Seit 2011 gehört «The Voice of Germany» fest zum Herbst-Programm der beiden Schwestersender Sat.1 und ProSieben. Nach wie vor zeichnet die Castingshow für ein Millionenpublikum und hohe Einschaltquoten verantwortlich. Innovative Neuerungen, die sich nicht auf das Personal auf den roten Drehstühlen beziehen, halten sich indes in Grenzen. In diesem Jahr tauschte die Produktionsfirma Bildergarten Entertainment sämtliche Coaches aus und vertraute auf Giovanni Zarrella und Ronan Keating, die sicherlich das eher ältere und weibliche Sat.1-Publikum ansprechen sollen, sowie die auf das ProSieben-Publikum zugeschnittenen Shirin David und die Brüder Bill und Tom Kaulitz, die gemeinsam ein Team zum Sieg führen sollen.
Die Neugierde auf die runderneuerte Jury hielt sich aber in Grenzen. Die Staffelpremiere, die bei ProSieben am 21. September lief, verfolgten nur 1,59 Millionen Zuschauer. Das waren knapp 600.000 Zuschauer weniger als vor einem Jahr, als die zwölfte Staffel wegen der Fußball-Weltmeisterschaft im Winter bereits Mitte August begann. Der Marktanteil lag in diesem Jahr bei 12,6 Prozent, im Vorjahr wurden noch 14,0 Prozent ausgewiesen. Die zweite Folge sendete Sat.1 24 Stunden später, anders als 2022 stiegen die Werte am Freitagabend an auf 1,64 Millionen und 14,6 Prozent. Da ProSieben die dritte Folge bereits am Sonntag, 24. September, zeigte, war Sat.1 erneut erfolgreicher als die roten Sieben. Am Sonntag kam ProSieben auf 10,9 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen, Sat.1 auf 12,5 Prozent.
Bis Mitte Oktober hatte dann aber ProSieben die Nase vorn – und zwar deutlich. Am 5. Oktober wurden 10,9 Prozent in der Zielgruppe gemessen, Sat.1 schaffte es einen Tag später nur auf 8,2 Prozent. Am 12. Oktober bracht es ProSieben dann sogar auf grandiose 14,1 Prozent. Sat.1 blieb in der vierten Woche hingegen erneut einstellig bei 9,4 Prozent. Freilich, für den kriselnden Bällchensender sind das tolle Werte aber im Mittel schaffte es die 13. «The Voice of Germany»-Staffel bei Sat.1 auf 1,1 Prozentpunkte weniger als bei ProSieben. Auch die Reichweite ist bei ProSieben mit 1,46 Millionen Zuschauer ab drei Jahren gegenüber 1,41 Millionen Sat.1-Sehern klar höher.
Zuletzt lief es zum Ende der beliebten Blind Auditions, deren letzte Ausgabe mit dem Anfang der Battle-Ausgaben kombiniert wurde, ein wenig besser für Sat.1, denn ProSieben musste sich mit 11,2 Prozent begnügen, während Sat.1 mit dem Blind-Auditions-Battle-Mix auf 11,7 Prozent kam. Das Problem für Sat.1: Nach den Blind Auditions ist mit einem signifikanten Niedergang der Quoten zu rechnen, der auch in diesem Jahr nicht an der Unterföhringer TV-Station vorbeiging. War ProSieben am vergangenen Donnerstag noch mit 12,1 Prozent erfolgreich, musste Sat.1 mit 8,7 Prozent vorliebnehmen. Der Effekt ist nicht neu, auch in den vergangenen Jahren klang das Interesse an «TVOG» nach dem blinden Vorsingen klar ab.
Waren im vergangenen Jahr noch regelmäßig über zwei Millionen Zuschauer bei den Blind Auditions drin, pendelte sich die Reichweite danach bei etwas mehr als 1,60 Millionen ein. Auch dieses Niveau kommt die diesjährige Staffel allerdings erst gar nicht. Im Schnitt verfolgten 1,43 Millionen Menschen die Castingshow, vergangenen Freitag zählte man nur noch 1,28 Millionen. Im vergangenen Jahr erreichte die gesamte Staffel – also auch die schwächeren Endrunden-Ausgaben mitgezählt – 1,86 Millionen Fans, 2021 waren es noch 1,91 Millionen. Damals war der Ausstrahlungsrhythmus übrigens noch Donnerstag (ProSieben) und Sonntag (Sat.1).
«The Voice of Germany» zeigt klare Abnutzungserscheinungen, nach über einem Jahrzehnt auf Sendung muss sich Sat.1 und ProSieben dringend etwas überlegen, um frischen Wind zu erzeugen. Die Abnutzung wird zudem darin gefördert, dass das Publikum an zwei Abenden in der Woche fast sechs Stunden allein für die Muttersendung aufwenden muss, hinzu kommt noch der Ableger «The Voice Rap», der im Anschluss an die ProSieben-Ausgaben gesendet wird. Das mag für den ein oder anderen Fernbedienung teilenden Zuschauer zu viel des Guten sein und sollte auch RTL eine Warnung sein.
In Köln verzichtete man in diesem Jahr auf eine überbordende Ausstrahlung der Reality-Sendung «Das Sommerhaus der Stars», das bislang stets dienstags gesendet wurde. Mit dem Ende von «Die Verräter» verdoppelt man allerdings die Dosis und zeigt das Krawall-Format auch am Mittwoch. Eigentlich sollte es RTL besser wissen, dass zu viel gleicher Content nicht verträglich ist. Im Herbst 2021 zeigte man das «Sommerhaus» gleich an drei Abenden die Woche und verlor in der Zielgruppe mehr als zweieinhalb Prozentpunkte gegenüber dem Jahr 2020. Die Reichweite sank von 2,43 Millionen (2020) auf 1,83 Millionen (2021). Folglich drosselte man die Dosis, was den Quotensturz in diesem Jahr zum Stoppen brachte. Gegenüber 2022 legte die diesjährige Staffel von 1,61 auf 1,70 Millionen Zuschauer sowie von 11,7 auf 12,7 Prozent Marktanteil zu. Bleibt abzuwarten, ob sich dieser Trend mit der doppelten Portion «Sommerhaus» fortsetzen wird, schließlich muss und will die Sendung zum Ende hin auf den quotenbringenden Antagonisten – glücklicherweise – verzichten.
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