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Anna startet jeden Tag gleich: Bereits am Vormittag sitzt sie mit einem Glas Rotwein in der Hand auf ihrem Sessel und starrt aus dem Fenster und bemerkt nicht, wie die Jahre an ihr vorbeiziehen. Zum Start der Serie zieht ein neuer, gut gebauter Nachbar Neil, verkörpert von Tom Riley, mit seiner Tochter Emma ein, gespielt vom Youngstar Samsara Yett. Anna beobachtet mit mehreren Flaschen Wein intus, gepaart mit vielen Psychopharmaka, wie die Stewardessen-Freundin von Neil mit dem Tod kämpft.
Die Serie erinnert an «Das Fenster zum Hof», in dem Klassiker von Alfred Hitchcock ist allerdings nicht eine Frau durch ihre Alkoholkrankheit und Phobie vor Regen (Pluviophobie) daran gehindert, einzugreifen, sondern Jeff sitzt durch einen Unfall im Rollstuhl und kann nur mit Hilfe eines Fernglases sehen, was sein Nachbar für Schindluder treibt. Der lange Serientitel ist natürlich eine Hommage an den Hitchcock-Klassiker («Rear Window»), Anna liest die Bücher „The Woman Across the Lake“ und „The Girl on the Cruise“ und inspiriert von Filmen wie «The Woman in the Window» von A. J. Finn.
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Jedoch gibt es zahlreiche Ungereimtheiten in der Serie, die am Ende einen Sinn ergeben. Die Autoren Rachel Ramras, Hugh Davidson und Larry Dorf haben eine fast schon zu perfekte Miniserie abgeliefert. Acht Folgen umfasst die Miniserie «The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window» und ist eher ein Marketing-Instrument. Die erste Episode beschäftigt sich mit Anna und ihrem Alkoholproblem, erst in der zweiten Ausgabe wird das eigentlich Mord-Thema behandelt. Erzählerisch ist die achtteilige Miniserie als Zweiteiler aufgebaut, nach der vierten Episode folgt ein Cliffhanger. Doch das Format verkauft sich natürlich besser, wenn der Netflix-Abonnent nur mal eben weitere 25 Minuten anklickt.
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Zweifelsohne ist «The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window» eine neue Version von «Das Fenster zum Hof». Immer wieder setzt Hollywood auf den alten Hitchcock-Stoff wie Paramount im Jahr 2007 auf «Disturbia» oder Netflix im vergangenen Jahr auf «The Woman in the Window» mit Amy Adams. Dennoch sind die Geheimnisse abseits des Mordes völlig neue Geschichten und auch die Auflösung der viele Rätsel wird einige Zuschauer schocken. Das wird allerdings die Zuschauer freuen, wenn ihnen nicht die Lösung des Originals geboten wird. Das ist auch ein Kritikpunkt von den zahlreichen Agatha-Christie-Verfilmungen wie «Mord im Orient-Express» und «Tod auf dem Nil».
Fazit: «The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window» ist ein spannender Thriller mit überraschenden Wendungen. Die Rätsel sind zum Teil spannend, jedoch sind einige mysteriöse Erscheinungen offensichtlich. Die neue Netflix-Produktion ist kein neues «Sopranos», macht aber knapp vier Stunden Spaß.
Dieser Artikel ist in ähnlicher Form schon bei Quotenmeter erschienen.
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