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Nach einer sich anbahnenden Schlägerei landet der von Björn Meyer (Münster-«Tatort») gespielte Ringo in einer Klinik, seine Frau Carla (Petra Schmidt-Schaller, «Die Toten von Marnow») eilt ihm zu Hilfe. Der Zuschauer lernt Ringo also als tollpatschigen Mann kennen, der seine Patchwork-Familie vor dem Schlimmsten bewahren muss. Da trifft es sich gut, dass die Familie aus dem Landkreis Waldshut in der Nähe des Bodensees einen Kurztrip ins schweizerische Zürich unternimmt.
Auf dem Weg zur Toilette, Ringo muss sich eine Insulinspritze setzen, trifft er zufällig auf den Immobilienmakler Urs (Philippe Graber, «Sturm: Bis wir tot sind oder frei»), der in einer unglücklichen Ehe lebt, seine Ersparnisse in ein kleines Einfamilienhaus am Stadtrand gesteckt hat und von seinem Chef ständig schlecht gemacht wird. Urs ist kein erfolgreicher Verkäufer. Mehr Schein als Sein. Das gilt auch für Ringo, der beim Mittagessen auf der Terrasse auf Urs trifft und ihm in seiner unbeholfenen Art gleich Wein aufs Hemd schüttet.
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Das erinnert inzwischen an Netflix-Doku-Serien wie «Der Tinder-Betrüger», der sich mit dem Geld anderer ein tolles Leben aufbaute, aber selbst nie große Summen besaß - oder an «Inventing Anna»: Die Geschichte von Anna Sorokin bescherte Netflix im vergangenen Jahr gute Publicity, und bis heute wird darüber gestritten, ob die Deutsch-Russin wirklich betrogen hat oder nur leichtgläubige Menschen zum Investieren überredete.
Bei «Der Scheich» kommt glücklicherweise hinzu, dass der Streaming-Abonnent nicht weiß, wie die Geschichte ausgeht. Gedreht wurde das bisher achtteilige Epos nämlich in der Nähe des Bodensees und in Zürich, so dass die Bilder auch einen tollen Look haben. Dabei ist es ähnlich spannend wie bei «Catch Me If You Can», wann und vor allem wie Ringo scheitern wird. Das System wird im Laufe der Serie immer größer, immer mehr Menschen investieren ihr Erspartes oder das ihrer Firma in die Wünsche der katarischen Familie. Im Jahr der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar passt das auch thematisch wunderbar. Von Menschenrechten spricht keiner der Reichen, warum auch? Schließlich wollen die Scheichs Geld verdienen und nicht die Welt verbessern.
Doch die Szenerie wird im Laufe der Staffel immer bizarrer. Immobilienmakler Urs wechselt in die neu gegründete Firma des Scheichs, darf sich mit Millionenwerten herumschlagen und lädt Ringo schließlich auf seine Familienbaustelle ein. Dort scheitert der große Grillmeister an der Zubereitung, seine Frau ist entsetzt und peinlich berührt. Doch ihr kommen Ringos Geschichten immer merkwürdiger vor.
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Die «Sörensen hat Angst»-Schauspielerin Bettina Stucky greift als Beatrice von Greifen in die Handlung ein. Sie ist Politikerin der Schweizer Volkspartei und will den Scheich für ein viel zu großes Projekt in die Schweiz locken. Natürlich bekommt auch von Greifen eine private Geschichte untergejubelt, die allerdings eher wie ein Pausenfüller wirkt.
Am Ende hätte Dani Levy allerdings deutlich nachbessern müssen. So gut «Der Scheich» anfängt, so schwach endet die Serie nach acht Folgen. Man hat das Gefühl, dass man den großen Knall hinausgezögert hat, um eventuell irgendwann eine zweite Staffel nachschieben zu können. Alles, was in der Serie passiert, ist einfach nicht stimmig. Trotzdem: Sieben Folgen lang hat man Spaß.
«Der Scheich» ist bei Paramount+ zu sehen.
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