It Lives Within
USA 2022REGIE und DREHBUCH: Bishal Dutta
PRODUZENTEN: Raymond Mansfield, Sean McKittrick
KAMERA: Matthew Lynn
SCHNITT: Jack Price
MUSIK: Wesley Hughes
BESETZUNG: Megan Suri, Neeru Bajwa, Mohana Krishnan, Vik Sahay, Gage Marsh, Beatrice Kitsos, Betty Gabriel
«It Lives Inside» hat seine Momente, die einen Kinostart rechtfertigen. In seinen Spannungsmomenten gelingt es der Story lange Zeit, ein Gefühl steter Bedrohung aufrecht zu erhalten. Das alles ist ohne Fehl und Tadel über weite Strecken inszeniert. Vor allem das Nicht-Sehen des Bösen fühlt sich beim Betrachten des Filmes über weite Strecken einfach unbehaglich an. Man spürt die Anwesenheit von etwas Bösen, aber es lässt sich nicht greifen und bleibt für die Augen unsichtbar. Dass der Film dann auch noch einige Erwartungen brutal bricht, und das Brutal ist wörtlich zu verstehen, lässt einen großartigen Horrorfilm erwarten, der sich nur leider irgendwann selbst im Wege steht, wenn es ihm nicht mehr ausreicht, einfach nur ein Horrorfilm sein zu wollen.
«It Lives Inside» funktioniert, solange er sich an die Funktionsmechanismen des Horrorfilmes hält und das Publikum erschrecken will. Er sieht gut aus und der Dämon, der sein Unwesen treibt, ist wirklich ein düsterer Astralgeselle, dem man nicht im Dunkeln, ach was, dem man gar nicht begegnen möchte. Irgendwann aber erinnert sich Regisseur Bishal Dutta daran, dass er als Kind in eine ihm fremde Kultur gekommen ist und einen Clash of Cultures erlebt hat. Der indische Junge in der amerikanischen (weißen) Vorstadt. Anfangs spielt dieser autobiografische Aspekt in seinem Film nur insofern eine Rolle, als Samidha angesprochen wird, sich um Tamira zu kümmern – weil sie beide ja Inderinnen seien. Samidha ist aber keine Inderin. Ihre Eltern mögen aus Indien stammen. Sie aber ist Amerikanerin und dieses „kümmere dich doch um sie“ nervt sie. Was vollkommen verständlich ist und schließlich zur Eskalation führt, als sie Tamira das Glas aus der Hand schlägt. Danach spielt ihre Herkunft keine Rolle mehr, denn das Böse ist freigelassen und die Spannung nimmt ihren Lauf. Bis zu dem Moment, in dem sich die Regie entscheidet, dass die Herkunft eben doch sehr, sehr wichtig ist - und zum Telekolleg „Migration in den USA: Die gehobene Vorstadt“ einlädt. Plötzlich verwandelt sich «It Lives Inside» in ein Drama. Da ist Samidhas Mutter, die nie in den USA angekommen ist und nur Hindi spricht.
Da ist der Vater, der die neue Heimat angenommen hat, was zwischen ihm und seiner Frau zu einer gewissen Sprachlosigkeit führt. Für Samidha wird Herkunft plötzlich ganz wichtig. Der Schmelztigel wird entschmelzt, Kultursensibilität ist angesagt. Das alles kann man natürlich machen. In einem Teendrama, das dann auf arte seine Fernsehpremiere erlebt. «It Lives Within» ist allerdings ein Horrorfilm, der leider spätestens im letzten Akt vergisst, dass er ein Horrorfilm sein will. Stattdessen geht es mit einem Mal um verlorene Traditionen, um das Fremdsein in der Fremde, um die Frage, was Heimat bedeutet. Darüber kann man natürlich Filme machen. «It Lives Within» ist aber kein solcher Film, denn indem er seine Horrorfilm-DNA aufgibt, gibt er sich selbst auf. Das Unbehagen schwindet dahin, lange, bevor die Handlung zu ihrem Ende gelangt. Aus der Spannung entwickelt sich gepflegte Langweile. Irgendwann bleibt man nur im Kino der Höflichkeit wegen sitzen. Vielleicht schließt man die Augen auch für ein Nickerchen. Es passiert eh nichts mehr, was wirklich spannend wäre.
Fazit: Nach einem krachenden, spannenden Einstieg und einem unangenehmen Mittelteil verliert sich «It Lives Within» in einem kultursensiblen Migrationsdrama. Was bleibt, das ist ein Film, der daran scheitert, einfach viel zu viel sein zu wollen – und dadurch am Ende nichts richtig ist.
Ab dem 2. November 2023 im Kino
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