Es ist sehr kompliziert, dieses Monster von Film zu rezensieren. Denn er sieht natürlich wie immer phantastisch aus: von Denis Villeneuves Inszenierung über die Setdesigns, die Kostüme, selbst den Hans-Zimmer-Soundtrack... einfach die generelle Größe, die Grandezza dieses Filmes macht ihn zu einem wahren Erlebnis, das man unbedingt im Kino mitnehmen sollte. Für genau solche Filme gibt es Kinos mit Riesenleinwand und wummerndem Soundsystem - im IMAX-Format mag das sogar noch beeindruckender wirken. Selbst Villeneuves Brutalismus-Fetisch passt perfekt als Look der bösen Harkonnens. Wer Filme liebt, darf dieses technische Meisterwerk nicht erstmals auf seinem kleinen Fernseher oder gar auf seinem iPad rezipieren - das ist dann schon nah am kulturellen Frevel.
Aber hält nun auch der Inhalt damit mit? Die Vorlage muss an dieser Stelle ignoriert werden (echte Frank-Herbert-Puristen werden wohl auf die Barrikaden gehen angesichts mancher Änderungen) und der Film als Film betrachtet werden. Und da muss man zugeben, dass der Aufbau ziemliche Probleme mit deinem Timing hat. Das erste Drittel zieht sich zu lang, im letzten Drittel hingegen passiert dann so viel, dass es sich mitunter wie ein "Was bisher geschah" zu Beginn einer neuen TV-Staffel anfühlt. Eine andere Buchadaption - «Herr der Ringe» - kriegt dies im zweiten Teil perfekt in den Griff und liefert mit Helms Klamm eine perfekte Schlacht für die Ewigkeit. Darum aber geht es Villeneuve hier nicht - er geht sogar regelrecht über die Schlacht um Arrakis hinweg. Das fühlt sich unnötig gehetzt an und nimmt dem Film ein wenig seiner Epik, die jederzeit möglich gewesen wäre. Schade! Aber Villeneuve geht es viel eher darum, es zu einem persönlichen Konflikt für Paul Atreides zu machen - und das gelingt ihm und Paul-Darsteller Timothy Chalamet perfekt.
Wir müssen aber auch mal über die Harkonnens reden. Die sind ja auch im Buch wie sie sind. Aber die Frage muss sein, ob man bei einer Adaption 60 Jahre später nicht ein paar Anpassungen vornehmen muss. Bei anderen Figuren tun sie das ja auch - Chani (Zendaya) wird zu einer modernen Frauenfigur, was sehr organisch und plausibel gelingt. Die Fremen werden religiös ausdifferenziert (auch wenn die Kritik bestehen bleibt, dass kaum bis keine arabischen Schauspieler besetzt wurden), Lady Jessica bekommt noch einmal eine andere Agenda, eine wichtige Fraktion aus dem Buch fehlt völlig, usw.
Aber die Harkonnens verbleiben im Animalischen, im Klischeehaften. Es gibt beim Drehbuchschreiben die Regel "kill the dog", bei der die Antagonisten zu Beginn einen metaphorischen Hund töten sollen, um ihre Boshaftigkeit zu etablieren. Hier aber wird in gleich jeder Szene mit einem Harkonnen ein Hund (bzw. hier Dienerinnen) nicht nur getötet, sondern gleich massakriert.
Das funktioniert zwar, weil Austin Butler seinen Feyd-Rautha wirklich gut verkauft, aber so richtig ernst nehmen kann man das alles nicht. Sein Feyd könnte genauso in einem anderen Wüstenfilm («Mad Max: Fury Road») als einer der Typen auftauchen, die sich Chrom ins Gesicht sprühen. Bei «Mad Max» ist ohnehin alles over the top und hier oder vielleicht in David Lynchs Version würde er besser reinpassen als in Villeneuves ansonsten eher geerdetem Ansatz. Selbst die Optik von Giedi Prime, dem Heimatplaneten der Harkonnens, war in der Konzeptphase bestimmt noch beeindruckend, ist aber inzwischen zu nah an «Thor Love and Thunder». Vielleicht hätte man das ganze Franchise an dieser Stelle aufwerten können, wenn die Harkonnens je eine realistische, ernstzunehmende Bedrohung wären. Wie gesagt: es wäre nicht die größte Änderung an der Vorlage. «A Song of Ice and Fire» ist ja maßgeblich von «Dune» beeinflusst, nun wäre es vielleicht an der Zeit gewesen, sich wiederum der Stärken von «Game of Thrones» zu bedienen.
Mit nur wenigen Kniffen wäre also noch mehr möglich gewesen.
Es ist schwer, dem Film das vorzuwerfen, weil er ansonsten halt einfach so unfassbar viel richtig macht. Aber so ein ganz kleines Bisschen fragt man sich schon, was hätte sein können...
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