Interview

Timo Berndt: ‚Es ist großartig, dass «Marie Brand» eine große Zuschauer-Gemeinde hat‘

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Der Autor hat den neuen Spielfilm «Marie Brand und die verfolgte Braut» verfasst. Vor allem die Zusammenarbeit mit Regisseur Michael Zens fand Bernd hervorragend.

Bereits vor über sieben Jahren feierten Sie mit «Marie Brand und der Liebesmord» Ihren Einstand. Wie hat sich die Reihe in der Zwischenzeit verändert?
«Liebesmord» war der 20. Film der Reihe, somit konnte ich als Autor auf einen vollständig entwickelten und gewachsenen Kosmos schauen und hatte dadurch gewissermaßen leichtes Spiel. Natürlich entwickelt sich ein Format stetig weiter, so wie die reale Welt auch nie stillsteht. Das gilt für die erzählten Figuren der Reihe genauso wie für diejenigen, die sie so genial verkörpern. Die Fälle spiegeln ein Stück weit die Wirklichkeit und das, was die Menschen aktuell bewegt. Die Kunst ist vielleicht dann noch, herauszukitzeln, was in einer Erzählung und im Spiel gut funktioniert, beim Zuschauer ankommt und was die Mischung aus humoriger Leichtigkeit und ernstzunehmenden Kriminalfall ausmacht. Marie Brand und Simmel haben eine lange Dienstzeit miteinander erlebt, sind heute perfekt aufeinander abgestimmt. Und ja, sie benehmen sich manchmal fast wie ein altes Ehepaar, das die Schwäche des anderen kennt, mit Humor nimmt oder eben auch mal offenlegt. Sowas braucht natürlich Zeit und ist in der Summe die Veränderung, nach der Sie fragten.

«Marie Brand» startete einst mit „nur“ um die fünf Millionen Zuschauer, ihr erster Film hatte über sieben Millionen Zusehende. Macht es Spaß in einem solchen Team zu arbeiten, wenn die Zuschauerzahlen wachsen?
Es ist großartig, dass «Marie Brand» eine große Zuschauer-Gemeinde hat. Man darf ja dabei nicht vergessen, dass «Marie Brand» keinen festen Sendeplatz hat, sondern in den Wochentagen „springt“, was aber gegen jede Theorie gut funktioniert. Darum kann man dem ganzen Team rund um Marie Brand nur gratulieren. Eine der Folgen hatte über neun Millionen Zuschauer («Marie Brand und der überwundene Tod») im Jahr 2022, also 14 Jahre nach der ersten Folge. Da war ich unbeteiligt und darum neidisch, denn sowas hinzubekommen mit einem eineinhalb Jahrzehnte laufenden Format, ist doch eine Ansage! Natürlich spielt man als Schreiber gern in der Gewinner-Mannschaft, das ist ja klar.

Mariele Millowitsch und Hinnerk Schönemann sind nun im 34. Spielfilm zu sehen. Wie wichtig ist, dass die Hauptfiguren lange Zeit einer Serie treu bleiben?
Unsere Hauptdarsteller sind das Format. Ich glaube, das darf man so sagen. Als Autor kann man nur dankbar sein, wenn den Figuren bei der Umsetzung regelmäßig so viel Leben eingehaucht wird. Das ist Kunst. Ich freue mich jedes Mal auf den fertigen Film, zu dem ich das Buch beisteuern durfte. Denn nicht selten kommt beim Dreh noch eine neue, bessere Idee auf, besonders was den Humor angeht. Das ist dann auch schon mal das „Sahnehäubchen“ witziger Dialoge. Natürlich behaupte ich hinterher regelmäßig, das alles wäre allein meine Idee gewesen. Ha!

In Ihrem neuen Film ist Ulrike C. Tscharre ein Stalking-Opfer, David Rott darf einen Stalker verkörpern. Auch Anna Brüggemann und Lara Feith haben Episoden-Rollen übernommen. Wie viel Mitspracherecht haben Sie bei der Besetzung?
Ich bin nur der Autor und bewege mich hoffentlich einigermaßen souverän auf meinem Spielfeld, das aber Grenzen hat. Man muss als Schreiber ehrlich sein: Besetzung und Umsetzung geschehen aus anderen Blickwinkeln und setzen ganz andere Erfahrungen voraus. Ich freue mich jedes Mal darüber, wie aus einem Buch der Film wird.

Stalking ist ein schwerwiegendes Verbrechen, wie kann man die Ernsthaftigkeit zu diesem Thema verbessern? Mehr Filme wie Ihren zu produzieren?
Krimis wie «Marie Brand» sind in erster Linie ein Unterhaltungsformat, also Filme, die gut tun sollen. Aber dabei die Chance zu nutzen, relevante Themen zu behandeln, ist wichtig. Was Menschen bewegt und das, was von uns manches Mal übersehen wird, sind die besten Zutaten für einen Fernsehfilm, bzw. für den erzählten Kosmos. Es bleibt wie immer eine Frage der Dosierung und des Fingerspitzengefühls: Wie passt ein humoriger Fernsehfilm mit seiner Leichtigkeit zu so einem ernsten Thema? Das ist die Herausforderung, der man sich dann stellen muss. Ich denke, die Mischung ist in diesem Fall gut gelungen. Themen wie Stalking werden und sollten im Fokus bleiben, da stimme ich zu.

Wie haben Sie sich zuletzt mit Regisseur Michael Zens zur Umsetzung von „Die verfolgte Braut“ ausgetauscht?
Michael Zens ist ein äußerst erfahrener Regisseur, auch im Teamplay. Er versteht es, mit einem motivierenden Lächeln den Finger oder auch mal die ganze Hand in offene Wunden des Stoffs zu legen. Die Zusammenarbeit hat Spaß gemacht. Das Autoren-Leben ist ja nur bis zur Abgabe der ersten Drehbuchfassung einsam. Danach ist es mit jeder neuen Fassung Team-Arbeit dank der üblichen Besprechungen in größerer Runde aus Sender, Regie, Produktion und Schreiberling. Ich gebe zu, dass ich erwartet hatte, dass von Michael Zens einige Streichungen kämen. Aber stattdessen ging es bei den Umsetzungs-Fragen mehr ums Wie als ums Ob. Das war prima. Ich finde, man sieht diese Haltung dem fertigen Film durchaus an.

Der 34. Marie Brand-Film wurde im vergangenen Jahr gedreht. Sitzen Sie schon an einem neuen Skript?
Tatsächlich, ja. Ein weiteres Buch aus meiner Feder liegt vor, ich überarbeite aktuell diesen Stoff, der im Herbst gedreht werden soll, was mich sehr freut!

Zuletzt haben Sie für Das Erste «Der Dänemark-Krimi» verfasst. Wird die Reihe eine feste Marke vom Ersten?
In Zeiten schwindender Budgets kann man sich bei einem frischen Format nicht zu 100 Prozent sicher sein. Zwei Filme sind ausgestrahlt, ein dritter Film ist fertiggestellt und hat intern durchweg positive Resonanz. So ist ein weiteres Buch für den «Dänemark-Krimi» beauftragt, zu dem das Konzept bereits vorliegt und das noch in der ersten Jahreshälfte stehen wird. Wir sind also guter Dinge und haben viele weitere Ideen für unsere Helden. Dass der «Dänemark-Krimi» sich als eine starke Programm-Marke für Das Erste verfestigt, dem steht meiner Meinung nach nichts im Weg.

Für ProSieben waren Sie Co-Autor an «Der Bibelcode». Brauchen wir wieder vermehrt solche Abenteuerfilme?
So ein Projekt stammt aus einer Zeit, in der wie wild drauflos produziert wurde, meist bei den Privatsendern, vor allem bei ProSieben. Ich denke, der Zweiteiler wäre nicht mit heute üblichen Budgets herstellbar. Ich mag mich irren. Ich glaube aber nicht, dass es heute an Ideen fehlt oder an Zuschauern für aufwändige Abenteuer-Filme. Die simple Frage lautet: Wer soll das bezahlen? Und dann wage ich zu behaupten, eine Folge «Marie Brand» hat zudem am Ende dann mehr Zuschauer als ein teures Abenteuer-Film-Projekt. So werden Abenteuer-Filme sicherlich die Ausnahme in der deutschen TV-Landschaft bleiben.

Danke für Ihre Zeit!

«Marie Brand und die verfolgte Braut» ist am Samstag, den 20. April, im ZDF zu sehen.

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