Sonntagsfragen

Sonntagsfragen an Peter Frey

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Diese Woche im Gespräch mit Quotenmeter.de: Der ZDF-Hauptstadtstudioleiter Peter Frey. Mit unserer Redaktion sprach der Journalist über die Lage und Schwierigkeiten der politschen Fernsehberichterstattung und wagte einen Ausblick in die Zukunft.

Herr Frey, wie geht es Polit-Deutschland momentan?
Deutschland ist ja in einer Art Höhenrausch wegen der WM. Wir haben gar nicht geglaubt, wie locker und freundlich wir sein können. Das wirkt sich auch auf die Politik aus. Außerdem: Die Scheinwerfer sind im Moment auf ein anderes Thema gerichtet und das tut den Akteuren ganz gut.

Wie wichtig ist denn die WM für Deutschland?
Das kann man gar nicht überschätzen. Ich kann mich nur an eine Gelegenheit erinnern, als Berlin ähnlich gut gelaunt war: Die Christo-Verhüllung des Reichstags. Da lag auch so ein Zauber über der Stadt. Und so ist es jetzt mit dem ganzen Land. Es tut uns gut, dass wir uns weltoffen und freundlich präsentieren können, es tut uns gut zu erleben, dass sich viele Nationen hier wohl fühlen. Außerdem: Alles funktioniert einfach ganz gut, die Stadien, die Infrastruktur. Also, die Anstrengung hat sich gelohnt.

Politmagazine haben Probleme junge Zuschauer zu erreichen. Haben Sie Angst vor der Zukunft?
Nein. Wenn ich über mein Format spreche, über «Berlin direkt», muss man sagen, dass wir seit Jahrzehnten konstante Zuschauerzahlen haben. Berlin direkt ist auf seinem angestammten Sendeplatz nach den «heute»-Nachrichten ein sehr sicheres Programm. Viele Leute, die sich die Nachrichten anschauen, bleiben dran. Insofern habe ich keine Angst vor der Zukunft. Aber Sie haben Recht: Wir können uns dem Gesamt-Trend nicht entziehen, unser Publikum ist zu alt. Aber wir versuchen etwas dagegen zu tun.

Warum schauen sich junge Menschen «Berlin direkt» nicht an?
Das ist eine Entwicklung, die nicht nur «Berlin direkt» und nicht nur Politmagazine betrifft. Das ist ein allgemeines Problem der Öffentlich-Rechtlichen Programme. Es ist übrigens auch ein Problem der so genannten Qualitätspresse. Auch Frankfurter Allgemeine oder die Süddeutsche Zeitung werden vorwiegend von einem älteren Publikum gelesen. Ein Grund hierfür ist, dass junge Leute sich die für sie wichtigen Informationen auf anderem Weg beschaffen – zum Beispiel im Internet. Schnelle Medien, die projektbezogener sind, haben hier einen deutlichen Vorteil. Junge Menschen binden sich nicht mehr so gerne, das spüren z. B. auch die Vereine. Ein weiterer Grund ist sicher auch, dass die Politik nicht mehr so dramatisch ist wie in der Zeit bis 1989, als die Welt noch in Ost und West geteilt war. Damals ging es immer irgendwie um Krieg und Frieden, um Freiheit und Sozialismus. Die Politik war einfach existenzieller – man musste Politformate schauen, um mitreden zu können. Das ist heute nicht mehr so. Trotzdem: Wir müssen was tun, um an junge Leute heranzukommen – und das heißt vor allem: Themen finden, die diese Menschen interessieren. Dann klappt das auch.

Wenn man sich jetzt anschaut, welche Formate momentan sehr erfolgreich laufen, dann sind das zumeist Sendungen, die eine heile Welt vorspiegeln – Beispiel Telenovelas. Es sind aber auch Formate, die den Menschen helfen – bei der Kindererziehung, beim Renovieren. Wollen die Menschen vielleicht im Fernsehen gar keine wirklichen Probleme sehen? Ist Politik vielleicht zu problembehaftet?
Das ist sie aber von Natur aus. Wenn wir anfangen würden, Politik so schön zu pinseln wie die genannten Dekorationskünstler ihre Wohnungen, dann würden wir die Wahrheit nicht mehr zeigen. In der Politik geht es um Interessen und damit sind auch immer Konflikte verbunden. Aber im Kern geht es auch bei uns um eine Serviceleistung: Um Hilfestellung, die Probleme der Gesellschaft zu verstehen. Und da müssen wir Macher uns fragen, welche Formen haben wir, um die Zuschauer anzusprechen. Es ist ja unsere Aufgabe, Probleme – so komplex sie sein mögen – verständlich zu machen. Anna Seghers hat mal gesagt: Es gibt keinen Befehl in der Kunst! Und auch wir können keine Aufmerksamkeit befehlen. Also: Wir müssen dem Zuschauer klar machen, auch heute geht es um Probleme mit existenzieller Dimension, zum Beispiel bei der Altersversorgung. Natürlich geht das jeden einzelnen von uns an, auch einen 20-Jährigen, auch wenn es ihm in seiner jetzigen Lebensphase noch nicht so bewusst sein sollte.

Wie sieht «Berlin direkt» in 20 Jahren aus?
In dem Inhalt wahrscheinlich gar nicht sehr anders. In der Form – Studio, Vorspann, Musik, Grafiken, Moderatoren – dem Zeitgeist entsprechend, den heute noch keiner kennt. Die wichtigste Veränderung wird aber schon bald eintreten. «Berlin direkt» im digitalen Zeitalter, das heißt: der Zuschauer entscheidet selbst, wann er uns sehen will. Der automatische Zuschauerfluss löst sich auf. Unsere Aufgabe wird also noch schwieriger.

Sind Sie ein Gegner der Zielgruppe 14- bis 49?
Wie kommen Sie darauf? Erstens gehöre ich selber noch dazu, zweitens meine Frau und drittens auch meine Tochter, die 17 Jahre alt ist. Und übrigens ein sehr differenziertes Urteil über unsere Sendung hat. Ihr fällt schon auf, wenn Beiträge besonders ideenreich gemacht werden, oder aus einem Interview wirklich was Neues herausgekommen ist.

Es gibt aber durchaus Menschen, die sich eine andere Zielgruppe wünschen – Beispiel Jürgen Heinrich aus «Wolffs Revier»… Und dann gibt es Stimmen, die sagen, dass ohnehin zu viel über Zielgruppen nachgedacht wird.
Ich finde, dass wir uns als gebührenfinanziertes Medium – und auch die 30-Jährigen zahlen ja Gebühren – alle Anstrengungen auf uns nehmen müssen, auch ein jüngeres Publikum mit unseren Programmen zu erreichen. Es wäre falsch, wenn wir sagen würden, nachdem wir uns jahrelang nur um die Jungen gekümmert haben, kümmern wir uns jetzt nur noch um die „konsumfreudigen Alten“. Ab 18 Jahren darf man wählen – und ein Programm wie unseres muss junge Leute „wahl-tüchtig“ machen.

Im zweiten Teil, der am kommenden Sonntag erscheint, lesen Sie, warum die große Koalition die Arbeit der politischen Journalisten erschwert und was Peter Frey über Papst Benedikt XVI. denkt.

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