibilität und Tiefe behandelt werden. Leider verkommt der Film zu einer oberflächlichen und uninspirierten Krimigeschichte, die das MeToo-Thema eher trivialisiert als aufklärt. Es ist schade, dass mit dieser «Tatort»-Folge die Gelegenheit verpasst wurde, eine eindringliche Botschaft zu vermitteln, und stattdessen auf Stereotypen und Klischees zurückgegriffen wurde. So ist dieser Film leider zu einer handfesten Enttäuschung geraten, die zeigt, wie wichtig es ist, bedeutende soziale Themen mit der nötigen Ernsthaftigkeit und dem gebührenden Respekt vor den Opfern zu behandeln, anstatt sie bloß für oberflächliche Krimigeschichten zu verwenden.
Der Film «Tatort – Königinnen» wird am Sonntag, den 29. Oktober um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
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