Hallo Frau Emde. Sie sind seit April das neue Gesicht der erfolgreichen ZDF-Sendung «Terra X: Faszination Erde». Warum fiel die Wahl auf Sie?
Das müssen Sie eigentlich das ZDF fragen. Als die Anfrage vor mehr als einem Jahr an mich herangetragen wurde, war ich mit einem Projekt zum Thema Gesundheitsrisiken im Wildtierhandel beschäftigt, also mit Pandemieprävention in der Entwicklungszusammenarbeit. Außerdem saß ich an meinem Buch "Nachtschicht mit Aras". Ich denke, mein Hintergrund als Tierärztin und Artenschützerin haben dazu beigetragen, dass die Wahl auf mich fiel. «Terra X: Faszination Erde» soll eine neue Farbe bekommen. Ich möchte die Menschen auf meine Reisen und Abenteuer mitnehmen, ihnen Hintergründe zeigen, Zusammenhänge erklären und ferne Welten nahebringen. Wenn wir uns bewusst machen, wie abhängig wir Menschen von intakter Natur sind, von vielfältigen Lebensräumen und gesunden Tieren, dann fällt es uns auch nicht mehr so schwer, diese zu schützen.
In den ersten drei Folgen geht es um Thailand, die Galapagos-Inseln und Gabun. Inwieweit waren Sie an den Dreharbeiten beteiligt?
Das war von Anfang eine intensive Zusammenarbeit mit der Wissenschaftsredaktion und dem gesamten Dreh-Team. Wir entscheiden gemeinsam, an welche Drehorte wir fahren und welche Themen wir beleuchten. Das macht gemeinsam nicht nur viel Freude, sondern so behalten wir auch die fachlichen Aspekte aus den unterschiedlichen Perspektiven im Blick.
Können Sie uns sagen, wie der Entstehungsprozess der Moderation abläuft? Recherchieren Sie im Vorfeld und sprechen Sie spontan in die Kamera?
Am Anfang einer jeden Folge steht immer eine gründliche Recherche, um die fachlichen Hintergründe zu verstehen. Hier beginnt schon meine „Übersetzungsaufgabe“. Denn ich muss zum Teil komplexe Inhalte möglichst verständlich und einfach darstellen. Wenn ich diese Aufgabe erledigt habe und weiß, worauf es ankommt, dann kann ich auch spontan moderieren.
Für den Start der neuen Serie «Terra X: Faszination Erde» sind Sie viel gereist. Wie waren die Dreharbeiten?
Es waren unvergessliche Erlebnisse. Tagelang einer Gruppe von wilden Schimpansen oder Gorillas durch den Regenwald in Gabun zu folgen – damit ist für mich ein großer Traum in Erfüllung gegangen. Oder eine Woche lang mit einem Forschungsschiff die Galapagos-Inseln zu umfahren, um mich herum Wale, Mantarochen, Meerechsen, Pinguine und Blaufußtölpel – das war gigantisch! Oft sind die Reisen in zum Teil entlegene, wenig erschlossene Gegenden sehr anstrengend, und an machen Drehtagen sind das Team und ich 15 Stunden auf den Beinen. Nach so einer Drehreise schlafe dann erstmal einige Tage durch. Aber missen möchte ich nichts.
Wie lassen sich diese langen Dreharbeiten mit Ihrer sonstigen Arbeit vereinbaren? Gibt es da manchmal Terminprobleme?
Ich muss viel planen und im Vorfeld abstimmen. Meine Mitstreiter*innen bei Nepada Wildlife e.V. sind sehr verständnisvoll, wenn es mal klemmt. Aber bis jetzt haben wir im Team alles gut lösen können.
Sie haben einen interessanten Werdegang: Sie haben an Forschungsprojekten mitgearbeitet, mit einem Team eine NGO gegründet. Woher kommt Ihre Motivation?
Meine Motivation ziehe ich aus der Faszination für Natur und Tiere. Ich war schon als Kind viel in der Natur unterwegs und habe mir alles genau angesehen. Meine Eltern haben sicherlich ihren Teil beigetragen: wir waren viel Zelten und Kanufahren oder bei Spaziergängen im Wald mit unserem Dackel. Später wurde aus dieser Faszination zunehmend auch eine Sorge um die Natur. Deshalb habe ich als Studentin mit einer Gruppe von Fachleuten den Verein Nepada Wildlife gegründet. Wir unterstützen konkrete Artenschutzprojekte, machen Bildungsarbeit an Schulen und so den Artenschutz nahbar. Wir möchten für die Schönheit unseres Planeten begeistern und erklären, wie alles mit allem zusammenhängt.
Sie haben sich auf Wildtiere spezialisiert. Was macht diesen Bereich aus?
An der Wildtiermedizin finde ich besonders spannend, dass es nicht nur um die Gesundheit des Einzeltiers geht, sondern dass ich ganze Populationen oder Arten in den Blick nehme und sie im Zusammenspiel mit ihrem Lebensraum behandle. Denn gesunde Tiere (und Menschen) gibt es nur in einem gesunden Lebensraum, auf einem gesunden Planeten. Dieser Bereich in der Tiermedizin spielt auch in Deutschland eine immer größere Rolle. Spätestens in der Pandemie haben wir alle verstanden, dass unsere Gesundheit eng mit der von Tieren zusammenhängt.
Ihre erste Reise führte Sie nach Madagaskar. War das der Beginn Ihrer vielen Expeditionen?
Das könnte man so sagen. Ich war noch im Studium an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Dort entdeckte ich einen Aushang am Schwarzen Brett, in dem Unterstützung bei Forschungsarbeiten auf Madagaskar gesucht wurde. Sofort bewarb ich mich, und obwohl ich erst im zweiten Semester und eigentlich noch zu unerfahren war, durfte ich die Doktorandin für einige Wochen in den Dschungel von Madagaskar begleiten und dort mit Lemuren arbeiten. Die Feuchtnasenaffen kommen nur auf dieser Insel vor. Das war fantastisch und hat mich für meinen weiteren Lebensweg sehr geprägt.
«Terra X» erreicht sonntags über vier Millionen Zuschauer. Ist das eine gute Plattform, um Menschen für die Bedrohungen im Tierreich zu sensibilisieren?
Ja, auf jeden Fall. Bei «Terra X: Faszination Erde» erklären wir die Zusammenhänge zwischen Biodiversität, Klima und Geologie. Ich persönlich setze auf die Faszination, die von der Natur ausgeht, auf Wissenschaft und Forschung. Und auf die Erkenntnis, dass weniger und bewusster Konsum mehr sein kann. Ich denke mit den spannenden, schönen oder manchmal auch kuriosen Bildern, die wir in den Folgen teilen, können wir viele Menschen erreichen und berühren. Und zeigen, dass es sich immer lohnt, die Natur zu schützen. Wir wollen doch nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen.
Wie muss der Artenschutz in den nächsten fünf Jahren aussehen? Was sollte so schnell wie möglich passieren?
Artenschutz sollte immer mit den Menschen vor Ort gemacht werden. Es muss gelingen, dass wir weltweit gut leben können, ohne Zerstörung oder Raubbau an der Natur. Wir müssen unser wirtschaftliches Wachstum auf ein naturverträgliches Maß begrenzen. Denn wir teilen uns den Lebensraum mit Pflanzen und Tieren. Jede Autobahn, Stadt oder riesige Monokultur verhindern die natürlichen Wanderungen von Wildtieren. Deswegen müssen wir möglichst viele Lebensräume für die Natur erhalten und diese miteinander verbinden. Solche sogenannten Wildkorridore müssen nicht immer groß sein, können aber viel bewirken. Auch wenn es im Alltag oft nicht mehr wahrgenommen wird: Wir sind als Menschen abhängig von intakter Natur. Deshalb ist es so wichtig, dass wir gemeinsam gegen das Verschwinden der Biodiversität kämpfen.
Vielen Dank für die zahlreichen Informationen!
Die neue Staffel von «Terra X: Faszination Erde» läuft seit Sonntag, den 7. April, um 19.30 Uhr im ZDF.
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