Serientäter

«Doctor Who – Das Kichern»: Ein würdiger Abschluss!

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Zum 60sten Geburtstag hat die BBC mit ihrem neuen Partner Disney+ den Fans von «Doctor Who» ein besonderes Geschenk gemacht und drei Specials mit David Tenannt in der Hauptrolle produziert. «Das Kichern» schließt diesen kleinen Reigen würdig ab und startet gleichzeitig in eine neue Ära.

Doctor Who: Das Kichern

REGIE: Chanya Button
DREHBUCH: Russell T Davies
SHOWRUNNER: Russell T Davies
MUSIK: Murray Gold
KAMERA: Mika Orasmaa
MONTAGE: MarkTrend
BESETZUNG: David Tennant, Catherine Tage, Charlie de Melo, Neil Patrick Harris, Ruth Madeley, Jemma Redgrae, Bonnie Langford, Alexander Devrient
Nach dem großartigen Einstieg, «Das Monster von den Sternen», folgte mit «In blauer Ferne» ein eher durchwachsenes Vergnügen. Trotz des neuen Co-Produzenten Disney+ und dessen gefüllten Brieftaschen, ist es offensichtlich, dass das zweite Special mit einem weitaus geringerem Budget auskommen musste als der Einstieg in die Trilogie. Den Doctor und seine Begleiterin Donna Noble verschlägt es auf ein herrenloses Raumschiff am Rande des Universums. Das ist auch schon die Handlung. Obschon die Episode ein sehr klassisches «DoctorWho»-Feeling versprüht, ist sie doch kaum mehr als eine durchschnittliche Füll-Folge, die es ermöglicht, im dritten Special mit einem wieder größeren Budget einiges an Schauwerten zu bieten.

«Das Kichern» wird bereits im Epilog des zweiten Specials eingeführt. In London herrscht Chaos. Warum? Weil die Menschen bekloppt geworden sind. Jeder hat recht. Und weil jeder recht hat, pocht jeder darauf, recht zu bekommen. Warum und wieso?

Schnitt und Prolog Special 3. Wir schreiben das Jahr 1925. Der schottische Erfinder John Logie Baird lebt inzwischen in Soho, London, wo er an einer bahnbrechenden Erfindung arbeitet: dem Fernsehgerät. Basierend auf Ideen einer Reihe von Vorgängern hat er ein Verfahren entwickelt, das vermutlich ein bewegtes Bild übertragen könnte. Konjunktiv. Um dies zu testen, hat sein Assistent im Spielzeugladen eines sehr seltsamen (deutschen?) Einwanderers eine Puppe gekauft, die Baird vor einer Kamera positioniert. Warum Puppe? Weil im Aufnahmeraum die Lampen solch eine Hitze erzeugen, dass ein Mensch Verbrennungen davontragen würde. Der Versuch wird ein Erfolg, und dass wir heute Fernsehen schauen können, ist in einem besonderen Maße diesem Moment zuzuschreiben – den «Das Kichern» für seine Geschichte kapert.

Schnitt und Gegenwart: In London herrscht Chaos. Autos fahren über Bürgersteige, Explosionen erschüttern die Stadt; der Doctor und Donna Noble, gerade erst aus der Tardis gestiegen, beobachten das Geschehen mit einer gewissen – Verwunderung. Ein in einem schwarzen Frack gekleideter Mann schnappt sich den Doctor zu einem Tanz. Er wirkt in diesem Chaos nicht verrückter als all die anderen. Die Zuschauerschaft jedoch erkennt in ihm den Spielzeugverkäufer aus dem Jahr 1925 wieder. Der Doctor reißt sich los und wird von einer Einheit von UNIT aufgespürt, deren Mitglieder offenbar von dem Wahnsinn verschont geblieben sind. Dank einer außerirdischen Technik hat UNIT einen Weg gefunden, zumindest die eigenen Leute zu schützen. Das Chaos jedoch lässt sich nicht stoppen. Den Grund für das Geschehen glauben sie entdeckt zu haben: Es handelt sich um einen Ton, der offenbar über Bildschirme verbreitet wird. Doch ist es wirklich ein Ton – oder nicht vielmehr ein Kichern?

Das dritte und letzte Special, bevor es mit einem neuen Hauptdarsteller in eine neue Staffel geht, ist eine überraschend gesellschaftssatirische Geschichte, die sich der Radikalisierung der westlichen Gesellschaften widmet. Es sind kleine Schnipsel, die zu einem schaurigen Schmunzeln verführen: Fernsehclips, die zum Beispiel Politiker zeigen, die vor Kameras stehen und erklären, dass ihnen die Wählerinnen und Wähler ziemlich am Allerwertesten vorbeigehen, denn am Ende zähle schließlich eh nur die eigene Meinung. Zwingt das Kichern diese Menschen Dinge zu sagen, die sie gar nicht so meinen, weil das Kichern sie manipuliert? Oder sagen sie einfach versehentlich die Wahrheit?

Der Urheber des Kicherns ist von Anfang an bekannt: Mit Neil Patrick Harris («How I Met You Mother») haben sich die Macher einen veritablen Gaststar geleistet, dessen Darstellung des Toymakers Erinnerungen an Batmans Lieblingsfeind den Joker weckt. Harris agiert sichtlich mit Spaß an der Überdrehtheit seiner Figur, er weiß aber auch einige ernste Momente zu setzen. So dominiert er seine Szenen und führt eine Figur ins Universum von «Doctor Who» ein, die Nachhall erzeugt über die Episode hinaus erzeugt. Jener Moment, in dem Harris im Frack gekleidet im Chaos von London steht, hat bildkompositorisch und dank Harris' Ausstrahlung das Potenzial, zu einem ikonischen Moment innerhalb des «Doctor Who»-Kosmos zu werden.



Ganz korrekt ist die Formulierung, hier würde eine Figur eingeführt – nicht! Bereits in einem Vierteiler aus dem Jahr 1966 traf der Doctor in einem Raum jenseits von Raum und Zeit auf eben diesen Toymaker. Abgesehen von der letzten Episode, von der eine 16-mm-Kopie existiert, gelten die ersten drei Episoden als verschollen. 1986 diente das Drehbuch als Vorlage für eine Roman-Adaption, sodass die Geschichte unter britischen Fans bekannt ist – und sehr geschätzt wird. Die Figur des Toymakers ist denn auch in mehreren Hörspielen und Büchern/Comics aufgetreten, lediglich eine Rückkehr auf die Bildschirme hat sich mehrfach zerschlagen. Bis jetzt. Über die Figur des Toymakers und knüpft die Handlung nebenbei an die Geschehnisse der letzten regulären Staffel an (mehr sei nicht verraten) und schlägt einen Bogen in die Zukunft und den Neuanfang mit einem neuen Hauptdarsteller – denn ein Neuanfang wurde unlängst angekündigt. Nicht im Sinne eines Reboots, mehr in der Form, dass neue Zuschauerinnen und Zuschauern der Einstieg in die Serie ermöglicht werden soll, die «Doctor Who» bislang nicht kennen und die nicht unbedingt Lust haben, 60 Jahre TV-Geschichte aufzuarbeiten. Daher dürfte das Auftreten eines früheren Companions des Doctors, wie dies in diesem Special der Fall ist, wohl vorerst ein letzter Auftritt dieser Art sein: Ein letztes Leckerchen für alte Fans, bevor eine neue Zeitrechnung beginnt.

David Tennant ist der zweite Schauspieler, der «Doctor Who» nach dem (ersten) Neustart 2005 vekörpert hat. Aber erst er hat diese Figur definiert und hat ihr Potenzial regelrecht an die Oberfläche geprügelt. Ein Potenzial von dem vorher selbst Hardcorefans nicht wussten, dass es überhaupt existiert. Tennant als Schauspieler und Russel T Davies als Showrunner stellten ein Tandem dar, das sich gesucht und gefunden hatte. Ihre gemeinsame Zeit gilt zu Recht als Goldene Ära der Serie nach 2005, gemeinsam haben sie den Grundstein für den Erfolg der Serie gelegt. Es ist demnach nur konsequent, dass Russell T Davies für seine Rückkehr in den Serienkosmos Tennant zu einer Rückkehr animiert hat – wissend, dass er damit Fragen aufwirft: Ein Doctor, der einmal seine alte Gestalt verliert – kehrt nie zurück. Tenannts Doctor ist zurückgekehrt. Warum und wieso? Davies bleibt im Philosophischen. Und das ist schön, denn so verärgert er die Hardcorefans nicht und lässt ein paar Hintertürchen offen, die es ermöglichen, dass Tennant vielleicht ja nicht zum letzten Mal zurückkehrt. Wie, das soll nicht gespoilert werden, aber Davies nutzt einfach die ganz eigenen Regeln der Welt des Doctors, um einen Weg zu kreieren, der schon wieder so durchgedreht ist – dass er funktioniert.

Das dritte und letzte Special ist ein würdiger Abschluss der kleinen Trilogie, die Fans ein Lächeln ins Gesicht zaubert, einen Bösewicht zurück ins Spiel bringt, einen Übergang zur neuen Serie erschafft und ganz nebenbei noch bestens unterhält. Was will man mehr?

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