Als Lena Meyer-Landrut vor 14 Jahren in Oslo den «Eurovision Song Contest» nach 28 Jahren für Deutschland gewann, war die Euphorie in Europa riesig. Das Finale von 2010 verfolgten im deutschen Fernsehen 14,69 Millionen Zuschauer. Wie „lovely Lena“ insgesamt neun Mal zwölf Punkte einfuhr, wollten sich 8,38 Millionen Zuschauer zwischen 14 und 49 Jahren nicht entgehen lassen. Die Reichweiten bedeuteten ungeahnte Höhen für den ESC, der sich hierzulande über einen Marktanteil von 49,1 Prozent freuen durfte. Beim jungen Publikum zählte man eine relative Sehbeteiligung von 61,6 Prozent.
Auch ein Jahr später waren die Ergebnisse enorm, der Übertragung im Ersten folgten am 14. Mai 13,83 Millionen Zuschauer. Wie Lena diesmal zehnte wurde, sorgte gar für 0,2 Prozentpunkte Marktanteil mehr (49,3%). In der klassischen Zielgruppe standen 7,34 Millionen 14- bis 49-Jährige für 59,1 Prozent. Gerade gemessen an den Jahren zuvor waren die Lena-ESC unfassbar. Ende der Nullerjahre waren die Reichweiten arg rückläufig. 2007 schalteten 7,38 Millionen Deutsche ein, während man 2008 gar unter die 7-Millionen-Marke auf 6,38 Millionen Zuschauer rutschte. Das Event aus Moskau schalteten im Jahr 2009 7,36 Millionen Musik-Fans ein.
Nicht nur am Austragungsort lässt sich ablesen, dass sich die Zeiten inzwischen geändert haben. Der völkerverbindende Musik-Wettbewerb ist zunehmen bunter geworden, das Interesse blieb nach der Übertragung aus Düsseldorf weiterhin hoch. Zwischen 2012 und 2015 sahen den ESC stets mehr als acht Millionen Zuschauer, zeitweise kratzte man sogar an der 9-Millionen-Marke, die letztlich 2016 mit 9,33 Millionen Zuschauern übertroffen wurde. Nach den beiden letzten Plätzen in Folge flachte das Interesse ab, was mit einem generellen Schwund der linearen TV-Zuschauer einherging. Das Streaming hielt Einzug in Deutschland, weswegen 2017 und 2018 die Sehbeteiligung trotz des vierten Platzes von Michael Schulte auf 7,76 und 7,71 Millionen Zuschauer zurückging.
Die Marktanteile blieben jedoch im gewohnten Rahmen und bewegten sich bei 31,5 und 33,3 Prozent. Auch bei den Jüngeren waren kaum Veränderungen zu erkennen, mit 39,8 und 42,0 Prozent lief es nur ein wenig schwächer als in den Jahren zuvor. Nach der Corona-Pandemie wurden durchaus bemerkenswerte Zahlen ausgewiesen. Die Reichweite lag sowohl 2021 in Rotterdam als auch 2022 in Turin bei jeweils 6,54 Millionen Zuschauern. Das ESC-Comeback im Nachbarland sorgte für Marktanteile von 26,7 Prozent bei allen und 37,4 Prozent bei den Jüngeren. Ein Jahr später, als das Kalush Orchestra den Sieg für die Ukraine holte, durfte sich Das Erste über deutlich gestiegene Werte von 32,7 respektive 48,3 Prozent freuen.
Für die Show aus Liverpool vor einem Jahr entschieden sich derweil rund eine Million Zuschauer mehr (7,45 Mio.), sodass der Marktanteil auf 35,8 Prozent stieg. 3,23 Millionen Seher waren derweil unter 50 Jahre alt, sodass erstmals seit Lenas Teilnahme 2011 in dieser Zuschauergruppe mehr als 50 Prozent Marktanteil gemessen wurde (53,4%). Diese Marke durchbrach auch die Show aus Malmö am vergangenen Wochenende. Die Reichweite sank allerdings auf 2,85 Millionen 14- bis 49-Jährige, die einem Marktanteil von 51,7 Prozent entsprachen. Ganz spurlos am jungen Publikum ging die kritische Auseinandersetzung mit der Teilnahme Israels wohl nicht vorbei, allerdings sprachen 323 Punkte der europäischen Zuschauer für Eden Golan eine eindeutige Sprache. Anrufe zählen beim ESC mehr als Buh-Rufe. Es waren immerhin nach Kroatien (337) die zweitmeisten beim Publikums-Voting. Auch in der Endabrechnung trotzte der «Eurovision Song Contest 2024» den Kritikern. Im Vergleich zum Vorjahr verlor man nur rund 70.000 Zuschauer. Der Marktanteil erhöhte sich dennoch um einen Punkt auf 36,8 Prozent.
Unterm Strich war das Getose um Israel sowie den Ausschluss der Niederlande so laut, dass der ESC mit einem geschädigten Image in die Schweiz weiterziehen wird – obwohl Schweden alles versuchte, um eine unterhaltsame Show auf die Beine zu stellen, was streng genommen auch funktionierte. Dass der non-binäre Nemo beim Jubeln die gläserne Trophäe zerbrach, hatte durchaus Symbolcharakter. Umso ironischer nun, dass der politisch so aufgeladene ESC im kommenden Jahr also in der als so neutral geltenden Schweiz stattfindet.
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