Die Korrelation zwischen dem Niedergang des klassischen Network-Fernsehens und des Sitcom-Genres ist unbestreitbar. Große Hits, wie einst «Friends», «The Big Bang Theory» oder «Modern Family», die ihren jeweiligen Networks Millionen und Abermillionen in die Kassen spülten, sind lange vorbei, insbesondere weil die Zuschauer mittlerweile weitestgehend auf Streamingplattformen umgestiegen sind. Doch hat es in der letzten Dekade keiner der großen Anbieter geschafft, in diesem Genre wirklich Fuß zu fassen. Was dabei am meisten verwundert ist die Tatsache, dass vor nicht allzu langer Zeit Episodenzahlen von 22 bis 24 Folgen die Norm pro Staffel waren. Schwächere Folgen waren aufgrund der schieren Anzahl von zu produzierenden Folgen unvermeidbar. Folglich müssten bei heutzutage nur noch sechs bis acht Folgen pro Staffel eigentlich eine starke Episode auf die nächste folgen. Doch wie «Tires» und viele andere misslungene Versuche der letzten Jahre beweisen, ist genau das Gegenteil der Fall.
Wo sind bloß die Comedy-Autoren geblieben, muss man sich beim Schauen von Gillis Rohrkrepierer «Tires» fragen. Die Serie über eine Autowerkstatt hat keinerlei nennenswerte Story. Es passiert rein gar nichts von Belang. Die Schauspieler sind so schwach, dass wohl jeder dahergelaufene Passant, den man auf der Straße aufgreifen würde, ohne jegliche Vorbereitung, einen ebenbürtigen Job erledigen würde. Gelungenen Humor, intelligenten Wortwitz oder zumindest einen Hauch von Schlagfertigkeit kann man mit dem Mikroskop suchen. Man mag der Serie zugutehalten, dass von der völlig misslungenen Pilotfolge ausgehend noch eine gewisse Steigerung zu erkennen ist und zumindest Gillis selbst noch einen Ansatz von Charme versprüht, doch wer sich in der Schule von ungenügend auf mangelhaft verbessert, bleibt trotzdem sitzen.
Charmant für Netflix ist hingegen sicherlich die Tatsache, dass das Budget für die Serie offensichtlich verschwindend gering zu sein scheint. Die von Gillis selbstfinanzierte erste Staffel verlässt die Autowerkstatt so gut wie nie und bis auf Gillis gehören keine bekannten Gesichter zum Cast. Nicht einmal externe Autoren mussten bezahlt werden, denn Gillis hat das hier Gezeigte zusammen mit seinen Freunden Steve Gerben und John McKeever selbst auf Papier gebracht. Es verwundert daher auch nicht, dass Netflix eine Serie mit solch geringem finanziellen Risiko schon frühzeitig vor Ausstrahlung der ersten Staffel verlängert hat.
Gerade im Heimatland USA, wo der Name Shane Gillis eher bekannt ist als hierzulande, dürften zumindest seine Stand-Up-Fans interessiert einschalten. Für den Rest der Welt bleibt «Tires» ein weiterer „Meilenstein“ im Netflix Katalog, den der Algorithmus zügig, bei den übrigen unterdurchschnittlichen Produktionen zum für immer Vergessen, begraben dürfte.
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