Hallo Frau Schuch! «Die zweite Welle» handelt von dem unfassbaren Tsunami im indischen Ozean. Wissen Sie noch, wo Sie am 26. Dezember 2004 waren, als Sie diese Bilder sahen?
Ich war auf Lanzarote und vollkommen überrascht, fassungslos und auch ängstlich. Wenn ich mich richtig erinnere, war diese Naturkatastrophe auch eins der ersten Ereignisse überhaupt, von dem so viele private Videos existierten, weil in dieser Zeit die ersten Handys mit guter Videofunktion auf den Markt kamen.
230.000 Menschen sind durch den Tsunami sind durch das unterirdische Erdbeben gestorben, die Länder haben inzwischen ein Frühwarmsystem aufgebaut. Gehen Sie immer mit ein bisschen Skepsis ins Meer?
Ich habe großen Respekt vor Wellen und dem Meer generell, das war schon vor dem Tsunami so. Strandurlaub ist überhaupt nicht mein Ding.
Sarah Schnier hat aus diesem Szenario eine Miniserie gemacht. Waren Sie für das Projekt gleich Feuer und Flamme?
Als ich die Bücher fertiggelesen hatte - ja total. Was ich besonders finde: Sarah hat es geschafft, jeder Figur eine eigene Geschichte in Bezug auf den Tsunami und einen ganz individuellen Umgang mit Alexandra zu schreiben. Die Unvorhersehbarkeit und die Wucht, mit der sie meine Figur Alexandra erzählt finde ich herausragend.
Sie verkörpern Alexandra Voss, die die Katastrophe überlebt hat. Wie würden Sie definieren?
Alexandra ist eine kaputte, gebrochene Seele, die sich nach vielen Jahren in Gefangenschaft ein ruhiges Leben erhofft. Sie hat in ihrem Leben keine vertrauensvollen kindlichen Erfahrungen machen können, der Grundstein für ein sicher gebundenes und friedliches erwachsenes Leben. Ihr Versuch, sich den eigenen elterlichen Strukturen zu entziehen, ist ihr am anderen Ende der Welt geglückt und dann doch auf tragische Weise zerstört worden. Alexandra weiß nicht, was eine gute Mutter ausmacht – woher auch? Dieser Dualismus aus einerseits dem unbedingten Willen, das eigene Kind zurückzubekommen und andererseits aber gar nicht zu wissen, wie sie diesem ja mittlerweile fast erwachsenen Kind begegnen soll, ist das schmerzvolle Lebensthema von Alexandra. Am stärksten habe ich mich auf die Wut und den Wunsch nach Rache gefreut, mit denen sie durchs Leben zieht. All die Jahre, die an ihr vorübergezogen sind, all die schöne Zeit, die sie hätte haben können: unwiederbringlich vorbei. Ihr körperlicher und seelischer Schmerz darüber ist in jeder Szene spürbar. Gefühle wie Wut und Rachegelüste sind zutiefst menschlich und ergo auch weiblich, sie werden in dieser Form aber eher an Männerfiguren erzählt.
Alexandra saß auch lange im Gefängnis. Folgt dort noch ein Geheimnis?
Natürlich wird Alexandra in diesem thailändischen Gefängnis Dinge erlebt haben, die ganz wesentlich zu ihrem Charakter beigetragen haben. Ich mag aber, dass dies nicht weiter auserwählt wird. Das ist ziemlich „undeutsch“ und dadurch viel interessanter für mich als Schauspielerin.
Das ZDF hat die Serie bereits am 4. November in der Mediathek veröffentlicht. Wie sind die bisherigen Rückmeldungen?
Ich freu mich total, dass die Serie sehr gut aufgenommen und auch viel in einem Stück geschaut wurde. Viele loben den Spannungsbogen und das Schauspiel, was uns, die wir als Ensemble sehr zusammengewachsen sind, natürlich total freut.
Am 27. und 28. Dezember läuft «Die zweite Welle» im ZDF. Hoffen Sie, dass Sie damit ein großes Publikum bewegen können?
Das hoffe ich natürlich immer, aber in diesem Fall ganz besonders, weil mir dieses Projekt viel bedeutet. Für mich war diese Rolle totales Neuland und sehr herausfordernd. Ich bin gespannt, wie wir das lineare Publikum erreichen und freu mich auf die Ausstrahlung. Gerade das moralische Dilemma, in dem sich jede Figur unserer Serie befindet, scheint mir gerade für die Weihnachtszeit ein interessantes Momentum zu sein.
«Die zweite Welle» wurde in den Jahren 2021/2022 in gleich drei Ländern gedreht. Wie aufwändig waren die Dreharbeiten?
Wir haben vor allem mit belgischen und thailändischen Crews gearbeitet, was jeweils auf höchstem Niveau stattgefunden hat. Die verschiedenen Wasser-Sequenzen waren das Aufwendigste am ganzen Dreh. Für mich persönlich war die Zusammenarbeit mit einem 2Jährigen Mädchen, das kein Wort Deutsch verstand, das, was mich an den Wasserszenen am meisten herausforderte.
Konnten Sie in Thailand auch touristische Ziele wahrnehmen oder wurden Sie aufgrund der Pandemie ausgebremst?
Wir haben im Rahmen der damaligen pandemiebedingten Freizeitmöglichkeiten die schönste Zeit gehabt.
Vielen Dank für Ihre Zeit!
«Die zweite Welle» läuft im ZDF und in der Mediathek.
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