Am 7. Februar startet die Science-Fiction-Dramedy «Boom» in der ARD Mediathek. Was haben Sie vorbereitet?
Hannes Jakobsen: Mit «Boom»starten wir auf jeden Fall bunt und laut ins neue Jahr. Wir feiern die Farben und den Sound der späten 90er und frühen 2000er und kombinieren das Ganze mit einer rasanten Story über die Implosion einer Girlband und die Herausforderungen von KI.
Lukas Lankisch: Angelehnt an die spektakuläre Auflösung der Band TicTacToe, hat es die Idee von Hannes Jakobsen und das Autorenteam um Martina Chamrad, Julia Hingst und Hanna Seidel geschafft, nicht nur eine Liebesbotschaft an diese Zeit zu konzipieren, sondern auch sehr geschickt ins Heute zu katapultieren und das laute und größtenteils noch unbekannte Thema KI mit Spannung aufzuladen.
Sie haben sich für ein Kammerspiel entschieden. War das ein entscheidender Grund und mussten Sie das Budget aufgrund anderer Faktoren begrenzen?
Hannes Jakobsen: Wir haben bei «Boom» mit keinem großen Fiction Budget gearbeitet. Um dieser Einschränkung kreativ zu begegnen, haben wir zwei zentrale Entscheidungen getroffen - Wir machen Impro und wir machen ein Kammerspiel. Wir glauben fest daran, dass solche kreativen Dogmen zu tollen Ergebnissen führen können. Gleichzeitig war das schon auch ein wilder Ritt, der nur funktioniert hat, weil wir ein sehr tolles und engagiertes Team sowohl vor als auch hinter der Kamera am Start hatten.
Lukas Lankisch: Gleichzeitig hat diese Begrenzung dazu beigetragen, dass wir den Fokus auf die Arbeit mit der KI und die Improvisation setzen konnten. Wenn wir auf unsere Arbeiten an der Filmakademie zurückblicken, waren meist die Projekte mit einer gewissen Beschränkung die stärkeren. Entweder weil man diese par excellence umsetzen musste, oder aber weil man diese Schranken aushebelte.
Mit 54 Minuten Laufzeit haben Sie den Vorteil eines Streamingportals perfekt ausgenutzt. Hatten Sie von ARD Kultur zahlreiche Freiheiten bekommen?
Hannes Jakobsen: In der Tat ist es so, dass die Auswertung über Streaming eine größere Freiheit bei der Ausgestaltung der Produktionen möglich macht. Wir haben gemeinsam mit ARD Kultur und der ARD Mediathek länger überlegt, eine Serie herzustellen, uns dann aber am Ende gemeinsam für einen Film entschieden. Die Zusammenarbeit war geprägt von Freiheiten kombiniert mit einem sehr hohen Ambitionsniveau.
Lukas Lankisch: Hier möchte ich gerne noch einmal das große Vertrauen von Kristian Costa-Zahn und Franciscus Wenner hervorheben, welches sicherlich nicht bei jeder Produktion vergleichbar hoch ist. Danke!
Warum fiel die Wahl des Casts auf Alicia von Rittberg, Sira-Anna Faal, Via Jikeli und Lea Drinda?
Lukas Lankisch: Wie von Hannes schon benannt, gab es von Beginn allseits hohe Ambitionen für dieses Projekt und so konnten wir durch die tolle Unterstützung von Karl Schirnhofer diesen großartigen Cast für das Projekt gewinnen. Für die Regisseurin Hanna Seidel und für uns war von Beginn an klar, wir möchten nah an einer Girl-Band erzählen. Jung und frech waren die Suchbegriffe, die wir denke ich sehr gut mit talentierten Schauspielerinnen besetzen konnten. Abseits der Band konnten wir mit Alicia von Rittberg zudem eine sehr talentierte Schauspielerin für das Projekt gewinnen, um der Hauptfigur Paule die nötige Tiefe an Selbstzweifel zu verleihen. Hut ab an dieser Stelle.
Mit Gülcan Kamps holen Sie ein altes VIVA-Gesicht zurück. Wie war die Zusammenarbeit?
Hannes Jakobsen: Wir erzählen unsere Geschichte ja in einem sehr bunten VIVA-Zeitalter inspirierten Universum, deshalb haben wir uns sehr gefreut, Gülcan mit an Bord zu haben. Die Zusammenarbeit war super und Gülcan hat sich komplett auf diese doch sehr besondere Art zu produzieren eingelassen.
Sie haben bei der Produktion von «Boom» mit künstlicher Intelligenz zusammen gearbeitet. Was haben Sie genau mit dem Assistenten produziert?
Hannes Jakobsen: Bei «Boom» spielt die KI tatsächlich insbesondere eine Rolle vor der Kamera. Es dreht sich in «Boom»ja vor allem um die bevorstehende Markteinführung eines digitalen KI-Merch Artikels. Und diesen Artikel haben wir für unsere Impro Produktion tatsächlich hergestellt - am Set wusste niemand was genau die KI sagen würde! Letztendlich ein digitaler Zwilling einer der Band Mitglieder, inklusive ihrer geklonten Stimme und ganz viel (vielleicht zu viel) Background-Wissen über sie und die anderen Band Mitglieder.
Sie haben für die Produktion einen eigenen Sprachassistenten hergestellt. Warum?
Hannes Jakobsen: Unser Ziel mit «Boom» war es unter anderem auch zu testen, inwieweit KI schauspielern kann. Der KI-Sprachassistent ist dafür eine spannende erste Stufe. Anders als in anderen Filmen und Serien, in denen KI vorkommt, aber von Menschen geschrieben wird, wollten wir sehen, wie eine KI in einem Impro Setting agiert und natürlich auch wie die menschlichen Schauspielerinnen auf ihren digitalen Gegenpart reagieren. Wir sind sehr happy mit den Ergebnissen und sehen noch viele weitere Möglichkeiten für zukünftige Projekte. Gleichzeitig sehen wir natürlich auch viele Fragen, über die wir als Branche und Gesellschaft in Zukunft diskutieren werden.
Für welche künstliche Intelligenz haben Sie sich entschieden? Wie waren Ihre Erfahrungen?
Hannes Jakobsen: Wir haben inhouse bei DRIVE beta eine kleine Development Unit, in der wir für unsere KI-Projekte-Hardware und -Software entwickeln. In diesem Fall haben wir mit verschiedenen Tools gearbeitet, die wir miteinander kombiniert haben, zentral für «Boom» war GPT4 von Open AI und die Text-to-Voice Software von Elevenlabs. Es ist super spannend, die Fragen von KI in der Filmproduktion nicht nur theoretisch zu erörtern, sondern konkret zu erfahren. Klar ist vor allem eins: Diese Technologien entwickeln sich in einem so rasanten Tempo, dass der Einfluss, den sie auf unsere Branche haben werden, fast nur unterschätzt werden kann.
Können künstliche Intelligenzen künftig Drehbücher verfassen? Oder sehen Sie eher ein Hilfsmittel darin, dass das Schreiben erleichtert wird.
Hannes Jakobsen: Wir interessieren uns vor allem für die Frage: Welche Ideen kann man mit Hilfe von KI umsetzen, die man vorher nicht umsetzen konnte. Zum Beispiel Impro-Schauspiel mit einem Computer. Dass KI natürlich auch im Bereich der Beschleunigung und Effizienzsteigerung eingesetzt werden kann und auch wird ist klar, für uns bei DRIVE beta aber einerseits kreativ nicht so interessant und vor allem auch moralisch / philosophisch viel schwieriger zu bewerten.
Mit Ihrer unkonventionellen Erzählart haben Sie zum Teil «ZDFzoom» durch «Die Spur» abgelöst. Wie unterscheiden sich Ihre Reportagen von anderen?
Hannes Jakobsen: Wir haben als DRIVE beta im letzten Jahr die Social Aktivitäten von «Die Spur» betreut sowie einen Film umgesetzt. Die Ehre für die Neuentwicklung gebührt aber den Kollegen von Florida Factual (ehemals K2H).
Vielen Dank für die Infos!
«Boom» ist ab 7. Februar in der ARD Mediathek verfügbar.
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