Hubert Seipel machte sich mehrfach einen Namen im deutschen Fernseh- und Mediengeschäft. Unter anderem gewann er 2006 und 2014 jeweils einen Deutschen Fernsehpreis für seine Dokumentationen. Er gilt als ausgewiesener Russland-Experte und wurde vielfach von großen Nachrichtenhäusern unter anderem über Wladimir Putin befragt. Häufig war er Gast in deutschen Talkshows. Für den NDR produzierte er unter anderem die Doku «Ich, Putin – Ein Portrait» (2012) und führte die Interviews mit Edward Snowden und Wladimir Putin in Moskau (2014).
Das Nachrichtenmagazin ‚Spiegel‘ und das ZDF erhoben nun schwerwiegende Vorwürfe gegen Seipel, die die journalistische Unabhängigkeit des Filmemachers in Frage stellen. Laut der Berichte soll Seipel im Laufe der Jahre insgesamt 600.000 Euro vom russischen Oligarchen Alexej Mordaschow, den die Europäische Union im Februar 2022 wegen seiner Nähe zu Putin sanktioniert hatte, erhalten haben. Laut ‚Spiegel‘ gehen diese Daten aus dem Projekt „Cyprus Confidential“ hervor. Angaben des Nachrichtenmagazins zufolge ist „Cyprus Confidential“ eine vom ‚Spiegel‘ und dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) angestoßene Recherche, die fragwürdige Geschäfte des EU-Landes Zypern aufdeckt. Interne Dokumente zyprischer Finanzdienstleister zeigen, wie sanktionierte russische Oligarchen Zypern als eine Art Hintertür zur Europäischen Union (EU) nutzten und ihr Vermögen trotz Sanktionen verschleiern, verstecken und vermehren konnten.
In früheren Interviews habe Seipel etwaige Zahlungen verneint, gegenüber dem NDR hat Seipel nun aber eingeräumt, er habe über zwei „Sponsoring-Verträge“ 2013 und 2018 Geld von Alexey Mordashov erhalten und erklärt, es sei für zwei Buchprojekte gewesen. Im ‚Spiegel‘-Bericht hieß es, dass Seipel das Geld erhalten haben, ihm aber vertraglich zugesichert worden sei, dass er keinerlei inhaltliche Verpflichtungen gegenüber dem Sponsor habe. Seipel, so stellt es der NDR klar, war zuletzt 2019 für den NDR tätig. Den Abschluss der Verträge habe Seipel dem NDR gegenüber damals nicht offengelegt. In einer Mitteilung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt spricht der Sender von „einem erheblichen Interessenskonflikt, der Seipels journalistische Unabhängigkeit in Zweifel zieht“. Den Abschluss hätte Seipel der Produktionsfirma und dem NDR gegenüber offenlegen müssen. Der NDR verlangt in Produktionsverträgen und Compliance-Regeln, dass mögliche Interessenskonflikte offengelegt werden und die journalistische Arbeit frei vom Einfluss Dritter durchgeführt wird.
„Es besteht der Verdacht, dass wir und damit auch unser Publikum vorsätzlich getäuscht worden sind“, erklärt NDR-Intendant Joachim Knuth. „Dem gehen wir jetzt nach und prüfen rechtliche Schritte. Die Vorgänge um die Beauftragung und Umsetzung der Filme, die Hubert Seipel für den NDR realisiert hat, werden wir gründlich überprüfen. Hierfür konnten wir den ehemaligen Spiegel Chefredakteur Steffen Klusmann gewinnen.“ Aktuell befindet sich keiner der Filme von Hubert Seipel in der ARD-Mediathek.
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