Hallo Herr Ley, mit dem Doku-Drama «Ich bin! Margot Friedländer» haben Sie leider unverhofft ein hochaktuelles und brisantes Thema getroffen, das bei der Produktion sicherlich so nicht absehbar war. Wo waren Ihre Gedanken am 7. Oktober 2023?
Ich habe einige Zeit gebraucht um zu realisieren, was gerade in Israel passiert – und zu verstehen, dass eine schweigende Mehrheit unter den Nichtbetroffenen hier bei uns, sich jetzt der Stimme zu diesen Vernichtungsphantasien (nicht nur der Hamas) enthält, so schreibt Durs Grünbein in der ‚SZ‘, dies ist ein historischer Wendepunkt.
Um das Leben von Margot Friedländer aufzuarbeiten, wählten Sie die Form des Doku-Dramas. Warum?
Man hätte auch komplett fiktional erzählen können – das war aber weder die Voraussetzung noch die Aufgabe unseres Filmes – und zudem: Frau Friedländer hat eine mächtige Stimme, die es wert ist, gehört zu werden.
Trotz ihres Alters von über 100 Jahren wirkt Margot Friedländer sehr lebendig und energisch. Wie war die Zusammenarbeit mit ihr?
Intensiv – wir haben uns zu acht oder neun Interviews getroffen und haben ihr Leben Revue passieren lassen, haben die Dinge besprochen, die ihr und mir wichtig waren.
Der Cast ist mit Iris Berben, Charly Hübner, Herbert Knaup und Axel Prahl hochkarätig besetzt. Wie lief das Casting der Star-Schauspieler ab, da sie zum Teil nur kleine Nebenrollen spielen?
Gemeinsam mit unserer Casterin Anja Dihrberg haben wir eine Besetzung ausgelotet. Dass letztlich alle zugesagt haben, war natürlich großartig.
Zum Ende des Films ist die Begegnung von Margot Friedländer mit Julia Anna Grob zu sehen, die die junge Friedländer spielt. Es sind nur ein paar Sekunden. Warum bekam die Begegnung keinen größeren Raum?
Dann hätte sie ihre Überraschung verloren und so saß die Begegnung auch dramaturgisch am richtigen Platz.
Im ZDF lief die Ausstrahlung eher suboptimal. Weniger als zwei Millionen Menschen schalteten ein. Wie interpretieren Sie das ausgebliebene Interesse?
Im „Land der Täter“ laufen bekanntlich Filme über Opfer oder Überlebende des Holocaust nicht besonders gut – aber wir sind mit der Resonanz insgesamt sehr zufrieden.
Hätten Sie sich bessere Einschaltquoten gewünscht? Oder ist bei diesem Film der Inhalt das einzige Hauptaugenmerk und alles andere völlig irrelevant?
Natürlich hätten wir uns das gewünscht – auch mehr Empathie, mehr Mitgefühl und Interesse für die Schicksale der Überlebenden.
Erlauben Sie noch eine Frage zu den Abrufzahlen: Wie lief es in der Mediathek? Was können Sie uns über die Zahlen dort verraten?
Die genauen Zahlen kennen wir leider nicht. Aber unsere Erfahrungen sind da sehr gut, dass da noch einiges passieren kann.
Was war Margot Friedländers Reaktion auf den Film?
Das war sehr spannend und aufregend: Wir haben im Vorfeld den finalen Rohschnitt mit ihr gemeinsam angeschaut – und nach der Vorführung schwieg sie längere Zeit und sagte dann – so war es. Das alles jetzt so zu sehen, sei für sie erschütternd, denn sie habe das alles ja erlebt. Und dann sagte sie, dass wir die richtigen Bilder gefunden hätten.
Wenn Sie eine Botschaft aus dem Film herausstreichen müssten, welche würden Sie nennen?
Nie wieder ist jetzt.
Herr Ley, vielen Dank für das Gespräch.
«Ich bin! Margot Friedländer» ist in der ZDFmediathek abrufbar.
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