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Münchener Privatsender vor großen Aufgaben

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Während RTL schon in den vergangenen Jahren zahlreiche Projekte austesten, stehen ProSieben und Sat.1 noch nicht überschaubar dar. Ein Hit wurde in den vergangenen Jahren nicht auf den Markt gebracht.

Das lineare Fernsehen befindet sich seit Jahren in einer Dauerkrise. Die jungen Fernsehzuschauer wenden sich außerhalb der Primetime ab, selbst Leuchtturmprojekte wie «Germany’s Next Topmodels», «Das große Backen» oder «Wer wird Millionär?» leiden unter stark rückläufigen Einschaltquoten. Zahlreiche neue Projekte fahren zwar solide Werte ein, aber ein neuer Straßenfeger wurde in den vergangenen Jahren nicht gesichtet.

Das führte beispielsweise bei RTL dazu, dass beim jährlichen «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus»-Event die Sendezeiten massiv ausgebaut wurden. Die Shows aus Australien wurden auf bis zu zwei Stunden unter der Woche aufgebläht, im Anschluss folgt eine Talkshow aus Deutschland und so schaffte es RTL im Januar dieses Jahres immerhin in der Zielgruppe zweistellig zu punkten: 12,7 Prozent Marktanteil wurden eingefahren.

Vor allem die Fernsehsender aus Unterföhring haben zuletzt wieder ordentlich auf die Kostenbremse gedrückt. Man kann durchaus hinterfragen, ob es klug war, dass man die «akte.» gegen das «K1 Magazin» platzierte und zu einem ähnlichen Zeitpunkt auch noch «red.» programmierte. Doch noch mehr Programm abzubauen, war für die Mediengruppe keine gute Entscheidung.

Als Netflix in Deutschland im Herbst 2014 startete, sagte Stefan Raab ‚Tschüss‘ (das war ein Jahr später). Inzwischen ist seine Show «TV total» wieder da, aber Raab hat eine neue Produktionsfirma gegründet, mit der er im Sommer zahlreiche Stunden für RTL produziert. Ob man allerdings Raabs Expertise benötigt, um eine Fußball-Europameisterschaft-Highlight-Show zu produzieren, steht auf einem anderen Blatt. Als Raab den Sender verließ, hatte ProSieben zwischen Montag und Donnerstag Programm bis nach Mitternacht. So viel Unterhaltung sucht man heute vergeblich. Im vergangenen Jahr präsentierte ProSieben gar nur drei Shows, mit denen man wachsen wollte. «Wir gegen die! Die Geschwistershow» mit Carolin und David Kebekus, die eine weitere Buddy vs. Buddy-Spielshow wurde, die ProSieben schon mit Joko & Klaas im Programm hat. Im «Heiratsmarkt» sollten Eltern ihre Kinder verkuppeln. Schon damals dachten sich die Medienvertreter, ob das im Jahr 2023 nicht etwas übergriffig sei. Die Abenteuershow «Destination X» hat es bislang gar nicht ins Programm geschafft. Es sind zwar vereinzelt mehrere Shows dazugekommen, Quotenerfolge nach «TV total» sehen aber anders aus. Das Aufgebot von neuen Reportagen, die Thilo Mischke und Jenke von Wilmsdorf drehten, war dürftig.

Sat.1 beschäftigte sich am Sonntagabend auch mit der Europa-Wahl, doch die Marke «:newstime» sendete am Sonntag nach der Wahl nur das übliche Programm ab. Nachrichten zwischen 19.56 und 20.11 Uhr, ehe gleich wieder drei Filme gesendet wurden. So wird das nichts mit einer ernstzunehmenden Nachrichtenkonkurrenz, wenn das Das Erste, Spiegel Online oder Welt mehr Angebote zur Wahl anbieten. Selbst ntv bewies, dass man mit einem ernstzunehmenden Gästeauflauf gut Quote machen kann.

Die erst vor Kurzem gestarteten Kochshows «Drei Teller für Lafer» und «Das Schnäppchen-Menü» konnten beim Publikum überhaupt nicht überzeugen. Vielleicht sollte die Programmleitung sich auf die Stärken des Senders konzentrieren: Polizei- und Gerichtshows. Das Genre Scripted-Reality ist bei einer gewissen Zuschauerschicht gefragt, was sich an den endlosen, aber gut performenden Wiederholungen ablesen lässt. Vor allem sollte man dieses Thema nun wieder ernsthaft in Angriff nehmen, schließlich sind die Gewinne der ProSiebenSat.1-Gruppe stark eingebrochen. RTL-Programmchefin Inga Leschek dürfte privat eher kein Fan vom «Strafgericht» sein, die zwei Sendungen holen allerdings im Vor- und Nachmittagsprogramm vier Stunden lang akzeptable bis sehr gute Werte bei den Gesamtzuschauern.

Den größten Coup verkündete Leschek im vergangenen Jahr, als sie die Formate «Blamieren oder Kassieren» und «Schlag den Besten» von ProSieben zu RTL holte. Die Brainpool-Formate waren zwar lediglich weitere Spin-offs von Raabs genialen Ideen («TV total», «Schlag den Raab»), sorgten jedoch kurzfristig für eine gewisse beschleunigte Entwicklung der Branche. Die Verträge wurden so kurzfristig geschlossen, dass sie im Trailer fehlten. Dass die Formate bereits nach einem Jahr wieder auf die Ersatzbank gestellt werden, dürfte zum Teil verwundern. Allerdings könnte es am Donnerstag besonders bei RTL spannend werden. Raab hat die EM-Show und den Boxkampf an RTL verkauft, gleichzeitig wird «Blamieren oder Kassieren» nicht fortgeführt. Hat Raab Entertainment ein neues Highlight im Programm? Leschek hat im Übrigen auch abseits der Screenforce Days immer wieder überzeugt: Zum Beispiel mit einer Content-Kooperation mit Sky und einigen Spielshows um das Thema Football und zuletzt auch an Weihnachten mit den zahlreichen amerikanischen Holiday-Spielfilmen.

Seit Jahren erwarten die Journalisten den großen Aufschlag der Sendergruppen. Doch zuletzt zeigte sich, dass man die Werbevertreter mit aufgewärmten Showideen überzeugen möchte. Das könnte klappen, weil sich die Reichweiten zuletzt auch etwas stabilisiert haben. Am Donnerstagabend ist die Branche deutlich schlauer.

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